Kapitel 39

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~31. Januar~
M A D E L I N E

Noah ist jetzt schon sechs Tage weg von mir. Ich darf ihn immer nur alle zwei Tage besuchen und dabei nichtmal anfassen, küssen oder noch so kurz berühren. Und das ist alles andere als leicht. Jedes Mal, wenn ich ihn sehe, muss ich weinen. Ich vermisse ihn. Er hat mir von einem Angelo erzählt, mit dem er sich ganz gut versteht und auch von einer Gruppe Jungs, mit denen er auch schon die ein oder andere Auseinandersetzung hatte, ich habe aber auch nicht weiter nachgefragt. Ich will nicht wissen, mit wem er sich schonwieder Prügeln musste.

Ich habe jetzt schon ein paar Mal bei Samira geschlafen, weil ich das in der Wohnung nicht aushalten kann. Bei Miranda und Brio bin ich mittlerweile auch jeden Tag, um mit ihnen zu reden oder einfach nur da zu sitzen und Tee zu trinken.
Noahs Eltern haben mich gestern auch angerufen, um zu fragen, wie es ihm geht.

Jace und Samira kommen mich jeden Tag besuchen, wenn ich nicht gerade bei Samira war. Aktuell besteht mein Alltag aus Uni, Lou, Samira, Miranda und schlafen. Jeden Tag das selbe. Jeden zweiten Tag gehe ich dann ja noch für eine halbe Stunde zu Noah, das wars dann aber auch. In ungefähr zwei Wochen werde ich endlich 18 Jahre alt und darf meinen Freund im Knast besuchen. Wow, das kann auch nicht jeder behaupten.

Ich vermisse ihn unfassbar doll. Und seitdem ich letztens mein erstes Mal mit ihm hatte, fühle ich mich noch mehr zu ihm hingezogen und mein Körper vermisst ihn so sehr, dass alles wehtut. Ich will ihn doch einfach nur Umarmen. Ich fühle mich leer, bei dem Gedanken, dass ich ihn sehen werde, aber nicht mal ansatzweise berühren darf.

Jetzt gerade bin ich mit Samira im Coffee & Talk, um zu Frühstücken. Ich erzähle ihr gerade die Story von Noah und mir, da ich das Bedürfnis hatte, ihr die Wahrheit erzählen zu müssen, als Jace das Café betritt. Als er uns sieht, kommt er direkt auf uns zu.
"Na ihr Schnecken.", meint er und küsst Samira kurz. Dann setzt er sich zu uns.
"Also ist es jetzt offiziell?", frage ich und schaue zwischen den beiden hin und her.
"Ja, würde ich sagen.", meint Jace und lächelt Samira glücklich an.
"Das freut mich für euch.", sage ich ehrlich, muss aber automatisch wieder an Noah denken.

"Ich hab gehört, Samira weiß jetzt auch die wahre Geschichte?", fragt Jace, woraufhin Samira nickt.
"Und? Ihr seid jetzt auch offiziell zusammen?", fragt Samira neugierig.
Ich nicke.
"Ja man, Noah ist mehr als verliebt. Hast du mal gesehen, wie er sie anschaut?", meint Jace lachend.
"Das ist doch toll. Ich freue mich voll für euch.", meint Samira.

"Okay, könnten wir vielleicht jetzt das Thema wechseln? Ich möchte nicht an ihn denken.", gebe ich zu.
"Oh, klar, tut mir leid.", entschuldigt Samira sich sofort.
"Wisst ihr was? Ich glaube wir müssen feiern gehen.", wirft Jace ein.
"Tut mir leid, aber ich möchte lieber Zuhause einen Film schauen oder sowas.", sage ich leise.
Klar, ablenken ist vielleicht besser, aber ich will nicht feiern, während Noah da im Knast festsitzt und sich zu Tode langweilt. Außerdem fühle ich mich nicht gut ohne ihn. Und Grund zum feiern habe ich auch nicht.

"Ist okay, kann ich verstehen."; meint Samira und schaut mich mitleidig an.
"Ist vielleicht auch besser so, sonst bekomme ich ein Problem, wenn Noah das rausfindet. Schließlich sind da ja auch andere Typen, die dich ansprechen könnten.", stellt Jace fest.
Eine Stunde später gehe ich wieder zurück zur Wohnung, um mich auf den Besuch bei Noah vorzubereiten. Ich bin jedes Mal wieder aufgeregt, wenn ich ihn sehen kann.

Das Taxi holt mich ab und fährt zu dem Revier. Ich gehe rein, sage wen ich besuchen möchte und dann werde ich in einen relativ kahlen Raum geführt. Dort muss ich mich hinsetzen und warten, bis sie Noah zu mir bringen.

Als die Tür aufgeht, sehe ich in ein müdes Gesicht. Er ist ganz blass und sieht völlig fertig aus. Als er sieht, dass ich da bin, erhellt sich sein Gesicht sofort und er strahlt förmlich. Wie jedes Mal geht er auf mich zu, wird aber sofort wieder weggezogen.
"Darf ich sie nicht einmal ganz kurz umarmen? Bitte, nur ganz kurz.", bettelt er.
"Tut mir leid, Sie dürfen keinen Körperkontakt zu Außenstehenden haben."; sagt der Polizist, wie jedes Mal.

Noah lässt sich auf seinen Stuhl fallen und schaut mich an, als müsste er sich genau einprägen, wie ich aussehe.

"Wie geht es dir?", frage ich ruhig und muss mich zusammenreißen, nicht schonwieder zu heulen.
"Scheiße. Man, ich will dich doch nur umarmen. Ich vermisse dich, obwohl du direkt vor mir sitzt. Das ist so verdammt anstrengend.", meint er erschöpft.
"Es tut mir so leid."
"Was? Nein, du kannst da doch absolut nichts für."
"Doch, ich habe dafür gesorgt, dass die Polizei die Halle stürmt."
"Maddy, du hast mir mein Leben gerettet."
"Nein, du hast mir meins gerettet.", widerspreche ich.
"Widersprich mir doch nicht immer. Du hast dafür gesorgt, dass das alles vorbei ist. Nach diesen neun Monaten können wir ganz normal leben. Hättest du das nicht gemacht, dann wären wir jetzt entweder erfolgreich abgehauen, obwohl der Plan echt scheiße war und wir höchstwahrscheinlich schon nach wenigen Stunden gefunden worden wären und tot wären, oder ich wäre tot, weil ich nicht gemacht habe, was Carlos wollte."
Ich sage nichts mehr. Wir schauen uns einfach nur an. Und das für wenige Minuten, und es wird nicht unangenehm.

"Du bist so wunderschön.", meint Noah irgendwann. Ich werde wahrscheinlich gerade rot und muss mir auch das lächeln verkneifen.
Ich weiß eigentlich garnicht, was ich darauf antworten soll.

Was sagt man in so einer Situation? Ein Danke kommt komisch, oder?

Wir reden noch lange weiter über uns, seine Familie und auch über Samira und Jace. Er ht mich sogar gefragt, wie es Lou geht und so weiter. Irgendwann werde ich dann Nachhause geschickt, weil die Besuchszeit vorbei ist.

Ich telefoniere noch mit Tami und später noch mit Ally, meiner kleinen Schwester, und dann gehe ich in Noahs Zimmer, um zu schlafen. Ich kann mittlerweile nicht mehr schlafen, wenn ich ihn nicht rieche. Die ersten drei Tage ging das noch, und auch bei Samira konnte ich immer einfach so einschlafen, aber mittlerweile geht das nicht mehr. Und sein Bett riecht nunmal nach ihm.

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Roommate | ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt