Ich fuhr wie ein Berserker auf der Autobahn Richtung Berlin. Mein Kopf war voll mit Fragen. Wie konnte sie mich all die Jahre nur so belügen? Anna, meine große Liebe. Große Liebe am Arsch. Offenbar hatte sie das alles von langer Hand geplant. Es war also keine schicksalhafte Begegnung an einem 09. Mai 2017. Ich fühlte mich so hintergangen, wie noch nie in meinem Leben. Sie hätte zu Anfang unserer Beziehung hunderte Male die Gelegenheit gehabt um reinen Tisch zu machen. Plötzlich fielen mir die vielen Situationen ein, wo ich ihr von meiner Vergangenheit erzählte und sie die unwissende spielte, doch sie wusste alles über mich. Natürlich schon seit über zwanzig Jahren aus der Bravo. Ich war so voller Wut. Wie ferngesteuert fuhr ich zu Pino und Gina. Als ich dort ankam und die Klingel betätigte, staunte Gina nicht schlecht, als ich vor ihrer Türe stand. „Paddy? Was machst du denn hier? Du siehst ziemlich fertig aus, komm doch rein", begrüßte sie mich. „Pino ist noch unterwegs, er wird erst morgen früh wieder zurückkommen." „Kann ich heute Nacht auf eurem Sofa pennen?" „Klar. Erzähl doch mal was passiert ist." Ich schüttete Gina also mein Herz aus. Nicht weil ich unbedingt das Bedürfnis verspürte, es gerade ihr zu erzählen, sondern weil ich mit irgendjemanden darüber sprechen musste. „Wow, das ist ein starkes Stück, das sich Anna da geleistet hat. Was wirst du jetzt machen?" „Ganz ehrlich Gina, ich weiß es nicht. Ich brauche jetzt erstmal ein paar Tage um nachzudenken." „Fühl dich ganz wie zuhause und bleib solange du möchtest. Ich werde jetzt ins Bett gehen." „Danke Gina, du bist eine echte Freundin." „Jederzeit, Paddy." Sie lächelte mich an und verschwand im Schlafzimmer. Ich legte mich auf das Sofa und sinnierte über mein Leben. Mein Handy tönte ununterbrochen. Anna. Ein paar Mal war ich fast versucht ran zu gehen, entschied mich aber doch dagegen. Ich lag die halbe Nacht wach. Als Pino am nächsten Morgen mit einer Tasse Kaffee vor mir stand, erzählte ich auch ihm von dem Streit mit meiner Frau. „Oh Mann, Paddy, das tut mir leid. Gina hat dir ja bereits gesagt, dass du solange bleiben kannst wie du möchtest. Sag bescheid, wenn du etwas brauchst. Gina und ich haben den ganzen Tag Termine, sind aber per Handy natürlich erreichbar." „Danke Buddy!" Ich schloss mich in Pinos Wohnung ein. Als Anna anrief, ging ich immer noch nicht ran. Ich beschloss Jimmy anzurufen. Ich brauchte den Rat meines großen Bruders. „Hey Paddy, was gibt's?" „Ja, Hy Jimmy. Sorry, dass ich dich störe, aber ich brauche dringend deine Hilfe." „Kein Ding, schieß los." Ich erzählte ihm also alles und wartete auf eine Antwort, doch diese fiel definitiv ganz anders aus, als ich gehofft hatte. „Ist doch halb so schlimm. Chiara war auch mal ein Kelly Fan und es stört mich keineswegs." „Du wusstest es also?" Das Schweigen am anderen Ende der Leitung verriet mir bereits seine Antwort. „Ja. Ich wusste es schon eine ganze Zeitlang." „Und du hast dir gedacht, ach, das sagen wir dem dummen Paddy nicht, er wird es ohnehin nicht merken?" Sofort war ich wieder stinkwütend. „Komm schon, Paddy, was ist denn dabei? Dann war sie eben ein Fan." „Ihr versteht das alle nicht, oder? Es ist mir scheißegal ob sie ein Fan war oder nicht, Fakt ist, sie hat mich jahrelang belogen! Und das kann ich ihr nicht verzeihen!" Ohne eine Verabschiedung legte ich auf. Ich fühlte mich, als hätte sich die ganze Welt gegen mich verschworen. Nach einer Woche beschloss ich, meine Wut in etwas Produktives umzuwandeln und begann mit Gina neue Songs zu schreiben. Das war genau das, was ich brauchte. „Hey Paddy, hast du kurz Zeit?", unterbrach und Pino. „Was gibt's?" „Denkst du nicht, dass es an der Zeit wäre, sich zumindest mal kurz bei Anna zu melden? Sie hat mich vor ein paar Tagen ganz besorgt angerufen und ich habe ihr gesagt, dass du hier bei mir bist und es dir gut geht." Sollte ich nun sauer oder dankbar auf Pino sein? „Na dann weiß sie immerhin, dass ich noch lebe. Ist noch was?" Ich speiste Pino ziemlich schroff ab und er nahm beide Hände verteidigend hoch und verließ das Zimmer. „Weißt du Paddy, so einen Betrug kann man nur schwer verzeihen. Woher sollst du künftig wissen, ob du ihr vertrauen kannst und sie dir die Wahrheit sagt?", warf Gina immer wieder ein. Jedes Mal, wenn ich darüber sprach, musste ich mir meine Tränen zurückhalten. Die Situation, auch Anna nicht zu sehen oder zu sprechen, belastete mich von Tag zu Tag mehr. Gina versuchte wahrscheinlich nur mich zu trösten, wenn sie meine Hand nahm, doch es war mir etwas unangenehm. Nicht nur weil sie meine Assistentin und die Freundin meines Managers war, sondern weil ich mich in ihrer Nähe sehr wohl fühlte. Seit zwei Wochen war ich schon nicht mehr zuhause. Ich brauchte immer noch Abstand von Anna. Ihre Lüge schlug solche Wellen, dass ich mich immer noch zwang, mein gesamtes Leben zu überdenken und in Frage zu stellen. Gina war, wie immer, an meiner Seite. Sie gab mir einfach das Gefühl, mich zu verstehen. Im Moment schien sie die einzige zu sein die das tat. Als ich mich wieder einmal Hundeelend und betrogen fühlte, kippte ich mit ihr ein paar Whiskey in einer Bar. "Paddy, ich weiß nicht wie du das siehst, aber wenn du dich so von deiner Frau hintergangen fühlst, solltest du einen Schlussstrich ziehen. Du haderst schon so lange mit dir. Oder du vergeltest gleiches mit gleichem." Diese Worte hallten den ganzen Abend in meinem Kopf. Was meinte sie, gleiches mit gleichem vergelten? Anna betrügen? Ich wollte mich nur mehr davon ablenken und kippte noch mehr Gläser in mich rein. „Weißt du was Gina, du hast Recht. Dein Vorschlag mit dem Schlussstrich und dem vergelten gefällt mir immer besser", lallte ich ihr entgegen. Ich nahm mein Telefon, ging kurz vor die Tür und rief bei Anna an. Endlich konnte ich meine Wut an ihr auslassen. Es fühlte sich in jenem Moment so gut an. Als es schon spät wurde, waren wir fast alleine in der Bar. Ginas scheinbar zufällige Berührungen fielen mir schon eine Zeit lang auf. Bevor wir uns verabschiedeten, nahm sie mich noch einmal in den Arm. Es fühlte sich gut an, von ihr in den Arm genommen zu werden. Ich sah ihr in ihre großen, dunklen Augen und plötzlich näherten sich unsere Lippen. In diesem Moment hatte ich keine Zweifel daran, was ich wollte.
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Butterflies in my Belly
FanfictionAnna, 34 , frisch geschieden, Mutter von Zwillingen, macht einen Ausflug in ihre Vergangenheit und trifft dabei auf ihr Teenie Idol, welcher sich als die große Liebe entpuppt. Begebt euch mit ihr auf diese Reise in ein neues Leben. Lernt auch Chiara...