5. Die Versammlung (2)

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Am nächsten Abend steht die monatliche Versammlung des Geheimbundes der Elemente an. Bei diesen Treffen versammeln sich meist alle Mitglieder des Geheimbundes, die in Italien leben. Die restlichen Mitglieder des Geheimbundes leben in ganz Europa verteilt und sind größtenteils ehemalige Kommilitonen und Kommilitoninnen von Giacomo. Er hat in den siebziger und achtziger Jahren an der Universität in Bologna den Geheimbund gegründet, um gegen den Herrscher des fünften Elements, seinen Vater Bernardo Falcini, vorzugehen.

Normalerweise treffen sich alle Mitglieder des Geheimbundes lediglich einmal im Jahr zur Hauptversammlung, aber nun, da Kate und ich als neue Elementträgerinnen auf das Spielfeld getreten sind und der Feind an Macht gewann, finden die Treffen häufiger statt. Meistens werden sie an der langen Tafel im Esszimmer der Familie Belluco abgehalten, wo an normalen Tagen die Mahlzeiten eingenommen werden. Das antike Möbelstück bietet genug Platz für alle italienischen Mitglieder. Auf dem Tisch stehen Wasser, Saft und Häppchen. Außerdem gibt es oft Wein dazu, während alle durcheinander reden, als hätten sie sich ewig nicht gesehen. Nicht selten werden dabei Anekdoten aus der Studienzeit zum Besten gegeben oder jemand witzelt über einen Insider.

Dabei komme ich mir jedes Mal fehl am Platze vor, da ich nicht mitreden kann. Manchmal frage ich mich, ob ich in ein paar Jahrzehnten auch so sein werde, wenn ich meine Studienkollegen wieder treffe.

Noch unangenehmer wird es allerdings, wenn dann die Besprechung beginnt und wir uns dem Thema Geheimbund und Elemente widmen. Giacomo sitzt bei solchen Treffen immer vor Kopf, seine beiden Kinder Alessia und Philippe rechts und links neben ihm. Da es im Winter zu Beginn unseres Treffens draußen bereits dunkel ist, haben die Bellucos das Licht angeschaltet und auf dem Tisch ein paar Kerzen verteilt. Zusammen mit den Energiesparlampen an der Decke tauchen sie die Szenerie in ein schwaches, flackerndes Licht, das dem Raum etwas Wohliges und gleichzeitig doch Schauriges verleiht.

An der langen Tafel fühle ich mich manchmal wie bei dem Treffen einer Sekte. Wären da nicht noch Mum, Nonna und Grandpa gewesen, die wie Pietro und ich seit letztem Herbst ebenfalls Mitglieder des Geheimbundes sind, hätte ich mich manchmal noch unwohler gefühlt als ohnehin schon.

Meine Familie wusste nichts von dem Geheimbund und nachdem sie letzten Herbst zum ersten Mal davon erfahren haben, waren sie zunächst ziemlich verstört. Grandpa war der Erste, der sich wieder gefangen hat und nachdem ihm klar war, dass Kate und ich eine wichtige Rolle im Kampf der Elemente spielen, hat er beschlossen, dem Geheimbund beizutreten. Daraufhin haben Mum und Nonna es ihm gleichgetan. Auch wenn ich meine Familie nicht unnötig belasten will und sie lieber von dem Geheimbund fern gehalten hätte, so bin ich doch unglaublich dankbar dafür, dass sie Kate und mich auf diese Weise unterstützen.

„Gibt es etwas Neues von den Cinquenti?", fragt Giacomo beinahe zu Beginn eines jeden Treffens, um von den ausgelassenen, lockeren Gesprächen seiner Freunde zur Tagesordnung überzuleiten.

Meist fängt jede Besprechung damit an, dass wir kurz über die Cinquenti reden. Was seine Unterstützer angeht, so ist Bernardo Falcini in dieser Hinsicht nämlich ebenfalls nicht schlecht aufgestellt. Auch er hat eine Schar von Anhängern um sich versammelt. Ein paar seiner Unterstützer hat er sogar Experimenten unterzogen und somit die erste Generation von Cinquenti, Menschen, die das fünfte Element beherrschen, geschaffen. Doch die Macht des fünften Elements schien den Cinquenti zu schaden. Sie waren fehlerhaft und Giacomo fand einen Weg, wie er mächtiger wurde als die Cinquenti. So musste Falcini weiter experimentieren, bis er schließlich die zweite Generation von Cinquenti schuf, Lucca und seine Freunde.

Während Giacomo in die Runde schaut, betrachte auch ich die Gesichter der Anwesenden. Erneut stelle ich fest, dass Pietro und ich mit unseren achtzehn Jahren die jüngsten Mitglieder des Geheimbundes sind. Meine Schwester sowie Pietros jüngere Geschwister, die Zwillinge Davide und Vittoria, dürfen dem Geheimbund erst beitreten, wenn sie ebenfalls volljährig sind. Darüber regt sich Kate immer wieder höllisch auf, weil sie ja schließlich eine Elementträgerin ist. Sie meint, deshalb habe sie ein Recht, an den Besprechungen teilzunehmen und an neuen Vorhaben mitzuarbeiten, statt erst im Nachhinein informiert zu werden.

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