Ich bleibe noch einen Moment vor dem Palazzo stehen und werfe einen Blick zurück über meine Schulter zu unserem Refugium. Dann schnappe ich mir das Fahrrad und mache mich auf den Weg zurück nach Hause.
Als ich dort ankomme, brennt im Untergeschoss Licht. Meine Mutter und Antonio sitzen gemeinsam am Küchentisch und trinken ein Glas Wein. „Brionny?", fragt meine Mutter, nachdem ich die Tür aufgeschlossen habe.
„Ja", entgegne ich und will mich ungesehen die Treppe hinauf in mein Zimmer schleichen, doch da kommt sie in den Flur.
„Wo warst du denn so lange?", fragt sie und schneidet mir den Weg nach oben ab. Warum will sie das denn auf einmal wissen? Sonst ist ihr so etwas doch egal. „Ich war mit ein paar Leuten am Strand", lüge ich. Ich hoffe, dass ich sie damit zufriedenstellen kann. Tatsächlich nickt sie, so als würde sie mir glauben. Doch dann fällt ihr Blick auf die Wunde an meinem Bein und sie zieht erschrocken die Luft ein. „Was hast du denn da gemacht?", will sie wissen und weicht ein bisschen zurück, so als wäre ich durch die Verletzung ansteckend.
„Ich bin beim Schwimmen zu nah an die Felsen gekommen und habe mich verletzt", sage ich.
„Wo sind denn bei uns am Strand Felsen?", möchte sie wissen. So ein Mist! Klar, der Strand von Castiglione ist der reinste Badestrand. Hier gibt es keine Strömungen, Felsen oder sonst etwas, das für Urlauber gefährlich werden könnte.
„Ich ähh..." Fieberhaft überlege ich, welche Ausrede ich nun benutzen könnte. „Wir waren am Privatstrand von Massimo."
„Ah... Massimo..." Auf ihrem Gesicht breitet sich ein Grinsen aus. „Wäre der etwas für dich? Er ist der Cousin von Antonio."
„Oh Gott, nein Mum", fauche ich. Wie kommt sie denn auf die Idee, ich könnte mich für Massimo interessieren? Und noch abwegiger, warum möchte sie mit mir darüber reden? „Du bist schlimmer als Nonna und Grandpa!" Mit diesen Worten drehe ich mich auf dem Absatz um und stürme auf mein Zimmer. Noch immer spüre ich die Sonne und das Salzwasser auf meiner Haut, sowie Luccas Küsse, die meine Lippen benetzten.
-
Dieses Gefühl begleitet mich durch die nächsten Tage. Leider verschlimmert sich aber auch die Wunde an meinem Bein. Sie entzündet sich tatsächlich ein bisschen, weshalb ich am Montagmorgen auf Kates Drängen hin zum Arzt gehe. Am liebsten würde ich Lucca unter die Nase reiben, dass das Schwimmen bei den Felsen doch nicht so ungefährlich ist, aber dazu müsste ich ihm eine Nachricht schreiben und irgendetwas hält mich davon ab.
Der Arzt wirkt ziemlich unbeeindruckt, verschreibt mir eine antiseptische Salbe, verbindet die Wunde und meint, falls es mir in zwei Tagen nicht besser geht, soll ich noch einmal vorbei kommen.
Nach meinem Arztbesuch fahre ich mit dem Auto zur Schule, um Pietro und Stella von ihren Prüfungen abzuholen. Um kurz nach zwölf kommen sie beide mit strahlenden Gesichtern aus dem Schulgebäude gestürmt, zuerst Stella und ein paar Minuten später auch Pietro. Wieder sind Ana ,Maria, Massimo und ein paar Jungs von den Rettungsschwimmern da. Es gibt für jeden einen Sekt, außer für die Fahrer, und dann geht es auf Anweisungen von Pietro zur Villa seiner Familie. Dort bekommt jeder von uns ein Weinglas in die Hand gedrückt und wir starten eine Wanderung durch die Weinberge. Dabei machen wir immer wieder Pause, um die Weine von Pietros Familie zu verköstigen, während Pietro und sein Vater Alessandro uns etwas über die verschiedenen Rebsorten und Herstellungsweisen der Weine erzählen.
Unauffällig versuche ich, Pietro dabei näher zu kommen, um mich dafür zu entschuldigen, dass ich mich letztes Wochenende nicht bei ihm gemeldet habe. Er scheint jedoch noch sauer auf mich zu sein, denn wann immer ich mit ihm rede, ignoriert er mich eiskalt. Manchmal dreht er sich sogar absichtlich von mir weg und fängt einfach an, mit anderen Leuten zu sprechen, während ich etwas sage.
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Die Elemente
FantasyKate und ich wechseln einen erstaunten Blick. Das ist es also, Marias Geheimnis. Der Grund, aus dem sie uns ihr Tagebuch vermacht hat. "Unglaublich", flüstert meine Schwester. Sie scheint genauso erschüttert zu sein wie ich. Endlich haben wir die fe...