New York, New York | Episode 5 | Teil 20

37 0 0
                                    

Sie betritt das Foyer und sieht sich um. Es ist bereits nach zehn und sie hatte keine Gelegenheit sich umzuziehen. Die schwarze Jeans und eine einfache Bluse sehen zwar gut aus, waren aber alles andere als sexy. Immerhin saßen die Haare und das MakeUp. Aber für dieses Arschloch muss es reichen.

Sie sieht Michalsen nahe der Frühstücksbar an einem Zweiertisch sitzen und nähert sich ihm. Der Gesichtsausdruck lässt keine Schlüsse auf seine Gemütslage zu. Mit einem kurzen Gruß lässt sie sich auf dem Stuhl gegenüber nieder. Er taxiert sie mit ausdrucksloser Miene.

„Abgesehen davon, dass du zu spät bist, vermisse ich das Kleid von dem wir neulich gesprochen hatten. War das so schwer zu verstehen?"

„Nein, ich habe deutlich vernommen, wie du mir befohlen hast, es anzuziehen. Ich habe es mir aber anders überlegt", entgegnet sie gleichgültig, „wollen wir nicht lieber in die Hotelbar? Dort ist es gemütlicher."

„Nein, wenn du es gemütlicher haben willst, gehen wir direkt auf die Suite", entgegnet er mit einem frivolen Lächeln.

„Sachte, mein Lieber. Wir sollten es langsam angehen lassen."

„Kein Problem, meine Süße. Wie könnte ich einer Lady, wie dir, etwas abschlagen?", lenkt er etwas ein.

Spar dir deine Heuchelei, ich warte nur auf die richtige Gelegenheit dich in die Knie zu zwingen. Sie lächelt ihn an und weicht seinem unverschämten Blick aus.

„Ehmm, Sir?"

„Was?", Michalsen fährt den Mann an, der eben an den Tisch getreten war.

„Dürfte ich Sie bitten in die Hotelbar zu wechseln? Wir haben hier seit heute morgen Probleme mit der Elektrik und der Bereich muss jetzt dringend gewartet werden. Ihre Getränke geht selbstverständlich aufs Haus, das gilt auch für alle weiteren Bestellungen während ihres Aufenthalts."

„Wenn es sein muss", antwortet Michalsen wiederwillig und wartet noch einen Moment ab, ehe er den Platz räumt. Teresa nutzt den Moment seiner Unaufmerksamkeit um Wylie verstohlen zuzwinkern, worauf hin dieser mit einem Grinsen auf den Lippen Richtung Bar eilt.

„Espresso für die Dame und mich", fordert Michalsen, nachdem sie sich an der Theke der Hotelbar niedergelassen haben.

„Kommt sofort", entgegnet Wylie, der überzeugend den Barkeeper gibt.

„Samuel, bitte entschuldige mich einen Moment. Es war eine lange Fahrt, ich möchte mich etwas frisch machen."

„Dazu hast du oben noch Gelegenheit genug. Und ich bin dir gerne dabei behilflich", versucht Michalsen Teresa ins gebuchte Zimmer zu locken, „wir können unseren Espresso auch dort einnehmen, es wäre viel intimer."

„Davon bin ich überzeugt", übergeht sie seinen Vorschlag, „ich bin gleich wieder bei dir."

Er sieht ihr hinterher wie sie die Bar verlässt und lässt das kleinen Fläschchen in seiner rechten Jacketttasche zwischen seinen Fingern tanzen. Noch ist er sich unschlüssig wann er die Tropfen zum Einsatz bringen soll. Jetzt wäre eine günstige Gelegenheit. Aber was wenn sie zu schnell ohnmächtig würde? Er kann sie schließlich nicht einfach ins Hotelzimmer schleppen. Normalerweise reichen vier Tropfen aus, um eine Frau mittlerer Größe auszuknocken. Teresa ist jedoch sehr zierlich, vielleicht ist die Dosis übertrieben. Heimlich sieht er von rechts nach links und dreht das Fläschchen in seiner Tasche auf. Schnell hält er es über Teresas Espresso und beginnt zu zählen. Mitten im Vorgang wird er von hinten angesprochen, so das wesentlich mehr Tropfen in der Tasse landen.

„Können Sie den Barhocker etwas zur Seite schieben?"

Entgeistert dreht er sich um und lässt das Fläschchen schnell wieder verschwinden. Sein Blick geht ins Leere.

„Haben Sie einen Geist gesehen?", lacht es während Wylie in aller Seelenruhe die beiden Espressi austauscht.

Er sieht nach unten auf eine dunkelhaarige Frau im Rollstuhl. Sie trägt eine Brille im Stil der sechziger Jahre, ihre wild gelockten Haare hat sie mit einem roten Bandana gebändigt. Seine Augen bleiben an der auffälligen, grauen Strähne hängen.

„Ehm, wie meinen?", entgegnet er verwirrt und starrt dann auf ihr Tattoo. Es hat seinen Ursprung zwischen den üppigen Brüsten und zieht sich bis über den Hals. Ein Mann mit Kapuze und einer Maske mit Spitzbart grinst ihn aus hohlen Augen an. Bei genauerem Hinsehen erkennt Michalsen, dass er aus schmalen Streifen, wie bei einem EAN-Code, besteht. Die Streifen lösen sich über dem Kopf der Gestalt in abstrahierte Vögel oder Fledermäuse auf.

„Bekommen Sie das mit dem Barhocker jetzt hin oder nicht?" Verleiht sie ihrem Wunsch Gewicht. Megan war es gewohnt angestarrt zu werden, aber alles hatte seine Grenzen.

„Ja, ja, sicher", entgegnet Michalsen, der den Hocker zur Seite schiebt um sich schließlich abzuwenden. Während Megan Silver nach ihren Krücken angelt sieht er sich suchend nach Teresa um. Er wird nicht enttäuscht, denn sie ist gerade im Begriff die Bar zu betreten.

„Da bist du wieder! Du solltest schnell von dem herrlichen Espresso trinken, bestimmt ist er nur noch lauwarm."

„Oh, aber natürlich. Das wäre ja schade." Sie wirft eine Blick auf Wylie, der ihr kaum merklich zunickt und nimmt die Tasse zur Hand um einen großen Schluck zu nehmen. Oh mein Gott, ist der gut! Ich wollte zwar während der Schwangerschaft keinen Kaffee mehr trinken, aber ein Espresso wird uns schon nicht schaden. Sie schließt genussvoll die Augen und setzt die Tasse ab, während Michalsen sie ansieht und anschließend zu seiner Tasse greift um sie in einem Zug zu leeren. Nach einem belanglosen Wortwechsel fasst sich Teresa an den Kopf.

„Alles in Ordnung?", fragt Michalsen scheinbar besorgt.

„Ich weiß nicht, mir ist auf einmal so schwindelig."

„Sollen wir lieber auf die Suite gehen? Dort kannst du dich hinlegen."

„Ob das so eine gut Idee ist?", antwortet sie offensichtlich benommen.

„Auf jeden Fall!" Er grinst siegessicher und zieht sie vom Stuhl herunter um sie fest in den Arm zu nehmen. „Komm, ich stütze dich." Willig lässt sie es geschehen und bewegt sich gemeinsam mit ihm zum Aufzug. Die leichte Bewusstseinseintrübung, die sich inzwischen bei ihrem Begleiter einstellt, nimmt er erst gar nicht wahr. Sie betreten den Lift und er wählt die sechste Etage an. Kurz bevor der Aufzug das Zielstockwerk erreicht bricht er zusammen. Die Tür öffnet sich und gibt den Blick auf Jane frei, der sich Michalsen schnappt und den ihn auf den Flur zieht. Als sie ihn unterstützen will, wehrt er vehement ab.

„Nein Teresa! Wylie wird gleich hier sein. Und du sollst dich nicht anstrengen, wenn etwas mit unserem Baby passiert würde wir uns das nie verzeihen!"

„Na hör mal, ich bin doch kein rohes Ei!", protestiert sie, sieht aber ein, dass seine Bedenken angebracht sind.

Es dauert nicht lange, da eilt Wylie den Flur entlang und schafft Michalsen, gemeinsam mit Jane, in die Honeymoon-Suite, wo sie ihn auf das Bett verfrachten. Patrick befreit Michalsens von seinem Gürtel und macht sich an dem Reisverschluss zu schaffen, der auf der Innenseite eingearbeitet ist.

„Da ist er ja", grinst er zufrieden und hält den silbernen Schlüssel wie eine Trophäe nach oben, „fehlt nur noch Nummer zwei. Ich sollte mich schleunigst auf den Weg machen, die Wirkung der Tropfen wird in ungefähr vier Stunden nachlassen. Ihr könnt schon einmal Hand anlegen, in spätestens zwei Stunden bin ich wieder da."

„Patrick, muss das wirklich sein?"

„Ja, muss es. Wo bleibt denn sonst der Spaß?" Er grinst sein schelmisches Jane-Grinsen.

Ein neues Kapitel - The Mentalist - Staffel 8Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt