Kapitel 1

5K 125 21
                                    

Nun stehe ich vor dem Haus, indem sich die WG befindet. Sie müsste im 3. Stock sein. Ich schaue mir die Klingeln an, irgendwo müsste mein Nachname schon stehen. Da! Paszek & Miller
Ja, ich habe einen 0815 Nachnamen. Ich drücke auf die Klingel und warte, bis die Tür geöffnet wird. Dann laufe ich hoch in den dritten Stock und hatte eigendlich erwartet, dass mein Mitbewohner mir die Tür bereits geöffnet hat. Dies war aber nicht der Fall. Also klingel ich auch hier nocheinmal. Ich bekomme meinen eigenen Schlüssel leider erst im laufe der Woche.

Nach einer Minute wird mir die Tür geöffnet und ein braunhaariger junger Mann mit braunen Augen und wuscheligen Haaren schaut mich genervt an.
"Was gibts?", fragt er genervt.
"Ähm... Hey, ich bin Madeline Miller, die Mitbewohnerin der WG.", stelle ich mich vor und reiche ihm meine Hand, die er gekonnt ignoriert.
Er zieht die Augenbrauen hoch und scannt meinen Körper langsam ab. Dann schaut mir wieder ins Gesicht.
"Komm rein. Das Zimmer hinten rechts ist deins.", sagt er und macht mir Platz zum reinkommen.
Wenn man reinkommt ist dort direkt eine moderne Küche, angeschlossen an dem großen Wohnbereich. Dann sind rechts zwei Türen nebeneinander und gegenüber ist auch nochmal eine Tür, vermutlich das Badezimmer.

Ich gehe in das Zimmer, welches der Typ mir genannt hat. Ich stehe in einem kahlen weißen Raum mit einem großen Fenster. Das einzige was hier sonst noch drinnen ist, sind weiße schlichte Vorhänge. Meine Möbel sollten auch in der nächsten halben Stunde ankommen. Ich freue mich jetzt schon, dieses Zimmer einzurichten. Zuhause durfte ich das nie, das haben immer meine Eltern gemacht. Die einzige Frage, die ich mir gerade stelle ist: Wie bekomme ich meine Möbel hier in den dritten Stock? Vielleicht ist mein Mitbewohner ja so freundlich und hilft mir, obwohl das bei dieser Begrüßung gerade eben nicht so aussieht.

30 Minuten später klingelt es an der Tür, das müssten die Möbel sein. Ich habe mir eigentlich nur neue bestellt, weil der Transport sonst zu kompliziert wäre. Ich öffne die Tür für unten und gehe dann durch das Treppenhaus zur Eingangstür.
"Guten Tag, sind Sie Miss Miller?", fragt mich der eine Muskelprotz vom Möbeldienst.
"Ja genau, das bin ich.", antworte ich.
"Sehr gut. Ihre Möbel sind da. Sie müssten sich beeilen, wir haben nur eine halbe Stunde Zeit."
"Ähm, entschuldige für die Frage, aber könnten sie mir helfen?"
Die zwei Männer schauen sich an. "Das kostet aber 120 Euro extra.", sagt der dickere von den beiden.

Ich seufze genervt auf. Ich habe kein Geld dafür. Also bleibt mir nichts anderes über, als meinen gut gelaunten Mitbewohner zu fragen.
Ich räume schonmal meinen Schreibtisch-Sessel aus dem Transporter und trage ihn hoch. Das wäre aber auch das einzige, was ich alleine tragen kann. In der Wohnung angekommen stelle ich den Sessel in das Zimmer und mache mich auf die Suche nach meinem Mitbewohner. Ich muss nicht lange suchen, da er auf der Couch liegt und Fußball guckt.

"Ähm sorry, aber kannst du mir vielleicht helfen, meine Möbel hier hoch zu tragen?", frage ich ihn vorsichtig.
Er stöhnt genervt auf. "Okay, was bekomme ich dafür?"
Ich schlucke einmal, als ich merke, wie er mich anschaut. "Ich weiß nicht. Können wir das später besprechen? Die Typen vom Möbeldienst haben nur eine halbe Stunde."
Der Typ, von dem ich den Namen immernoch nicht weiß, steht auf und macht sich auf den Weg nach unten.
Ich laufe ihm wie ein kleiner Welpe hinterher.

Auf dem halben Weg kommt er mir schon mit einem relativ großem Karton entgegen. Warum ist er so verdammt schnell? Aber gut, so schaffen wir das 100%ig in einer halben Stunde.

Als ich unten ankomme, hole ich mir einen mittelgroßen Karton aus dem Transporter. Dieser stellt sich aber als viel schwerer heraus, als gedacht. Ich komme gerade mal zum Treppenhaus, ehe ich den Karton schonwieder absetze und fast hinfalle. Ich höre ein kurzes auflachen neben mir.
"Wem willst du hier etwas beweisen? Nimm dir doch die leichten Kartons, kleine.", spottet mein Namenloser Mitbewohner.
Ich verschränke meine Arme vor meiner Brust. "Der ist schwerer als du denkst.", verteidige ich mich.
Mein Mitbewohner hebt den Karton hoch, als würde er soviel wie eine Feder wiegen, dreht sich nochmal zu mir um und zieht die Augenbrauen hoch. Dann läuft er ganz gemütlich die Treppen hoch.

Wow, peinlicher gehts auch nicht, aber wenn ich solche Oberarme wie er hätte, könnte ich das auch so einfach.

Eine halbe Stunde später sind wir tatsächlich fertig und ich muss nurnoch die Möbel aufbauen.
Ich habe mir ein Boxspringbett, einen großen Schrank, einen Schreibtisch, einen Schreibtisch-Sessel, einen Teppich und eine Kommode gekauft. Viel Spaß beim aufbauen, Madeline.
Ich fluche schon seit einer Viertelstunde wegen diesem Scheiß Bett. Ich weiß nicht, wie man diese blöde Anleitung so kompliziert darstellen kann.
"Hä? Och man! Was ist das für ein blödes Bett?! Scheiße!", fluche ich.

Plötzlich räuspert sich jemand hinter mir, sodass ich mich heftig erschrecke.
"Wielange willst du dich noch aufregen?", fragt der Namenlose, welcher mich so erschreckt hat. Jetzt bin ich diejeniege, welche genervt seufzt.
"Ich werde mich solange aufregen, bis ich keine Lust mehr darauf habe." Nun seufzt er. "Frag doch einfach deinen tollen Mitbewohner."
"Damit er mir wieder unter die Nase reiben kann, dass ich nichts alleine kann? Nein danke.", gebe ich genervt zurück.
Er kommt zu mir, nimmt mir den Schraubendreher aus der Hand und baut mein Bett innerhalb von 10 Minuten ohne Fehler auf.
"Gern geschehen. Ich möchte die Gegenleistung von dir gerne noch etwas aufsparen.", sagt er und geht dann aus meinem Zimmer.

Den Schreibtisch und die Kommode bekomme ich ganz leicht alleine aufgebaut. Als ich nurnoch den Schrank aufbauen muss, beschließe ich erstmal, zu Lou zu gehen. Dort bekomme ich immer einen freien Kopf. Also ziehe ich mir meine Reithose an, schneide noch eine Karotte und mache mich dann auf den Weg zu meinem Pferd. Ich hatte mir schon in LA angeschaut, wo man hier die besten Ausritte machen kann. Meine Appaloosa Stute liebt den Wald. Deshalb habe ich mir überlegt, in den Wald zu reiten und danach etwas das Dorf zu erkunden.

Im Stall angekommen, begrüße ich Lou, welche in einer großen Box mit einer Koppel hintendran steht. Ich hole gerade das Halfter und die anderen Sachen, als mir ein Mädchen mit dunkelbraunen, langen Haaren entgegen kommt. Sie ist etwas größer als ich, was bei meinen 1,60m nicht schwer ist.
"Hallo, du müsstest Madeline sein, richtig?", fragt sie mich freundlich.
"Hey. Ja genau, die bin ich."
"Freut mich, dich kennenzulernen. Ich bin Samira. Ich habe meine Stute hier im Stall stehen. Meinen Eltern gehört dieser Hof."
"Freut mich auch. Meine Stute steht hier auch seit gestern. Ich bin heute erst hergezogen und wollte jetzt einen Ausritt in den Wald machen.", erkläre ich.
"Aha, sehr cool. Wenn es dir nichts ausmacht würde ich gerne mitkommen. Ich kann dir ja die Gegend zeigen, wenn du möchtest."
Ich stimme zu und so kommt es, dass wir eine halbe Stunde später auf unseren Pferden sitzen und uns auf den Weg zum Wald begeben. Samira hat eine Friesenstute, welche aber nicht ganz so elegant ist, wie die meisten anderen Friesen.

"Wie kommt es denn, dass du hier her gezogen bist?", fragt Samira.
"Ich habe eigentlich in Los Angeles gewohnt, aber meine Eltern wollten, dass ich hier in Chicago studiere. Daher bin ich jetzt hier in eine WG gezogen.", erkläre ich ihr.
"Oh, interessant. Und was willst du studieren?"
"Medizin. Ich finde das ganze total interessant. Und ich möchte später vielleicht Krankenschwester werden, aber da bin ich mir noch nicht ganz sicher."
"Wie cool, ich möchte auch Medizin studieren. Vielleicht sind wir dann ja in den gleichen Kursen."
"Das wäre wirklich toll."

Wir waren insgesamt 3 Stunden unterwegs. Ich hatte wirklich einen schönen Tag mit Samira. Ich denke daraus könnte sich eine tolle Freundschaft entwickeln. Inzwischen ist es 19Uhr und ich freue mich schon total, meinen Schrank aufzubauen -Achtung Ironie.
Ich stehe zum zweiten mal heute vor der verschlossenen Tür der Wohnung, da der gute Herr keine Lust hat, die Tür direkt zu öffnen.
Ungefähr 3 Minuten später öffnet er dann auch mal die Tür.
"Schön, dass der Herr es auch mal geschafft hat.", sage ich, während ich mich an ihm vorbei in die Wohnung schiebe.
"Ihh, du stinkst nach Pferd.", meckert er.

Ich gehe ohne einen weiteren Kommentar in mein Zimmer, indem zu meiner Überraschung der Schrank fertig aufgebaut steht. Ich atme einmal durch. Dann muss ich mich wohl nochmal bei meinem Mitbewohner bedanken. Also drehe ich wieder um und mache mich auf den Weg zu meinem Helfer.
"Danke, das du meinen Schrank aufgebaut hast.", sage ich und mache mich direkt wieder auf den Weg in mein Zimmer.
"Du hättest es eh nicht geschafft. Aber glaube ja nicht, dass ich das alles mache, damit wir uns gut verstehen oder damit du denkst ich mag dich. Du bist mir nämlich eigentlich egal. Ich hatte nur kein Bock auf dein rumgejaule."

Wow, was für ein Arschloch. Ich hasse ihn jetzt schon.

*****************************

Roommate | ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt