Während ich den Mietwagen zu Chiaras Wohnung lenkte, konnte ich kaum glücklicher sein. Ich durfte noch ein ganzes Wochenende mit dieser Wahnsinns-Frau, die sich in so kurzer Zeit in mein Herz gebrannt hatte, verbringen. Gleichzeitig, bereitete ich mich auf die Standpauken von einigen meiner Geschwister vor, doch dafür hatte ich später noch genügend Zeit. Ich wollte jede Sekunde genießen, in der ich an ihrer Seite sein konnte, denn diese Liaison war begrenzt. Weil ich mich dafür entschieden hatte. Der Gedanke daran, versetzte mir jedes Mal einen Stich. Natürlich wäre es schlauer gewesen, sich erst gar nicht weiter darauf einzulassen, aber ich konnte nicht anders. Jeder Kuss, jede Berührung, ließen jede Faser meines Körpers, sich nach ihr verzehren. Wie konnte etwas, dass sich so richtig anfühlte, so falsch sein? Verdammte Scheiße. Alleine ihr Anblick, ließ jedes Mal meinen Atem stocken. Diese Frau machte mich so scharf. In ihrer Nähe fühlte ich mich unglaublich lebendig. Ich verliebte mich immer mehr in sie und das war nicht gut. Gar nicht gut. Aber ich hatte nicht die Kraft mich dagegen zu wehren. Jedes Mal, als wir miteinander schliefen, konnte ich spüren, wie nah wir uns waren. Vereinzelt blitzte Meike in meinen Gedanken auf. Mein schlechtes Gewissen, hatte ich schon lange auf Standby gestellt, doch mir war bewusst, dass ich nach dieser Hochzeit unendlich leiden würde. Denn dann, würde alles vorbei sein. Meike zu verlassen war unmöglich. Wie sollte das gehen? Ich konnte doch nicht hunderte Kilometer von meinen Kindern weg wohnen. Besuche bei Anna und Paddy, würden in Zukunft eine Herausforderung darstellen, denn ich wusste, sobald ich Chiara sah, würde ich ihr nicht widerstehen können. Diese Gedanken kreisten ständig in meinem Kopf, doch ein Blick in Chiaras Augen, ließen mich meine Zweifel sofort wieder vergessen. Das Wochenende bei ihr war perfekt. Dazwischen musste ich mich überwinden einen Flug nach Hause zu buchen. Als ich Chiara die Flugdaten mitteilte, konnte ich ihrem traurigen Blick nicht standhalten. Ja, ich liebte Chiara, aber ich liebte auch Meike – zumindest die Meike, in die ich mich vor langer Zeit verliebt hatte. Ich war hin- und hergerissen und mir graute vor dem Abschied morgen. Bei Paddy's Hochzeit würde ich sie für sehr lange Zeit das letzte Mal sehen. Allein der Gedanke daran, brach mir das Herz und ich wusste, dass es ihr genauso ging. Unsere letzten gemeinsamen Stunden, die wir in Zweisamkeit verbringen konnten, waren bedrückend. Wir beide wussten, dass wir das Unaussprechliche immer noch bereden mussten. Auch jetzt wollte ich dieses Gespräch aufschieben und schnappte mir meine Gitarre. Ich wollte, dass sie sich ein letztes Lied von mir wünscht und sang, als würde mein Leben davon abhängen. Please don't go... Passender, hätte Chiara nicht wählen können.
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Ich legte meinen ganzen Schmerz in diesen Song, den meine Schwester vor so langer Zeit geschrieben hatte. Tränen kullerten über ihre Wangen und ich konnte meine nur mit Mühe zurückhalten. Wie sollte das nur weitergehen? Als meine Gitarre verstummte, wurde es still. Unerträglich still. Obwohl ich nicht wusste, was ich sagen sollte, musste ich das Gespräch beginnen. Der Moment war nun gekommen, um Farbe zu bekennen. In diesem Fall sprach ich mich erneut für Meike und meine Familie aus. Chiaras trauriger Blick und ihr tränenverhangenes Gesicht, brachten mich beinahe um. „Ich habe immer mit offenen Karten gespielt, auch wenn ich mir vorstellen kann, dass du mich jetzt hassen wirst. Aber ich kann meine Entscheidung nicht ändern." Ich wusste wie hart und ehrlich meine Worte waren. „Ich hasse dich nicht Jimmy. Ich liebe dich. Ich habe dich vom ersten Moment an geliebt und obwohl ich um dieses Ende wusste, habe ich mich darauf eingelassen. Die Schuld trifft dich nicht allein. Doch wie soll das weitergehen? Ich kann mir nicht vorstellen, dich nie mehr zu sehen." „Wir sehen uns in ein paar Tagen wieder", sagte ich. Ein kläglicher Versuch eines Scherzes. „Du weißt was ich meine", erwiderte sie mit einem schärferen Ton. Ja das wusste ich, denn auch ich konnte mir nicht vorstellen sie nie mehr zu sehen, zu hören oder zu fühlen. „Wir sollten noch über die Hochzeit sprechen. Es wird für uns beide hart werden, aber im Sinne von Anna und Paddy... „Ich kenne meine Aufgaben und meine Stellung", unterbrach sie mich mit schneidender Stimme. „Deine gesamte Familie wird da sein und alle wissen was zwischen uns passiert ist. Alle, außer deiner Frau. Patricia hasst mich. Hast du gesehen wie sie mich angesehen hat, als du verkündet hast, du würdest nicht nach Hause fliegen? Hast du gesehen, wie distanziert sie mir gegenüber bei der Verabschiedung waren? Alle, außer Kira und Joey? Ich verspreche dir, du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Ich werde mich vorbildlich benehmen und natürlich werde ich nicht Annas schönsten Tag zerstören. Aber du weißt genauso gut wie ich, dass wir uns nicht aus dem Weg gehen können. Das funktioniert nicht. Alleine der Gang nach vor zum Priester wird ein Desaster." Sie war wütend und verletzt. Zu Recht. „Ich weiß." Mehr konnte ich nicht darauf antworten. „Chiara, wir schaffen das bei der Hochzeit, das verspreche ich dir. Ich werde alles tun, damit dieser Tag für dich so erträglich wie möglich wird." Ich zog sie zu mir, küsste sie und hielt sie in meinen Armen. Irgendwann löste ich mich von ihr, denn diesmal musste ich den Flieger erwischen.
Nach den ersten paar Kilometern, am Weg zum Flughafen, hielt ich die Stille nicht mehr aus und machte das Auto-Radio an. Sofort ertönte meine Stimme aus den Boxen. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass einer unserer Songs hier im Radio lief. Erschrocken starrte ich auf die Display-Anzeige. Fuck, wir hatten Chiaras CD im Auto vergessen. Als ich das Mietauto am Flughafen zurückgab, nahm ich die CD und steckte sie in meine Tasche.
Der Weg zu mir nach Hause war härter als ich gedacht hatte. Ich vermisste Chiara so unglaublich. Als mir Meike die Tür öffnete und mir die Kinder entgegenrannten, war der Schmerz für kurze Zeit vergessen. Sofort begannen mich meine drei Süßen auszufragen wo ich so lange war. Ich log ihnen vor, bei Onkel Paddy und Tante Anna gewesen zu sein. Meike reagierte kaum. Hatte sie vielleicht mit Patricia telefoniert? Ahnte sie etwas? Nachdem unsere Rabauken wieder im Garten herumtollten, fragte mich Meike: „Jimmy ist alles ok? Du wirkst so in dich gekehrt und so – wie soll ich sagen – so traurig?" „Ja, mach dir keine Sorgen. Es ist alles in Ordnung. War nur etwas viel in letzter Zeit. Aber bald sind die Hochzeit und der ganze Trubel vorbei. Bis zur nächsten Tour haben wir viel Zeit für uns." Was war ich nur für ein Mistkerl. Ich wusste, dass ich mit Meike reden musste. Aber heute hatte ich keinen Kopf dafür und außerdem hatte ich Angst vor diesem Gespräch. Wie würde sie reagieren? Könnte sie mir alles verzeihen? Umgekehrt könnte ich es nicht. Das wusste ich.
Die nächsten Tage verliefen ruhig. Ich wollte das Gespräch mit Meike bis nach der Hochzeit aufschieben. Immerhin würden sich die beiden dort begegnen. Vorerst wollte ich gute Miene zu diesem verfahrenen Spiel machen, doch wusste ich nicht, ob ich es tatsächlich schaffte. Ich hielt es zu Hause kaum aus. Chiara fehlte mir unglaublich. Zu gern hätte ich ihre Stimme gehört. Doch das war unmöglich. Dieser Schmerz fraß mich fast auf.
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Butterflies in my Belly
FanfictionAnna, 34 , frisch geschieden, Mutter von Zwillingen, macht einen Ausflug in ihre Vergangenheit und trifft dabei auf ihr Teenie Idol, welcher sich als die große Liebe entpuppt. Begebt euch mit ihr auf diese Reise in ein neues Leben. Lernt auch Chiara...