Flughafenhotel, Dallas
„Wie ist die Lage, können wir sicher gehen, dass wir Lisbon immer im Blick haben?"
Es ist neun Uhr. Wylie sieht sich verstohlen um, ehe er seinem Boss antwortet. Bisher war noch nichts von Michalsen zu sehen. Die Janes dürften bald eintreffen.
„Wylie? Sind Sie noch dran?"
„Ehm, ja Boss. Ich wollte nur sicher gehen, dass keiner zuhört. Wir haben die Situation voll im Griff. Nichts wird uns entgehen, egal wohin sich Teresa und Michalsen bewegen, sie wird so sicher sein, wie in Abrahams Schoß."
Ich habe sie schon wieder Lisbon genannt. So leicht es Cho inzwischen fällt, sie in privaten Gesprächen beim Vornamen anzusprechen, so schwer fällt es ihm alte Gewohnheiten abzulegen. Selbstverständlich macht er seine Sache beim FBI gut. Er ist ein erfahrener, abgeklärt Agent. Seine Vorgehensweise ist professionell und effizient, aber insgeheim fehlen ihm seine alten Kollegen, allen voran Lisbon und Jane. Wenigstens ist ihm Wylie geblieben. Außerdem ergänzt seit mehreren Monaten eine Beraterin das Team. Megan Silver ist auf eine so spezielle Art und Weise verrückt, dass Cho nach wie vor nach passenden Worten dafür sucht. Wahrscheinlich würde er sie bei seiner eher spartanischen Ausdrucksweise auch nie finden. Die Mitarbeiterin ist nach wie vor gewöhnungsbedürftig. Ihre Gedankenwelt ist mindestens genauso schräg wie die von Jane, nur eben anders. Aber das sollte ihn jetzt nicht weiter beschäftigen, die Sicherheit seiner ehemaligen Chefin steht im Moment an erster Stelle.
„Das ist gut Wylie. Ich verlasse mich auf Sie."
„Das können Sie auch, Sir!"
„Nenne Sie mich nicht so!"
Sir? Will er mich ärgern? Seit Vega hat mich niemand mehr so genannt. Für einen Moment driften seine Gedanken ab. Er sieht Vega vor sich, wie sie blass und leblos im Krankenhausbett liegt. Selbst nach all der Zeit, die inzwischen vergangen ist, kann er es immer noch nicht fassen diese junge, energische Frau verloren zu haben. Obwohl Verdrängung eine seiner Meisterdisziplinen ist, kommen bis heute ständig diese Bilder hoch. Er, über sie gebeugt, ihre Bauchaorta abpressend, alles voller Blut und dennoch hoffend sie retten zu können. Doch mit jedem Tropfen Blut, das aus ihrem Körper herausfloss, floss auch Vegas Leben unter seinen Händen davon. Er sah ihr beim Sterben zu, auch wenn er es in diesem Moment nicht wahrhaben wollte. Er betete und hoffte, aber am Ende behielt sein Instinkt recht. Sie konnte nicht gerettet werden.
Einige Zeit nach ihrem Tod nahm er Sitzungen bei einem Psychologen. Er wollte diese Bilder aus dem Kopf bekommen. Doch es war reine Zeitverschwendung. Schweigend saß er einem bärtigen Mann mit grauen Schläfen gegenüber. In dem Zimmer roch es nach verrauchtem Pfeifentabak, die Tod schien neben ihm Platz genommen zu haben. Van Goghs Replika, die die vergilbten Wände zu schmücken versuchten machten es nicht besser. Sitzung um Sitzung starrte er das ihm gegenüberliegende Gemälde an. Bald verschmolzen seine immer wiederkehrenden Alpträume mit seiner Sternennacht und die Schwünge des Künstlers zogen sich durch seine Erinnerungen an Vegas Bestattung. Irgendwann gab er es auf und ging nicht mehr hin, er war nicht in der Lage über seine Gefühle zu reden. Und schließlich fand er sich damit ab, dass Vega ihn in seinen Träumen heimsuchte. Wieder und wieder sah er dabei zu wie sie ins Grab gelassen wurde, nur war der Sarg offen und ehe die Erde sie zudeckte schlug sie die Augen auf und blickte ihn vorwurfsvoll an, als wollte sie sagen: „Warum hast du nicht besser auf mich aufgepasst? Sieh nur was du angerichtet hast. Ich hatte noch ein langes Leben vor mir und jetzt ist es vorbei." Jedes Mal schreckte er davon schweißgebadet aus dem Schlaf hoch und fand keine Ruhe mehr. Er stand auf und öffnete ein Fenster um frische Luft einzuatmen, geraden noch rechtzeitig, bevor er an seinem Gewissen erstickte.
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Ein neues Kapitel - The Mentalist - Staffel 8
FanfictionLiebe Mentalist-Fans, diese Geschichte schließt an die 7. Staffel an. Sie beginnt am Tag nach der Hochzeit und nimmt erst eine sehr dramatische Wendung, die alles zu zerstören droht. Jede der Folgen hat eine Rahmenhandlung und natürlich dürfen auch...