Jimmy - Vaterfreuden

80 6 0
                                    

Schon lange hatte ich nichts mehr von Chiara gehört. Ich musste nach wie vor ständig an sie denken – und an meinen Sohn. Es zerriss mich beinahe innerlich. Als sie mir endlich eine Nachricht schickte, nahm ich dies zum Anlass um sie anzurufen. Nicht nur, dass ich um jeden Preis ihre Stimme hören wollte, ich wollte sie ebenfalls zur Rede stellen, weshalb sie sich gar nicht bei mir meldete. Während des gesamten Telefonats spürte ich ein Kribbeln im Bauch, dass mir bis jetzt nur Chiara verschafft hatte. Ich vermisste sie. „Wer war das?" „Chiara." Ich fasste meiner Frau das Gespräch kurz zusammen und sah den Schmerz in ihren Augen, als ich von unserem Sohn sprach und damit nicht jenen meinte, den Meike mir geboren hatte. „Meike, ich weiß wir haben bereits darüber gesprochen. Ich würde gerne bei der Geburt dabei sein." „Ich sagte dir doch, dass es in Ordnung ist." „Ja, aber ich würde gerne ein paar Tage vor Ort sein. Ich weiß nicht, ob ich im Krankenhaus bleiben kann. Wenn nicht, werde ich bei Anna und Paddy übernachten. Aber ich will die ersten Tage für meinen Sohn da sein. Ich möchte ihn kennen lernen. Verstehst du?" Nervös wartete ich auf ihre Antwort. Wir hatten beschlossen, dass ich bei der Geburt dabei sein werde, wenn Chiara es zulässt. Von mehreren Tagen aber, war nie die Rede. Sie sah mich mit traurigen Augen an. „Ich kann dich verstehen. Jimmy, ein Kind ist ein Geschenk Gottes. Wir sollten alles tun, um ihm den Start in der Welt zu erleichtern. Ich würde niemals versuchen dir das zu nehmen. Obwohl ich zugeben muss, dass meine Angst riesig ist. Du wirst sie nach langer Zeit wiedersehen und ihr werdet euch so nahe kommen. Vielleicht sogar näher als jemals zuvor. Emotional meine ich." Sie hatte Recht. Auch ich hatte Angst vor dieser Begegnung. „Ich danke dir, Meike. Bitte mach dir keine Sorgen. An meiner Entscheidung wird sich nichts ändern." „Ich weiß. Ich frage mich nur immer wieder, ob auch dein Herz hinter dieser Entscheidung steht." Sie drehte sich um und ging in den Flur. Ich war froh, nicht antworten zu müssen.

Am Tag der Geburt, war ich ziemlich nervös. Mindestens genauso, wie ein paar Stunden zuvor, als ich Chiara, nach dieser für mich endlos scheinenden Zeit, zum ersten Mal wieder sehen durfte. Sofort stellte sich die alte Vertrautheit wieder ein. Natürlich war ich bei der Geburt meiner anderen Kinder dabei, aber diese Situation war eine völlig andere. Ich wich keine Sekunde von Chiaras Seite. Als mir der Arzt meinen Sohn in die Arme legte war ich überwältigt. Noah. Meine Freude darüber, meinem Kind und der Frau die ich liebte, so nahe zu sein, wurde augenblicklich durch mein schlechtes Gewissen getrübt. Denn all das hatte ich eigentlich bereits. In einem passenden Moment verließ ich das Zimmer um Meike anzurufen. Außerdem wollte ich auch Anna und Paddy Bescheid geben. Als ich zurückkam, sah ich Tränen in ihren Augen. Schnell ging ich zu ihrem Bett. Ich zog sie an mich und küsste sie leidenschaftlich. Niemals würde ich dieser Frau wiederstehen können. Doch sie schob mich von sich und bat mich dies zu unterlassen. Natürlich tat sie das, denn ich hatte ihr mehr als einmal deutlich gemacht, meine Entscheidung getroffen zu haben. Gott sei Dank wurde Noah von den Untersuchungen zurückgebracht, die Situation wäre sonst peinlich geworden. Als ich die Beiden zu meinem Bruder brachte und mich verabschiedete, brach es mir fast das Herz. Auf der Heimfahrt, war ich aufgewühlt durch die Ereignisse der letzten Tage. Natürlich vermisste ich Chiara und Noah. So bald wie möglich, wollte ich mit Paddy einen Besuchstermin vereinbaren. Meike und die Kinder wollten alles über das neue Familienmitglied erfahren. Die Kinder waren mit den Informationen schneller befriedigt als meine Frau. Als sie wieder in den Garten gingen um zu spielen, fragte Meike mich über die Geburt und vor allem über das Aufeinandertreffen mit Chiara aus. Nachdem ich alles erzählt und erwähnt hatte, dass sich natürlich nichts bei uns ändern wird, kam ich mir erneut vor, wie das größte Arschloch. Instinktiv wusste ich bereits, dass ich mich selbst belog. 

Butterflies in my BellyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt