Vereinigung

0 1 0
                                    

Nele
Mit einem Seufzer drehte ich mich um. Ich wollte das Dorf hinter mir lassen, aber der Hunger zwang mich einen Schritt zurück zu gehen. Und noch einen. Ich versuchte meine Füße zum stoppen zu bringen, mir einzureden, dass es überhaupt keinen Sinn macht, als Mensch in ein Magier Dorf zu gehen, aber der Hunger trieb mich voran. Nach vergeblichen Versuchen des Protestierends gab ich auf.
Ich seufzte und starrte düster die näher kommenden Häuser an.

Häuser, die Mörder gehören. Häuser, die einst Menschen Eigentum waren,  doch nun blutig erobert worden waren. Ich guckte mich um. Ein Mann kommt aus einem mehrstöckigen mit Efeu überwachsenen Haus heraus. So wie das Haus Efeu bewachsen ist, so bewegt er sich ebenfalls mit einem Gehstock, auf welchem sich Efeu herum wand. Ich hatte das Gefühl, dass er näher kommt, ja vielleicht sogar meine Präsenz spürt obwohl es aussieht, als sei er halblind. So schnell wie er näher kommt, kann ich nicht mehr fliehen.

Sollte es so enden? Eine unbeendete Reise, weil ich meine Familie nicht gefunden hatte? Eine Reise, die Opfer gefordert hatten?
Plötzlich werde ich von einer unerwarteten Stimme aus den Gedanken gerissen. Eine Stimme einer Frau. ,,Ich habe auf dich gewartet."

Ich horche auf. ,,Wer bist du? Woher... Was...", stottere ich überrumpelt.
,,Ich weiß dass du jemanden wichtigen verloren hast.", fuhr sie fort ohne meine Fragen beantwortet zu haben.
,,Woher weißt du... Davon?", fragte ich sie. ,,Ich bin eine Seherin. Und ich weiß wo dein Vater und deine Schwester ist."
,,Wo sind sie?", schrie ich. Sie spielte mit mir. Sie versuchte mich zu locken.
,,Schließ dich der Rebellion an und ich werde dich zu deiner Familie und deiner Freiheit führen!", bat die Frau mir an und kam näher. Ich stolperte zurück. ,,Komm.", lockte sie mich weiter. ,,Woher soll ich wissen, dass ich dir vertrauen kann?" ,,Ich kenne deine andere Schwester, Paulie.", sagte sie. Es kam ihr so leicht von den Lippen. Ich ballte meine Hände zu Fäusten.

,,Hast du sie gefangen genommen?", brüllte ich. ,,Nein. Sie ist eine von uns. Rebellen, die die Macht der Magier zerstören und die Menschheit siegen lassen wollen. Halblinge, Mischlinge und du... Vereint und friedlich."

Ich schlucke meine angestaute Wut herunter. Der Hunger hätte mich bald überwältigt und wohin sollte ich sonst? Ich habe nur einen Anhaltspunkt von meiner Familie, und dass von einem wahrscheinlich schon getöteten Gefangenen in einem der Lager.
Angespannt nahm ich ihre Hand. ,,Komm mit. Wir müssen schnell in Sicherheit gehen." Zischte sie und ich folge ihr. Ins Ungewissene.

,,Wo sind wir?" Wir waren an einer großen Eiche angekommen und die Seherin tastete den Boden ab.
,,An einem sicheren...Platz." Ihr Gesicht hellte sich plötzlich auf. Sie hatte gefunden was sie suchte. Ein geheimer Eingang nach unten. Mit einem ächzen schob die Frau  eine Steinplatte die von Moos überwachsen war zur Seite und fing an, auf einer Leiter nach unten zu klettern. ,,Komm!", forderte sie mich auf und ich gehorchte.

Unten angekommen landeten wir in einem kahlen Raum, der von einer stetig flackernden Öllampe beleuchtet wurde. An einem Tisch, jeder im Halbschatten, standen mehrere Personen. Manche hatten Feuermale, die sich  an ihren Armen und Händen abzeichneten, andere tiefe Kampf- und Feuer Narben.
Halblinge, Mischlinge und... Menschen. Die Rebellion, die sich gegen die Magier auflehnen wollte.
,,Wer ist das?", knurrte ein Mann aus dem Schatten. ,,Lopus, das ist..." ,,Nele.", flüsterte ich und ein Murmeln begann.
,,Wo ist Paulie?", drängte ich.
,,Generälin Paulie Müller ist auf einem Auftrag. Im Morgengrauen sollte zurück sein.", meldet sich ein Frau zu Wort.

,,Und meine restliche Familie?" Ich lasse meinen Blick über die Anwesenden schweifen. Sie schweigen betreten. ,,Es war alles eine Lüge?!", konfrontierte ich sie wutentbrannt. Gerade, als meine Wut aus mir herausbrechen wollte, hielt mich jemand am Arm fest. ,,Nele?", hörte ich eine Stimme. Eine Stimme, die ein rettender Engel sein hätte können.

,,Paulie!" Ohne mich unter Kontrolle zu haben stürzte ich mich in ihre Arme. Ich fühlte mich hilflos und doch endlos glücklich. Tränen liefen mir über mein verdrecktes Gesicht und Paulies Arme umschließen meine. ,,Es ist alles gut.", beruhigte sie mich und ich schaute auf.
Paulie klang so erwachsen, so als hätte sie schon so oft Sachen gesehen, die ein Kind in ihrem Alter nicht hätte sehen sollen. Langsam löse ich unsere Umarmung auf.

,,Generälin.", ,,Leutnant.", grüßten Paulie und ein älterer Mann der ein Feuermal hatte sich. ,,Wie ich so lange mit Mal überlebt habe? Oh Kindchen, es hat  mit viel Stärke... Und Schmerz zutun." Ich starre ihn entgeistert an.
,,Gedanken lesen.", erklärt er und tippt sich auf den Kopf.

,,Ein bisschen zu viel, nicht wahr?", fasst Paulie mein Chaos in meinem Kopf zusammen. Ich nickte. ,,Komm.", flüsterte sie und grüßt alle nochmal, bevor sie mit mir durch eine Tür aus Eis ging. Obwohl der Raum nur aus Eis besteht, scheint nichts zu schmelzen.
,,Wie...", fing ich an und meine kleine Schwester beendet meinen Satz:
,,Magie." Ich staunte und Paulie führte mich zu einem Bett. ,,Leg dich hin.",
bat sie mich und gab mir ein Stück Brot. ,,Erinnerst du dich noch an die endlose Futtersuche?", erinnerte mich Paulie, während ich meinen Anteil an Brot esse. ,,Klar." Ich lächelte leicht und meine Schwester tat es mir nach. Schon sah sie wieder wie die Paulie aus, dich seit ich klein war kenne.

,,Wie bist du so... Erwachsen geworden?", rutschte mir der Gedanke plötzlich heraus. Paulie grinst bei meinem Gesichtsausdruck. ,,Ich musste erwachsen werden. So wie... Du." Stille breitet sich aus. ,,Was hat man uns nochmal abends vorgesungen?" Ich blicke sie überrascht an. Das hatte ich nicht erwartet.

,,Schlaf mein Liebling, schlaf ein. Möge ein Engel über deinem Bette sein..." singe ich und Paulie scheint sich ebenfalls zu erinnern, denn sie stimmt mit ein: ,,Möge er dir bringen Schlaf und Glück, bringe er dich durch die Nacht, bist du am Morgen wieder aufwachst." Wir prusteten, dann lachten wir. Es tat gut, sich nicht mal keine Sorgen zu machen.

Und in diesem Moment schlafe ich ein.

Deadline for HumansWo Geschichten leben. Entdecke jetzt