Der Geist

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Minax
Es war schwerer als gedacht, Ray zu finden. Er war nicht bei den Pferden, aber auch nicht an den Orten die ich kennengelernt hatte.
Aber bei jedem Schritt wurden meine Beine schwerer und meine Gedanken drehten sich nur um ihn.
Hätte ich gewusst, dass er ein Halbling ist, hätte ich verhindern können das... Ich schreckte auf. Ein Geräusch hatte mich aus meinen Gedanken gerissen.
Das Geräusch kam mir bekannt vor, aber Ich konnte mich nicht erinnern woher. Der Drang, zu wissen wo es herkam, war auf einmal höher als alles andere.
Das Geräusch wurde lauter. Und erinnerte mich an ein Lied. Ich folgte der Spur des Liedes. In der richtigen Richtung wurde es lauter. Und dann sah ich den Ursprung. Inmitten eines leichten Wirbelsturmes von Herbst-gefärbten Blättern saß Ray.
Ich ging auf ihn zu, aber kurz bevor ich ihn erreichen konnte, drängte mich starker Wind zurück. Der Wind wurde stärker und ich kam an einem Baum auf. Die Rinde bohrte sich durch meine Haut und ich sah dunkelrote Flecken neben mir. Kraftlos sank ich zu Boden und sah nur noch verschwommen, wie jemand auf mich zukam und mich hochhievte.
Ich öffnete die Augen und merkte wie ich in der Luft schwebte. Mit einer leichten Handbewegung hatte ich wieder Boden unter den Füßen.
Ray stand vor mir. Er musterte mich noch gründlich, bevor er lächelte und sich mehrmals entschuldigte:
,,Tut mir Leid! Ich war im Geist und meine Elementare Kraft hat mich beschützt..." ,,Geist?" Fragte ich verwundert. ,,Ja, dort wo sich die verschiedensten Mischlinge sammeln. Die lebenden... Und die Toten."
,,Kann ich das auch?" Ich stellte mir einen Saal vor, voll mit Mischlingen und sogar vielleicht Hablingen, die Geheimnisse und Erfahrungen austauschen oder einfach nur mit jemandem reden wollen.
,,Ich glaube nicht." Murmelte Ray. Die Enttäuschung war mir ins Gesicht geschrieben, doch ich ließ mich nicht entmutigen. Vielleicht brauchte ich nur Übung. Oder ich könnte einfach nur kurz schauen was dort ist. Wie es dort ist. Im 'Geist'.
,,Komm. Vielleicht gibt es doch eine Möglichkeit." Plötzlich rannte Ray los, flog kurz, landete wieder und lief weiter in ein Haus, was ich noch nie bemerkt hatte. Als ich ihm hinein folgte, musste ich kurz stehen bleiben, weil mich der Umfang des Raumes und der Einrichtung  so beeindruckt hatte. Es war eine riesige Bibliothek. Kleine Tische mit Schemeln zum setzen waren hier und da hingestellt worden und große Fenster ließen Licht in den Raum fluten. ,,Was ist das?" Flüsterte ich ehrfürchtig. ,,Die Martub Bibliothek." Flüsterte Ray zurück und wir schritten zusammen durch die Bücherregale und Gänge. In einem stoppte er.
Ein halb kaputtes Holzschild zeigte auf die zwei Schränke. Mit krackeligen Buchstaben stand dort: Halbling
Bei jedem Windstoß quietschte es und schwang hin und her.
,,Komm." Lenkte Ray mich ungeduldig ab und er holte einen Schlüssel aus seiner Tasche. Die Bücherschrank waren eingeschlossen und man brauchte einen Schlüssel um die Bücher lesen zu können. Ich nahm mir ein altes, angebranntes Buch und strich vorsichtig über den Einband. Der Titel war nicht mehr zu lesen.
,,Mein Lieblingsbuch." Kommentierte Ray und fing an, nach einem bestimmten Buch zu suchen.
Ich guckte das Inhaltsverzeichnis an. Da gab es Halbling und Mischling Informationen, Erklärungen zu verschiedenen Halbling Fähigkeiten, und ganz klein geschrieben:
Der Geist. Nur für Mischlinge. Anderer Missbrauch wird ohne Gnade verfolgt.
Ich blätterte zu der Seite und starrte fasziniert auf die selbstgezeichneten Vorstellungen, wie der Geist aussehen könnte. ,,Doch jedes Mal scheiterte ich, wenn ich als Mischlinge versuchte, den Raum des Treffens zu zeichnen. Stattdessen wendete sich meine Elemantarkraft gegen mich und ich musste alles zerstören." Lese ich vor und schaue fragend zu Ray, der weiterhin ein Buch suchte.
,,Man kann den Geist zeichnen, aber den Treffraum nicht. Es ist streng geheim." Erklärte Ray kurz und konzentrierte sich wieder auf seine Suche. Ich wand mich ebenfalls wieder dem Buch zu und las weiter:
Der Geist ist win großer Treffpunkt für alle Mischlinge. Wir tauschen uns aus, ob tot oder lebendig. Erfahrungen und Ängste erfahren wir voneinander. Es ist jedes Mal eine Erleichterung, jemand zum Reden zu haben, der dich nicht töten will. Ich rede dort mit meinem alten Freund Leopok. Er wurde von schwarzer Magie umgebracht und ich musste zu sehen.
Jedes Mal stellen wir uns die Frage, ob es möglich wäre, auch Halblinge zuzulassen. Sie sind wie wir, aber besitzen keine Elemantaren Kräfte.
Ich hörte, wie Ray grummelnd sein Buch zuschlug und schaute auf.
,,Was ist los?" ,,Ich finde nichts. Das bedeutet... Du kannst nicht in den Geist." Ich war erstaunt und gleichzeitig erschüttert darüber. Ich hatte mich gefreut, Halblinge zu sehen, aber diese Erkenntnis zerstörte meine Sehnsüchte wie ein Magier das Familienleben eines Menschen. ,,Kann ich nicht irgendwie zusehen?" Hoffte ich.
,,Vielleicht. Wir können es probieren." Ray setzte sich hin und summte das sonderbare Lied, dass mir so bekannt vor gekommen war. Danach kam Wind auf. Er rüttelte an dem fast losen Schild und umrandete nun auch Ray.
Ich setzte mich mit großen Abstand hinter ihm und schloss die Augen.
Als ich sie wieder öffnen wollte, wurde ich mit einem Ruck nach vorne geworfen. Und befand mich nicht mehr in der Bibliothek. Sondern dort, wo ich vermutete wo ich war: Im Geist.

Deadline for HumansWo Geschichten leben. Entdecke jetzt