Reise

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Nele
Ich hatte Sytrix in das Tagebuch eingeweiht. Ehergesagt hatte er es gefunden und angefangen es durchzublättern. In meinen Gedanken hätte ich mich auf ihn gestürzt, aber in Wirklichkeit hatte ich ihm das Buch aus der Hand gerissen und ich erzählte ihm, wie ich das Buch gefunden hatte.

Der Untergrund ist jetzt Geschichte und Vergangenheit. Verraten könnte er keinen, da meine Familie vielleicht tot ist und ich selbst keine Ahnung habe, wo sie sich befinden, wenn sie noch am Leben sind.

Sytrix und ich entschieden, am nächsten Tag aufzubrechen und diesen Tag zum Lesen zu nutzen. Sytrix machte ein kleines Feuer und setzte sich etwas weiter weg von mir hin. Ich tat es ihm nach und fing an vorzulesen:

Ich starre in die Dunkelheit. Gefährliche Schatten tauchen auf und werden wieder von der düsteren Nacht verschluckt. Angespannt beobachte ich den bedeckten Nachthimmel. Es scheint, als ob die Nacht selbst jedes kleinste Stück Licht wie der Mond oder die Sterne verschwinden lassen will.
Angst kriecht in mir empor und ich bemerke die steigende Unruhe in Matthias und auch im beschützerichen Mike. Wir sind alle angespannt.
Ich kontrolliere noch ein letztes Mal unsere Umgebung und steige die letzten Eisensprossen hoch. Alles scheint ruhig zu sein, Doch das Gefühl der kommenden Gefahr will nicht verschwinden. Ich nehme die Schemen meiner Begleiter wahr. Mike scheint Matthias etwas beruhigendes zu flüstern. Danach beschleunigt wahrscheinlich Mike seine Schritte und läuft mit meinem Tempo mit. ,,Keine Sorge, Matthias geht es wieder gut.", versichert er mir leise.
Ich habe nicht gewusst, dass es ihm je schlecht gegangen war.
,,Wenn Matthias sich Sorgen macht, bekommt er Magenkrämpfe.", erklärt Mike schnell und scheint sich nun auf etwas anderes konzentrieren zu wollen, sodass wir den ganzen Weg zu einem kleinen Bach stumm weitergehen.
,,Wir müssen hier rüber.", sage ich und blicke mich verängstigt um. ,,Und zwar schnell." Mike reagiert schnell. Er nimmt Matthias Huckepack und springt über das Hindernis als wäre nichts gewesen. Panisch springe ich ebenfalls.
Den Schatten, den ich bemerkt habe, übersieht den Bach und fällt hinein.
,,Rennt!", schreie ich verzweifelt und sprinte Mike hinterher.
Dem Sonnenaufgang entgegen.

Ich entriss mich der Spannung und richtete meine Aufmerksamkeit auf Sytrix. Er starrte nachdenklich in die Leere. ,,Was ist los?", rutschte es mir heraus, was ich kurz bereute.

Nichts.", knurrt Sytrix und zeigt auf das Buch. ,,Lies weiter... Bitte." Er presst angestrengt die Lippen aufeinander, als er den Satz spricht. Tausende Gedanken schwirrten plötzlich in meinem Kopf, aber ich widerstand dem Drang nachzufragen und fahre mit dem lesen fort:

Die Sonne glitzert auf der Wiese und Vögel zwitschern. Ich muss gähnen und schließe die Augen. Neben mir sitzt meine Mutter, sie schaut in die Sonne und kitzelt mich dann am Bauch. Wir beide lachen. ,,Hey! Wach auf!", brüllt jemand. ,,Wer spricht da?", denke ich verwirrt und schrecke hoch. Mike.
,,Er ist wieder da. Der Schatten, der uns verfolgt hat.", berichtet Mike und zieht mich hoch. ,,Ich habe was gefunden!", schreit Matthias von weiter weg. Er stand neben einer großen Eiche.
Wir hatten am Waldrand übernachtet, kraftlos, voller Furcht wir könnten im Schlaf überfallen, gar gefangen oder getötet werden. Und Matthias ist krank geworden. Ich hechte mit Mike zu Matthias , der auf eine getarnte Luke zeigt. Sie passt perfekt zu ihrer Umgebung und ich hätte den Jungen glatt umarmen können, das er gerade unsere Rettung entdeckt hatte.
,,Wir dürfen keine Zeit verlieren.",
zische ich und öffne die Luke. Eine Eisenleiter kommt zum Vorschein, die in gähnende Leere führt.
,,Kommt.", ist mein letztes Wort, bevor ich hastig die Leiter herunter klettere. Als ich nochmal nach oben sehe, erkenne ich die Schemen von Mike und Matthias.
Die Angst, was mich dort unten erwarten könnte, ist groß. Doch was über uns lauert, lässt mich fast den Halt verlieren und zu fallen.
Kurz nachdem Matthias anfängt sich zu winden und seine Angst mit Tränen zu vergießen, endet die Eisenleiter und wir spüren wieder Beton unter den Füßen. Wir betreten den Eingang eines normalen Untergrundes: Eine Holztreppe führt am Ende des kleinen Raumes wieder in die Freiheit, eine andere Treppe, gut versteckt im Schimmel, der sich gebildet hat, in das riesige Netz des Untergrundes. Durch getrocknetes Blut und tiefe Kratzspuren an der Wand. Geschwungene Zeichen standen an den Wänden. Magier.
,,Sind sie noch da?", fragt Mike und ich sehe, wie Schweißtropfen an seiner Stirn auftauchen. Ich beuge mich kritisch zum Blut und fahre mit dem Finger über die Oberfläche. ,,Nein. Und das ist kein Menschenblut.", Erkläre ich tonlos. Mike streicht über die magischen Zeichen und verzieht das Gesicht, bevor er zusammenfällt. ,,Mike!", kreischt Matthias heiser und hustet.
,,Ihm geht es gut. Er muss sich nur ausruhen." Die Magierzeichen weisen auf einen mächtigen Signoran-Magier hin. Diese Magier setzen Zeichen, entweder an etwas was nicht lebt, wie jemand totes, eine Wand oder ein Gegenstand oder auf etwas lebendiges. Wenn Menschen diese Zeichen anfassen können sie sterben. Oder fallen in einen tiefen Schlaf mit tausenden Alpträumen.
Die Kratzspuren weisen auf einen Gestaltwandler hin. Ein Wolf.
Mit einem Seufzer nehme ich Mike Huckepack und steige mit Matthias die Treppe nach unten hinunter. ,,Dein neues Zuhause." Sage ich und schaue mich um. Es ist zu still. Zu leblos. Und mit zu vielen Leichen bedeckt.

Ich schlug das Buch zu. ,,Wieso hörst du auf?", fragte Sytrix und starrte mich entgeistert an. ,,Dieser Teil endet hier. Und wir müssen los.

,,Gut.", murmelte er und wir bereiteten uns für den Aufbruch vor. Vielleicht finden wir auf dem Weg auch noch einen belebten Untergrund. Und begegnen keinem Verräter.

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Juhuu! Teil 30 und ich bekomme trotzdem keine Langweile von dieser Geschichte. Dieses Mal ein längeres Kapitel, aber das habt ihr ganz klar verdient. Tut mir Leid dass ich in der Sicht von Nele Präsens mit Präteritum wechsle...
Ich werde nun bei Präteritum bleiben, versprochen!
*Denkt sich schon Mal Notlüge aus*

Noch einen schönen Tag!

Deadline for HumansWo Geschichten leben. Entdecke jetzt