Kapitel 40

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~12. Februar~
M A D E L I N E

Heute ist mein 18. Geburtstag. Und was mache ich heute? Richtig, garnichts. Das einzige, was heute passiert, ist, dass Samira herkommt und wir vielleicht ein bisschen was trinken. Ich darf Noah heute nämlich nicht besuchen, da das ja immer nur alle zwei Tage geht und ich gestern erst da war. Und ich vermisse ihn. Es ist schrecklich, ihn nur alle zwei Tage sehen zu dürfen und ihn nichtmal berühren zu dürfen. Das ist so, als würde es zum ersten Mal nach Ewigkeiten malwieder dein Lieblingsessen geben und du dürftest es nur anschauen, obwohl du extremen Hunger hast.

Und vorallem heute hätte ich ihn unfassbar gerne bei mir gehabt. Oder zumindest mit ihm gesprochen. Aber da muss ich durch. Ich wollte ja schließlich, dass die Polizei davon weiß. Also ist das ganze hier im Prinzip meine Schuld. Aber das ist okay, schließlich wären wir sonst jetzt voller Angst auf der Flucht, wenn wir überhaupt noch leben würden.

Es klingelt an der Tür und ich gehe hin, um zu öffnen. Vor mir steht Samira mit Partyoutfit, einer Flasche Wodka und einem Partyhut.
"Happy Birthday Maddy!!!", ruft sie glücklich und umarmt mich.
Ich muss leicht lächeln. "Danke."
Sie kommt rein und zieht ihre Schuhe aus. "WIe siehst du eigentlich aus? Ich dachte du bist heute achtzehn Jahre alt geworden."

Ich schaue an mir runter, obwohl ich ganz genau weiß, was ich anhabe. Eine graue Jogginghose und einen dunkelblauen Hoodie von Noah. Passend dazu noch einen hässlichen Dutt, welcher aber aktuell wohl irgendwie im Trend ist.
Dann schaue ich wieder zu Samira und zucke mit den Schultern. "Es gibt keinen Grund, mich schön zu machen."

"Natürlich gibt es den! Du hast Geburtstag, Maus. Man wird nur einmal im Leben achtzehn.", meint Samira und stellt den Alkohol kalt.
"Man wird auch nur einmal im Leben neunzehn, zwanzig oder einundzwanzig. Das ist ein dämliches Argument.", sage ich und werfe mich wieder auf die Couch.
"Maddy, sei doch nicht so depri. Heute ist ein toller Tag!", versucht sie mich aufzumuntern und trötet einmal mit ihrer Partytröte, welche sie sich aus ihrer Tasche gezogen hat. Ich muss mir ein Grinsen verkneifen.
"Ich will heute aber depri sein. Man, stell dir vor du müsstest deinen achtzehnten Geburtstag ohne deine Familie und deinen Freund feiern, weil der Idiot im Knast sitzt. Da kann man nicht feiern, tut mir leid.", erkläre ich.

"Och manno. In Ordnung, dann sind wir jetzt depri, saufen den Wodka und schauen einen Film. Wollen wir noch heulen? Ich weiß einen guten Film zum heulen.", meint sie und setzt ihren Partyhut ab.
Genau so eine Freundin braucht jeder. Eine, die akzeptiert, wenn man keine Party will, sondern einfach nur in Ruhe einen Film schauen will. Und das ohne große Diskussion. Dafür bin ich ihr wirklich dankbar.

Zwei Stunden später sitzen wir beide auf der Couch und schauen den zweiten Film. Die Wodka Flasche ist auch schon halb leer. Wir haben uns noch Orangensaft dazu geholt, weil wir uns noch nicht voll abschießen wollten.

Irgendwann wird die Wohnungstür mit einem Klick geöffnet. Als ich dorthin schaue, traue ich meinen Augen nicht.
"Was ist hier denn los? Ich dachte hier ist voll die fette Party.", meint er, als er die Tür schließt.
Ich stehe auf. "Noah?", frage ich, weil unsicher bin, ob ich besoffen bin, oder ob das real ist.

Er kommt auf mich zu. Und erst jetzt fällt mir der riesige Blumenstrauß in seiner Hand auf, welchen er jetzt aber zur Seite legt, um mich in den Arm zu nehmen.

"Happy Birthday, Baby.", meint er und umarmt mich so fest wie er kann. Ich fange sofort an, zu heulen. Was macht er hier? Wie geht das?
E

s ist das schönste Gefühl, in umarmen zu dürfen. Er ist hier. Bei mir.
Ich löse mich aus der Umarmung und schaue ihn an. Er schaut an mir runter. "Also, auch wenn mir dein Outfit gefällt, als Partyoutfit würde ich das jetzt nicht unbedingt einsetzen. Und sag mal, hast du geheult?"

"Ich weiß garnicht was ich sagen soll.", sage ich ehrlich. Er lächelt nur, umfasst mein Gesicht mit seinen Händen, zieht mich zu sich und küsst mich.
Als er sich wieder von mir löst, schaut er mich mit zusammengezogenen Augenbrauen an. "Hast du auch noch gesoffen? Wodka oder sowas?"
Jetzt muss ich wirklich lachen.
"Was bist du denn für ein Alkoholiker, dass du das perfekt durch einen Kuss errätst?", meint Samira lachend.
Er grinst nun auch.
"Was machst du hier?", stelle ich die Frage, die mir schon die ganze Zeit auf der Zunge brennt.
"Dich überraschen. Ich hab dir Blumen mitgebracht. Eigentlich wollte ich was richtig krasses planen, aber das war im Knast dann ja doch nicht so einfach.", meint er und greift zu den Blumen, um sie mir zu geben.

"Ich kann nicht glauben, dass du hier bist.", sage ich leise und muss ihn automatisch wieder anfassen. Er greift nach meinen Händen.
"Du kannst mich jetzt immer und überall anfassen, wo und wann du willst. Aber vielleicht nicht hier direkt vor Samira...vielleicht warten wir leiber bis heute Abend.", meint er grinsend.
"Noah!", sage ich peinlich berührt. "Kannst du mir jetzt mal meine Frage beantworten?"
"Welche Frage?", fragt er irritiert.
"Was machst du hier?", stelle ich die Frage erneut.
"Hä das hab ich doch schon beantwortet. Freust du dich denn garnicht?"
"Du glaubst garnicht, wie extrem mich das freut, wirklich. Das ist das beste Geburtstagsgeschenk, was man mir hätte machen können. Aber wie kommt es, dass du hier bist? Ich meine, ich verstehe das nicht so ganz.", gebe ich zu.

"Ich habs eigentlich auch nicht so ganz verstanden, aber irgendwer hat mich da raus gekauft. Keine Ahnung wer, aber irgendwer hats gemacht. Das bedeutet ich bin jetzt da raus und muss nur Sozialstunden machen.", erklärt er.
"Wie jetzt? Irgendwer hat extrem viel Geld dafür bezahlt und du weißt nichtmal wer? Und jetzt bist du frei?", sage ich ungläubig.
"Ja, kannst du dich jetzt vielleicht mal ein bisschen mehr freuen?", meint er und zieht mich wieder zu sich.
Ich küsse ihn sofort wieder.

Ich bin unfassbar glücklich, dass er wieder bei mir ist. So glücklich, dass ich garnicht realisieren kann, dass das gerade wirklich passiert ist, und er wirklich gerade hier bei mir ist.
Dieser eine Monat ohne ihn war wirklich schrecklich. Und es gibt nichts schöneres, als ihn jetzt wieder anfassen zu dürfen, ohne dass man gewaltsam wieder auseinander gerissen wird.

Den restlichen Abend haben wir auch noch auf der Couch verbracht, aber mit ein paar weiteren alkoholischen Getränken. Noah hat uns ein paar Storys aus diesem einen Monat erzählt und mir wird klar, wie gefährlich das eigentlich war. Da sind ja auch richtig kriminelle Leute mit ihm drinnen gewesen. Umso glücklicher bin ich, dass er jetzt schon wieder zurück ist.

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Roommate | ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt