Kapitel 41

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Immer noch fest meinen Arm haltend, begrüßte Bobby Crowley. "Guten Tag, Herr." Crowley nickte nur. Er saß bequem auf einem Stuhl und ließ seine kleinen dämonischen Helfer alles vorbereiten. "Bring sie zu den anderen." Erst als mich Bobby zu den restlichen Halbpropheten schubste und mich auf den Boden drückte, damit ich mich auch ja hinsetzte, bemerkte ich, dass sie gefesselt waren. Sie sahen noch schlimmer aus, als bei unserem letzten Treffen. Die Haare noch zerzauster, die Haut noch dunkler durch den Dreck und die Kleidung noch zerrissener und verschmutzt.

Sie sahen aus, wie Obdachlose. Nur noch schlimmer. Wieder starrten sie mich bei jedem meiner Bewegungen nur an. Diesmal aber sagte der Junge aus Kanada "Bist wohl doch nicht entkommen..." Ich hörte in seiner Stimme, dass die letzte Hoffnung verschwand. Die Hoffnung, an die er sich festhielt. Ich war deren letzte Chance befreit zu werden. Und ich habe alles vermasselt. Ich zerstörte den allerletzten Funken Hoffnung. Den letzten Funken Zuversicht. Den letzten Funken Vertrauen in jemanden, der sie hätte retten können.

Ich setzte mich im Schneidersitz auf den kalten Boden. Wenn Gabriel richtig gelegen hat, dann müssen sie noch ein Zeichen um uns herum malen, denn noch war keins zu sehen. Auch keine Tafel. Aber die wurde gerade in dem Moment, als ich das dachte, Crowley in die Hände gedrückt. Es war nicht wirklich zu sehen, dass es die Tafel war. Sie war in einer quadratischen Box aus Holz. Ich spürte aber, dass sie dort war. Ich spürte schon fast ihre Anwesenheit. Ich kann nicht einmal dieses Gefühl beschreiben. Ich wusste es einfach.

Die anderen drei mussten auch etwas spüren, denn alle starrten jetzt nicht mehr mich sondern die kleine, dunkle Box an. Crowley sah auf und bemerkte unsere konzentrierten Blicke. "Dazu kommen wir später." Er stand auf und legte die Box behutsam auf seinen Stuhl. 

"Also... Ich werde euch nicht erklären, was ich mit euch Vier vorhabe. Ich werde euch nichts versprechen oder sonst irgendwelche Dinge für euch tun. Ihr tut das, was ich euch sage. Wenn nicht, dann bringe ich euch eigenhändig um." - "Das tust du doch sowieso..." murmelte ich sauer vor mich hin. "Bitte was, Ava?" - "Du bringst uns doch sowieso um! Naja... eigentlich alle bis auf einen. Nur der, der am stärksten ist, überlebt doch dein verdammtes Vorhaben!" Die anderen Halbpropheten sagten nichts. Sie gaben keinen Laut von sich, aber in ihren Gesichtern, in den Augen konnte man deutlich erkennen, was sie fühlten. Angst. Sie fürchteten sich, um ihr Leben. Wortwörtlich.

"Ava oh Ava. Wie erkläre ich dir das am besten...? Ah ja: Das ist mir vollkommen egal." Gibt es eigentlich Leute, die Crowley nicht verabscheuen? Die ihn nicht abgrundtief hassen?

Das war das einzige, was ich denken konnte. Und meine Wut brachte mich auch noch dazu, das laut auszusprechen. "Gibt es auf der verdammten ganzen Welt nur einen einzigen Menschen oder ein übernatürliches Wesen, das dich nicht hasst und verabscheut? Nur ein einziges lebendes Etwas?" Jetzt wurde er richtig sauer. Er kam auf mich zu und blieb vor mir stehen. 

Ich kann ihm doch jetzt meine Meinung sagen? Ich kann so gemein sein, wie ich will! Umbringen kann er mich nicht. Das nützt im nichts. 

"Oh ja Ava! Da gibt es eine Menge. Ich habe eine ganze Hölle davon." Das sollte mich beeindrucken. Tat es aber nicht. Im Gegenteil: Ich lachte nur. Ich musste einfach lachen. Es war wirklich lustig mit anzusehen, wie Crowley versuchte sich einzubilden, dass jemand ihn verehrt oder sogar liebt. "Was?!" fragte er mich schließlich aufgebracht. "Ach nichts. Es ist nur... Es ist nur ziemlich interessant, wie du versuchst, wie ein König zu sein. Dabei bist du nichts als Abschaum. Ich kenne da viele viele Leute, die dich gerne tot sehen würden. Selbst ein paar deiner Dämonen Freunde hier können dich nicht ausstehen! Aber weißt du, was das schlimmste ist? Du. Du kannst dich selber nicht ertragen!"

Crowley wandte sich ab und ging wieder auf seinen Stuhl zu. Er hob die Box, setzte sich wieder hin und befahl mit lauter Stimme "Fesselt sie. Und seid nicht zu zärtlich dabei!" Im nächsten Augenblick schnippte er einmal und verschwand. Zwei Dämonen kamen auf mich zu. 

Sie hielten Handschellen und ein Seil in der Hand, die sie mir sofort anlegten und, um meine Arme hinter meinen Rücken zu binden. Eine Kette diente dazu mich an einen Hacken, der hinter mir am Boden befestigt war, festzuketten. So konnte ich weder weglaufen, sonst noch meine Arme bewegen. 

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