Paddy - Wie man sich zum Trottel macht...

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Immer noch Gedankenverloren und voller Nervosität, schloss ich meine Haustüre auf. Gut, dass Anna noch nicht hier war, dachte ich, denn so hatte ich noch Zeit um mir meinen Antrag ein weiteres Mal durch den Kopf gehen zu lassen. Doch als ich das Haus betrat, stand plötzlich Anna im Dunkeln vor mir. Ich hätte beinahe einen Herzinfarkt bekommen, vor Schreck. Natürlich konnte sie mir sofort anmerken, dass mich irgendetwas beschäftigte, kein Wunder, denn ich konnte sie nicht einmal richtig ansehen. Sie war ebenfalls ziemlich verhalten, was mich ein wenig irritierte. Das waren nicht gerade die besten Voraussetzungen für einen Heiratsantrag. Als ich ihr gerade vorschlagen wollte, den Abend gemütlich auf dem Sofa zu verbringen, gingen plötzlich die Lichter an und meine gesamte Familie kroch aus ihren Verstecken. Was? Eine Überraschungsparty? Ausgerechnet heute. Immerhin hatten Sie die letzten 39 Geburtstage auch nie an so etwas gedacht. Eigentlich wollte ich diesen Abend mit Anna alleine verbringen - und sie bitten meine Frau zu werden. Einen Moment später lag ich schon in den Armen aller meiner Geschwister. Schnell wurde mir bewusst, dass ich meine schlechte Laune beiseiteschieben sollte, denn sie alle waren nur meinetwegen gekommen. Ich musste mir eingestehen, dass ich mich sehr darüber freute. Patricia öffnete die erste Flasche Sekt mit der wir anstießen. Ich schaute mich um und konnte Anna nirgendwo finden. Zuerst vermutete ich sie in der Küche, doch da war sie nicht. Als ich nahezu jeden Raum im Untergeschoss nach ihr abgesucht hatte, ging ich ins Schlafzimmer, wo ich sie am Bett liegend vorfand. Als sie sich umdrehte, sah ich in ihre verweinten Augen. Ohne zu wissen was ihr fehlte, war mein erster Impuls sie in den Arm zu nehmen, doch sie ließ es nicht zu. Bevor ich fragen konnte, was mit ihr los war, lieferte sie mir die Antwort. Anna wollte mich in München überraschen und kam just in dem Moment, als ich mich mit einer Umarmung bei Joelle für ihre Unterstützung bei der Scheidung bedankte. Verdammt! Ohne zu überlegen, entschuldigte ich mich bei ihr. Nur eine Sekunde später merkte ich, dass meine Entschuldigung einem Schuldeingeständnis gleich kam. Kelly, du Idiot! Ich rang um die richtigen Worte, doch sie wollten nicht über meine Lippen kommen. Wie in Trance stand ich da und sah Anna an, die in Tränen aufgelöst gerade unsere Beziehung beenden wollte. In meinen Ohren rauschte es, als würde ein Güterzug durch meinen Kopf fahren. Als ich ihr zusah wie sie in Windeseile ihre Sachen packte, stieg die pure Panik in mir auf. Mir kamen nur die Worte „Anna, bitte!" über die Lippen. Plötzlich wusste ich genau, jetzt oder nie. Ich kramte die Schatulle mit dem Verlobungsring aus meiner Tasche und kniete vor sie nieder. Ich hatte meine Stimme wieder erlangt und die Worte sprudelten aus meinem Mund. Mit meinem ehrlichen Liebesgeständnis, schenkte sie mir ein „Ja". Ein ja, wie es kaum süßer klingen konnte als in diesem Moment aus ihrem Mund. Ich spürte wie sich mein Körper wieder entspannte und atmete vor Erleichterung tief durch. Sie würde tatsächlich meine Frau werden! Nach der ersten überschwänglichen Freude über unsere Verlobung, mussten immer noch die offenen Fragen geklärt werden. Anna hatte sich eine Erklärung und Entschuldigung mehr als verdient. Ich konnte an diesem Abend kaum glücklicher sein, auch weil meine gesamte Familie ein Stockwerk tiefer auf uns wartete und ich ihnen die Neuigkeiten gleich persönlich mitteilen konnte. Als ich bereits nach unten gehen wollte, hielt Anna mich auf. Hatte sie mir auch etwas zu beichten? Nur im Bruchteil von Sekunden, bastelte sich mein Gehirn die schlimmsten Szenarien zusammen. Als sie mir nur eine kleine Box mit einer Schleife in die Hand drückte, war meine Verwirrung am Höchststand. Ich öffnete sie und konnte meinen Augen kaum trauen. Was darauf zu sehen war, toppte einfach alles. Sie war schwanger mit unserem Baby. Man konnte kaum etwas auf dem Foto erkennen, doch für mich war es Alles. Nun wurde auch ich von meinen Gefühlen überwältigt. Es war einfach verrückt, was dieser Abend für Wendungen nahm. Als ich Anna küsste, wollte ich sie nie wieder los lassen.

Als ich, um die letzten Konzerte für dieses Jahr zu spielen, an der Location ankam, erzählte ich meiner Band und Pino die Neuigkeiten. „Paddy ich gratuliere dir! Ihr habt ja ein ganz schönes Tempo drauf", sagte Ryan belustigt. „Buddy, nur weil du dich vehement gegen eine Beziehung, die übers Schlafzimmer hinaus geht sperrst, müssen das nicht alle so praktizieren", konterte ich augenzwinkernd. „Das ist auch wieder wahr." Ryan gab mir achselzuckend Recht. Nach den etwas angespannten Wochen, zelebrierte ich meine Auftritte noch einmal so richtig und gleichzeitig freute ich mich auf die freien Monate mit Anna, die vor uns lagen. Als ich kurz vor Weihnachten wieder zuhause war, wurde unser Glück durch einen Besuch von Annas Ex-Mann getrübt. Ich erwischte den Mistkerl, als er tatsächlich die Hand gegen meine Verlobte erhob. Am liebsten hätte ich ihn auf der Stelle angesprungen, doch ich entschied mich vorerst für den diplomatischen Weg. Als ich seine Faust in meinem Gesicht spürte, war mir klar, dass dieser wenig Sinn machte. Ich hatte mich noch nie in meinem Leben geschlagen, doch was zu viel war, war zu viel. Als ich ihm eine verpasste schmerzte meine ganze Faust, doch der Schlag hatte gesessen. So sehr, dass er uns nur einen Tag später eine Horde Reporter an den Hals hetzte. Es stellte Anna und mich vor ein paar Herausforderungen und wir mussten improvisieren, um für uns alle ein schönes Weihnachtsfest zu zaubern. Nach jahrelanger Heimlichtuerei, sprang ich über meinen Schatten und gab das Erste und einzige Interview in meinem Leben, welches meinen Beziehungsstatus zum Thema hatte. Ich war froh, diesen Schritt nun endlich gegangen zu sein, denn so konnten wir in unsere gemeinsame Zukunft schreiten, ohne uns verstecken zu müssen. 

Butterflies in my BellyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt