Hoffnung

3 1 2
                                    

Nele
Nachdem mein Herzschlag sich beruhigt hatte und das Bild einer Leiche vor meinem leiblichen Auge verschwommen ist, schaute ich mich um. In der Nähe gab es einen Ausgang.
Halblinge und Mischlinge stolzierten lächelnd, aber abgemagert und mit Knochen die nur noch von einer dünnen Hautschicht überzogen waren, aus dem Lager heraus.

Neugierig schlich ich näher. Wo kamen sie hin? Ich beobachtete, wie ein Mischling mit Feuermal durch eine Tür ging. Vorsichtig folgte ich ihm zur Türschwelle und linste hinein. Ein Magier grinste und hielt einen Eisdolch in der Hand. ,,Du hast gut gearbeitet, Abschaum." Der Magier spuckt dem Mann auf die Füße.

,,Kann ich nun in die Freiheit?", krächzte der Mischling. ,,Sei ruhig!", ertönte die Stimme seines Gegenübers und der Mann zuckte stumm zusammen. ,,Du hast aber nicht genug gearbeitet." Die bedrohliche Stimme brachte den Mischling noch mehr aus der Fassung, als er schon war und ich wurde bleich. Der Magier spielte mit seinem Eisdolch und pickste mit seinem Finger auf die Spitze. Blut Spritzer verteilen sich auf dem vorherigen glatten Eis. Der Eismagier leckte das Blut von der Wunde ab und lächelte hämisch. ,,Sehr spitz, oder?" Der Mischling nickte panisch, versuchte zu der Tür zu gelangen, aber es war schon zu spät. Nur ein Stich vorwärts genügte, dann zuckte der Mischling nur noch- und zwei andere Stiche gaben ihm den Rest. Ich rannte los. Es war zu grausam hier. Anscheinend versprach man den Gefangenen, sie wären frei, aber stattdessen schickt man sie zu einem Magier... Der sie tötet.

Ich musste Sytrix hier rausbringen. Sofort. Ich beschleunigte meinen Schritt und stoppte kurz vor dem Zaun, der uns voneinander trennte. ,,Sytrix!", Zischte ich, wissend, dass es nicht helfen würde.

,,Nele?" Ich sah Sytrix, zusammengekauert an einer Wand gelehnt, Blut rann ihm über das Gesicht. Eine Hand fehlte ihm und er war schweiß durchnässt. ,,Geh weg.", murmelte Sytrix schwach.

,,Nein!" Ich will schreien, aber es ist nur ein hilfloses flehen. ,,Nimm es." Ich kann fast nicht hinsehen, als er mir wackeligen Beinen aufsteht, wieder hinfällt und letztendlich durch den Dreck zu mir robbt.

,,Ich hole uns hier raus.", würgte ich heraus und nahm das Tagebuch der Frau an, die gestorben ist. ,,Es ist deins." Sytrix lächelt mir aufmunternd zu und hält mir mit zittriger Hand das Buch hin. Dankend nehme ich es an.
,,Vielleicht... Vielleicht gibt es doch eine Möglichkeit!", hoffte ich, aber Sytrix's trauriges Gesicht lässt meine Hoffnung verschwinden. Er hatte Recht.

Ich brauchte Hilfe. Aber von wem? Bis ich Gleichgesinnte getroffen habe, liegt Sytrix schon neben anderen Leichen.
,,Ich habe etwas herausgefunden. Da sind noch leere Seiten.", flüsterte Sytrix und hält mir seine Hand hin. Ich nehme sie und schaute ihm tief in die Augen. ,,Sytrix... Danke.", bedankte ich mich und er lässt meine Hand los.

,,Falls was passiert... Denk an mich.", Sytrix blickt mich erwartungsvoll an.
,,Werde ich.", antwortete ich leise und ein Schwert zerreißt Sytrix Brust.
,,Da ist sie!" Rief eine Wache triumphierend und trampelt über Sytrix leblosen Körper. Mein Magen dreht sich um, als er über meinen Begleiter und einzigen Freund geht ohne Sytrix zu bemerken zu scheinen. In der Hand hielt er ein magisches Schwert.

Mit weit aufgerissenen Augen riss ich mich von Sytrix's toten Körper los und stolperte blindlings in eine andere Wache, die meine Brust gerade so verfehlte. Strauchelnd hetzte ich mich die letzten Meter zur Treppe und schloss die Tür.

Mit ohrenbetäubender Lautstärke konnte ich die zusammentreffenden Feuerbälle und Wurfdolche hören, die gegen die geschlossene Tier prasselten wie Hagel. Ich schrie und erklamm in übermenschlichen Tempo die Leiter die un die Freiheit führte.

Oben schlug ich atemlos die Luke zu und fiel fast um. Es war alles zuviel. Sytrix's Tod. Die anderen Gefangenen, die nacheinander getötet werden. Die Grausamkeit der Magier. Ich lief nochmal los. Immer weiter und weiter, ohne zu wissen wohin.

Als ich ein kleines Dorf erreichte, stand mir die Todesangst ins Gesicht geschrieben. Mein Herz klopfte wie wild und schien mir aus der Brust springen zu wollen. Ebenso meine Lunge, die zu platzen schien.

Ich ließ meinen Blick über meine Umgebung schweifen. Jeden Moment könnten diese Einwohner mich anfangen zu jagen. Bei dem Gedanken fing ich an zu zittern. Glücklicherweise erspähte ich einen erkletterbaren Baum und mache es mir auf einem dicken Ast bequem.

Ich seufzte. Für's erste war ich vor neugierigen Blicken geschützt. Ich öffnete das Tagebuch und fing an zu lesen. Es war etwas neues geschehen:

Meine Mutter hatte eines Tages gemeint:
,,Du wirst groß. Doch noch größer wirst du, wenn du erlebst. Doch stärker wirst du, wenn du schreckliches siehst."
Nie hatte ich gewusst, was sie damit meinte. Bis heute. Falls das ein Kind liest, präge dir denn Satz ein! Wir haben viel erlebt. Mord, Tod, Gefangenschaft und Schmerz. Wir haben mehr erlebt als andere vor Jahrhunderten. Weil dort noch die Menschen regierten.

Ich lächle. Ich wusste nicht wieso, aber ich musste einfach. Plötzlich hörte ich ein Geräusch. Angespannt drehte ich mich um. Nur ein Eichhörnchen. Ich atmete laut aus.

Sytrix hatte erwähnt, es gäbe noch freie Seiten. Hastig blätterte ich zu den leeren Seiten und entdecke Kohle zwischen diesen. Vorsichtig nehme ich das Kohlestück und fange an zu schreiben:

Ich habe alles verloren. Meine Familie. Es gibt einen Hinweis, der bedeutet, dass sie leben. Doch Sytrix, ein guter Freund, ein Begleiter und Mischling, starb durch einen Magier in einem Untergrund Lager. Ich habe Angst. Teuflische Angst. Es kann noch soviel passieren, soviel kann das Blatt noch wenden, obwohl ich entkommen bin. Aber die Grausamkeit, die hier passiert, ist unbeschreiblich.
Ich kann nicht mal mehr sagen, ob ich meine Familie lebend sehen werde. Ob ich dann schon tot bin.
Hoffnung? Ob es in dieser Welt Hoffnung geben kann? Ob es diese 'Hoffnung' gibt? Nein. Die gibt es nicht.
Und wenn der oder die, diese Zeilen liest und Hoffnung findet- halte sie gut fest. Denn es ist leicht sie zu verlieren.

Die Kohle zerbröselt in meinen Händen und ich wische den Ruß an meinen Klamotten ab. Ein Vogel zwitscherte und ich schloss das Buch zufrieden. Weshalb ich zufrieden war? Ich weiß es nicht. Ich weiß es einfach nicht.
Ich guckte unter mich. Keiner in Sicht. Flink kletterte ich den Baum hinunter und lief durch das Dorf um vieles hinter mir zu lassen.

Deadline for HumansWo Geschichten leben. Entdecke jetzt