Kapitel 3

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~Montag, 01.August~

Nach der Uni habe ich mich schnell Zuhause umgezogen, mein Mitbewohner hat ausnahmensweise nur 20 Sekunden zum öffnen der Tür gebraucht, und bin dann direkt zur Arbeit gegangen. Dort arbeite ich heute von 15Uhr bis 23Uhr. Das hier ist nämlich nicht nur ein Cafe, sondern auch eine Bar. Als ich das Coffee & Talk betrete, klingelt die kleine Glocke über der Tür und Miranda kommt mir sofort entgegen.
"Schön das du da bist. Du kannst ja direkt anfangen, die Umkleide hatte ich dir ja schon am Samstag gezeigt, richtig?"
Ich nicke und ziehe mir die Arbeitskleidung an. Vier Stunden lang laufe ich von Tisch zu Tisch und nehme Bestellungen auf und bringe diese Bestellungen auch wieder an die Tische.

Gegen 19Uhr sind die meisten 'Kaffee trinker' gegangen und die 'Bar-Besucher' trudeln langsam ein. Nach und nach füllt sich der Laden wieder und ich laufe von Bar zu Tisch und wieder zurück. Samira hat inzwischen auch schonwieder Feierabend. Sie hat mir versprochen, sich um Lou zu kümmern, wenn ich mal nicht kann, also kann ich auch ganz ruhig weiter arbeiten.

Ich frage mich, warum die Leute sich nicht einfach an die Bar setzen, sondern an die Tische. Noch sind die vier Barhocker vor mir frei. Miranda erzählt mir gerade von einer neuen Cocktail Idee, als die Türglocke erneut klingt. Miranda schaut sofort hoch, als hätte sie jemanden erwartet. Oder gehofft, dass jemand bestimmtes nicht kommt.
Sie seufzt. "Ich hatte gehofft, er kommt nicht.", flüstert sie mir zu. Jetzt schaue auch ich hoch. Ich glaube heute hasst mein Leben mich. Es ist natürlich niemand anderes als mein Mitbewohner mit drei anderen Jungs. Sie steuern auf die vier Barhocker zu, von denen ich gerade noch gesprochen habe.

"Noah, hast du morgen keine Uni?", fragt Miranda meinen Mitbewohner. Noah heißt er also. Woher kennen die beiden sich denn?
"Ich glaube ich bin alt genug, selbst zu entscheiden ob und wann ich etwas trinke.", antwortet er genervt.
"Ich will doch nur-", fängt Miranda an, doch wird unterbrochen.
"Alles okay Oma, ich weiß das du es nur gut meinst, aber ich habe alles unter Kontrolle."
Nicht im Ernst, oder? Hat er gerade Oma gesagt? Er ist also der 19 Jährige, der ab und zu einen Arschtritt braucht. Super. Da freue ich mich ja auf das WG-leben mit ihm.

Sein Blick trifft auf meinen, wandert dann aber wieder zurück zu Miranda. "Außerdem lässt du sie hier auch um diese Uhrzeit arbeiten."
Miranda schaut zu mir. "Sie besäuft sich auch nicht. Und sie hat auch einen Namen, mein Freund.", sie deutet auf mein Namensschild an meiner Brust.
"Ich weiß. Könnte ich jetzt vielleicht ein Bier bekommen?", fragt er und schaut zwischen Miranda und mir hin und her. Als Miranda keine Anstalten macht, ihm seinen Wunsch zu erfüllen, stöhnt er genervt auf. "Oma, ich bin 19 Jahre alt. Wenn ich also etwas trinken will, kannst du es mir nicht verbieten. Aber gut, dann gehe ich halt in eine andere Bar und du kannst nicht kontrollieren, wieviel ich trinke." Er steht auf und will gerade gehen, als seine Oma ihm nach ruft. "Noah, bleib hier, du bekommst dein Bier ja schon." Er dreht sich grinsend um und setzt sich zufrieden auf den Barhocker vor mir.

Plötzlich beugt sich einer seiner Kumpels zu mir. "Madeline also. Ich bin Milo. Kann ich vielleicht deine Nummer haben?"
Auch ich beuge mich zu ihm vor. "Nein. So leicht bekommt man die nicht.", flüstere ich und zwinker ihm amüsiert zu.
"Und wie bekomme ich diese denn?", fragt er mit einem grinsen im Gesicht.
"Garnicht. Lass sie arbeiten, du Hornochse.", schaltet Noah sich auf einmal gereizt ein.

Okay, was war das? Es ist jawohl meine Entscheidung, wer meine Nummer bekommt und wer nicht. Und außerdem kennt Noah mich garnicht richtig.

Ich ignoriere diese Situation einfach und arbeite ganz normal weiter. Um 23 Uhr sind nurnoch die vier Jungs, welche mich die ganze Zeit unterhalten haben, und ein anderer älterer Mann da. Die anderen Kumpels von Noah und Milo heißen übrigens Jace und Joe.
"Madeline? Gehst du nach Hause? Deine Schicht ist zuende.", erinnert Miranda mich.
Also ziehe ich mich wieder um und mache mich auf den Weg Nachhause. Dadurch, dass es dunkel draußen ist, und ich ungern alleine nach Hause laufen will, rufe ich Tami, meine beste Freundin aus LA, an und erzähle ihr über die ersten drei Tage hier.

Nach ungefähr 20 Minuten komme ich an der Wohnung an. Ich wollte gerade aufschließen, als mir auffällt, dass ich keinen Schlüssel habe, und Noah noch im Coffee & Talk ist. Das bedeutet für mich entweder laufe ich zurück und hole mir den Schlüssel, oder ich warte bis er nach Hause kommt und warte hier vor der Tür. Ich entscheide mich für zweiteres. Ich bekomme einen Herzinfarkt, wenn ich jetzt alleine im dunkeln zurücklaufe. Nein, danke.

Nach einer halben Stunde beschließe ich Miranda anzurufen und sie zu fragen, ob er noch da ist. Er natürlich nicht mehr da, das bedeutet er müsste gleich hier sein. Ich setze mich vor die Wohnungstür und warte dort. Zum Glück bin ich in das Wohnungsgebäude hinein gekommen. Eine ältere Frau hat mir die Tür geöffnet, sonst würde ich noch draußen im dunklen sitzen. Nach einer weiteren halben Stunde fallen mir erschöpft die Augen zu.

Plötzlich geht das Licht an, was mich aus dem Schlaf reißt. Ich mache langsam meine Augen auf und Noah steht vor mir. Ich kannn nicht viel von ihm erkennen, da das Licht zu grell für meine Augen sind.
"Was machst du hier draußen?", fragt er leise. Ich stehe langsam auf.
"Du hast den Schlüssel.", sage ich genervt.
"Oh." Er schließt die Wohnung auf und geht hinein. Ich mache das Licht im Wohnbereich an und schaue zu meinem Mitbewohner, welcher sich gerade auf den Weg ins Bad macht. Langsam gewöhnen sich meine Augen an das helle Licht. Wenn ich mich nicht getäuscht habe, hat Noah eine Verletzung im Gesicht.

"Noah?", frage ich und hoffe, dass er sich umdreht. Er hingegen läuft weiter in Richtung Bad, weshalb ich ihm folge.
Er holt sich ein Handtuch aus dem Regal und schaut mich dann geschockt an. "Was machst du hier?", fragt er genervt.
"Die Frage ist, was hast du gemacht?", entgegne ich und deute auf sein Gesicht. Über seiner Augenbraue ist eine große Wunde, sein Auge ist ganz dick und blau und seine Wange blutet auch. Außerdem hat er Nasenbluten und seine Handknöchel sind aufgerissen.

"Nichts besonderes.", sagt er und befeuchtet das Handuch mit Wasser, um es sich an die Nase zu halten. Ich werfe einen Blick auf die Uhr. 03:53Uhr.
"Lass mich das machen.", sage ich und nehme ihm das Handtuch weg. "Setz dich auf den Badewannenrand.", befehle ich ihm. Ich hole noch einen erste Hilfe Kasten und knie mich vor ihn. Ich nehme mir ein Desinfektionsmittel, um die Wunden zu reinigen. "Das könnte kurz weh tun."
Er zieht scharf die Luft ein, als ich ihm das Tuch mit dem Desinfektionsmittel auf die Wunde halte. "Also, was ist passiert?", frage ich erneut.

"Geht dich nichts an.", antwortet er gereizt. Ich lache kurz auf. "Und wie es mich etwas angeht. Ich saß vier Stunden vor der Wohnung, weil du dich anscheinend prügeln musstest und jetzt verarzte ich dich auch noch. Also sag mir was passiert ist."
Er atmet genervt aus. "Ich hab mit der Freundin von meinem 'Feind' geschlafen. Fand er nicht so witzig. Der ist ausgerastet und dann haben wir uns geprügelt. Aber keine Sorge, er sieht schlimmer aus als ich.", erklärt er mit einem Grinsen im Gesicht.

"Und du bist jetzt mit dieser Freundin von ihm zusammen?", frage ich neugierig. Er zieht die Augenbrauen hoch. "Seh ich so aus? Natürlich nicht, ich wollte nur Sex und sie hat es mir halt angeboten."
Das ist wieder typisch Mann, Schwanzgesteuertes Arschloch.

Als ich fertig bin, stehe ich auf, gehe in mein Zimmer und ziehe mir ein zu großes T-shirt an, welches mir knapp über den Po geht. Dann putze ich mir noch schnell die Zähne und gehe schlafen. Immerhin kann ich noch knappe drei Stunden schlafen.

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Roommate | ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt