Für einen Augenblick bleibt mir die Spucke weg. Ich kann gar nicht glauben, was Philippe da sagt. „Erpresst du mich etwa?!", entfährt es mir.
„Erpressung ist ein hartes Wort", entgegnet Philippe. Am liebsten hätte ich mich sofort umgedreht und wäre gegangen. Glaubt er etwa, dass ich mit ihm ausgehe, wenn er mir ein Geheimnis verrät? Gleichzeitig bin ich aber unglaublich neugierig. Ich wüsste schon gerne, was Grandpa von Giacomo wollte.
„Warum willst du mit mir ausgehen?", hake ich nach.
„Naja... du gefällst mir. „Und ein Rendezvous scheint mir eine gute Gelegenheit, dich besser kennen zu lernen", gesteht er. Wieder wendet er den Blick ab und beschäftigt sich mit den Kieselsteinen zu seinen Füßen.
Ich schnaube. „Und mich mit irgendwelchen Geheimnissen neugierig zu machen scheint dir der richtige Weg zu sein?"
Völlig perplex sieht Philippe wieder auf. „Ich wollte dich nicht insultieren. Sofern ich zu energisch war, tut mir das leid."
„Insultieren ist ein hartes Wort", äffe ich Philippe nach. Wieder zieht er den Kopf ein. Trotzdem tut er mir nicht länger leid. Es fällt mir schwer, Philippes Angebot nicht sofort auszuschlagen. Deshalb schlucke ich nur schwer.
„Ich denke darüber nach", antworte ich und verfluche mich dafür, so einfach nachgegeben zu haben, „ich melde mich bei dir." Mit diesen Worten drehe ich mich um und laufe zum Auto, wo Kate bereits auf mich wartet.
Schwungvoll reiße ich die Autotür auf und lasse mich auf den Fahrersitz plumpsen. „Na, hat er dir gesagt, dass er dich gut findet? Magst du ihn auch?", fragt Kate und zieht verschwörerisch die Augenbrauen hoch.
„Halt die Klappe!", raune ich ihr zu und starte den Motor. In mir hat sich eine Menge Energie aufgestaut, die nun nur darauf wartet, frei gelassen zu werden. Deshalb fahre ich auch nicht auf direktem Weg nach Hause, sondern zu dem Ort, an dem ich im Winter immer all meine aufgestaute Energie loswerde.
~
Ich atme ein paar Mal tief ein und schließe die Augen. Da ist es wieder. Das vertraute, wohlige Kribbeln in meiner Magengegend, das langsam durch meinen Körper pulsiert. Ich weiß genau, was gleich auf mich zukommt und ich kann es kaum noch erwarten. Es ist viel zu lange her, seit ich zum letzten Mal so hier stand. In freudiger Erwartung hebe ich die Arme hoch über meinen Kopf. Die Augen halte ich geschlossen. Fast schon automatisch gehe ich in die Hocke. Ich liebe diese einfachen, fließenden Bewegungen. Als würde gleich etwas Großes, Wundervolles beginnen.
Dann stoße ich mich kräftig ab und springe. Meine Fingerspitzen berühren das Wasser zuerst, bevor sie eintauchen. Danach folgen meine Arme, der Kopf und schließlich der Rest meines Körpers.
Sobald ich vollkommen unter Wasser bin, lasse ich die Luft aus meinen Lungen strömen. Dann beginne ich mit den ersten kraftvollen Schwimmzügen, die mich rasch voran bringen. Die Bahnen ziehen an mir vorüber wie in einer Trance, bis schließlich das aufregende Kribbeln in meinem Körper abflaut und einer unglaublichen Ruhe Platz macht. Ich liebe es einfach, zu schwimmen, mich für einen Moment nur auf meine Bewegungen und meine Atmung zu konzentrieren und alles andere zurück zu lassen. Obwohl ich mich dabei oft total verausgabe, merke ich dennoch, wie alles in mir ruhig wird und ich zu mir selbst finde. Für einen Moment ist alles gut.
Ich merke beim Schwimmen meist gar nicht, wie die Zeit vergeht oder was eigentlich um mich herum geschieht. Fast schon als wäre ich abgeschnitten von der Welt. Wie in einer Trance. Eine Bahn nach der anderen gleitet an mir vorüber, bis ich plötzlich spüre, wie sich das Wasser um mich herum verändert. Zunächst sind es nur kleine Luftblasen, die meinen Bauch kitzeln, dann wird das Wasser für einen Augenblick so kalt, dass es mir in die Haut sticht. Im darauffolgenden Moment wird es wieder heiß, sodass ich erschrocken aufschreie. Panisch tauche ich auf. Die Bewegungen, mit denen ich nun an den Beckenrand paddele, haben überhaupt nichts Elegantes mehr an sich. Vor Schreck zitternd klammere ich mich an den kühlen Fließen fest.
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Die Elemente
FantasyKate und ich wechseln einen erstaunten Blick. Das ist es also, Marias Geheimnis. Der Grund, aus dem sie uns ihr Tagebuch vermacht hat. "Unglaublich", flüstert meine Schwester. Sie scheint genauso erschüttert zu sein wie ich. Endlich haben wir die fe...