Nice safe

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"Spinnst du?!", fahre ich meinen Kumpel aufgebracht an. "Ich stülpe meiner Beziehung kein Image über. Ja, wir kennen diese rosarote Verliebtheitsphase schlechter als andere Paare, aber das auch nur, weil wir schnell viel intensiver und tiefschürfender füreinander empfunden haben. Tua sieht mehr in mir als ihr alle zusammen, er redet meine Gefühle nie klein und er passt auf mich auf, wenn ich das selbst nicht auf die Kette bekomme. Er ist mein Sicherheitsnetz: Bei jeder Scheiße hat er mich aufgefangen und zu mir gehalten. Sogar dann, wenn ich gar nicht gemerkt habe, dass ich überhaupt falle, oder es nur nicht wahrhaben wollte. Ich kann das über keinen von euch behaupten. Bei Tua fühle ich mich sicher, wertgeschätzt und geliebt. Wir sind alles andere als eine Katastrophe, Maurice, schreib dir das hinter die Ohren!", zetere ich und hole zittrig Luft, nachdem ich diesen Heldengesang auf meinen Freund vom Stapel gelassen habe. Mein Gegenüber lächelt wissend und die Anspannung fällt schlagartig von mir ab. "Das hast du ja geschickt eingefädelt, chapeau", murmle ich. Maurice Hand landet auf meinem Rücken.
"Du hast wesentlich mehr für Tua übrig als nur deinen letzten Nerv, Iara." Unruhig fahre ich mir durch die Locken. Er hat recht.
"Ich muss ihn sehen, wir müssen reden", konstatiere ich und springe auf. "Sofort."
"Soll ich dich zur Bahn bringen?", fragt er hilfsbereit.
"Nicht nötig, ich sprinte." Nachdem ich meine Taschen kontrolliert habe, wende ich mich nochmal Maurice zu und küsse ihn auf die Wange.
"Danke", sage ich.
"Nichts, was du nicht längst gewusst hättest", tut er es ab.

"Bist du zu Hause?", keuche ich ins Telefon und schiebe mich in letzter Sekunde durch die kybernetischen Türen in die U-Bahn.
"Bin ich, wieso fragst du?", will mein Freund wissen.
"Weil ich jetzt zu dir komme." Mein Atem geht rasselnd, als ich auf einen freien Sitz plumpse. "Ich bin in ein paar Minuten da."

Ich drücke den Klingelknopf weit rein, und stemme mich schon mal gegen die Tür, falle förmlich ins Treppenhaus, als der Summer ertönt und sie aufschwingt. Aber schnell habe ich mein Gleichgewicht wiedergefunden und renne die Treppen hoch zu Tuas Wohnung. Er hat bereits aufgemacht und die Tür angelehnt. Im Flur steht er vor mir, mit seinem Handy in der einen und einem Apfel in der anderen Hand.
"Kannst du das beides weglegen?", frage ich ihn und streife mir die Sneakers von den Füßen. Er folgt meiner Bitte, legt beides in die Schale, in der er seinen Schlüssel aufbewahrt. Das ist der Startschuss für mich. Ich stürme auf ihn zu, springe an ihm hoch. Zum Glück ist Verlass auf Tua, denn er hält mich fest. "Woah, hey", murmelt er. Mit geschlossenen Augen sauge ich seinen Duft ein, drücke ihn fest und küsse ihn zärtlich auf die Wange.
"Sag mir, was los ist", fordert er mich leise auf. (und) Ich atme durch.
"Ich liebe dich", beginne ich. "Du bist depressiv und das ist nicht schön, aber du bist nicht allein - Du hast mich. Und wir finden eine Lösung dafür. Wir können einander alles erzählen, wie im Urlaub, weißt du noch?" Ich lege eine Hand an sein Gesicht, das von tiefer Rührung gezeichnet ist, und schaue ihm in die Augen. "Ich kann es akzeptieren, dass du krank bist, und mir ist klar, dass Depressionen nicht heilbar sind. Aber das soll mich nie wieder davon abhalten, dir die Liebe zu geben, die ich dir geben kann und die du verdienst. Nie mehr, verstanden?" Ich küsse ihn kurz auf den Mund, aber als er den Kuss intensivieren will, ziehe ich mich doch nochmal zurück. "Ich bin noch nicht fertig. Es tut mir leid, dass ich dich unter Druck gesetzt habe, weil ich mich so hilflos gefühlt habe. Dabei weiß ich eigentlich, dass du das mit uns nie aufgeben würdest; der einzige Grund, den du gelten lassen würdest, ist Liebe. Du würdest mich nur aus Liebe verlassen, und nie, weil es deine Pflicht ist. Genauso wie du für mich, würde ich alles aus Liebe für dich tun. Ich bin bereit dafür." Seine Augen schimmern.
"Ich liebe dich."
"Ich liebe dich auch", erwidere ich und küsse ihn. Eine farbenfrohe Explosion sprengt die Hülle aus kaltem Stein, die sich um mein Herz gelegt hat. Als wir uns voneinander lösen, habe ich das erste Mal seit Ewigkeiten das Gefühl, frei atmen zu können. Mir entwischt ein glückliches Lachen, in das er mit einfällt. Es klingt ehrlich und authentisch, und das nicht, weil er ein so guter Schauspieler ist. Nein, das ist nicht vorgetäuscht. Das ist genau das Lachen, in das ich mich verliebt habe. Wir küssen uns erneut. Diesmal trägt er mich dabei ins Schlafzimmer.

Es vergeht eine Menge Zeit, bis wir am frühen morgen endlich einschlafen, doch ich genieße jede einzelne Sekunde. Und ich genieße es auch, am Mittag gegen die Sonnenstrahlen anblinzeln zu müssen, die durch das Fenster fallen, und Tua selig neben mir schlafen zu sehen. Wenn er zwischendurch nicht auf war, ist das die erste ordentliche Mütze voll Schlaf seit Wochen für ihn. Ich küsse ihn sanft auf die Stirn, aber als ich aufstehen will, schlingt er prompt beide Arme um mich und zieht zurück. Scheinbar ohne dabei richtig wach zu werden. Also kapituliere ich, schmiege mich an ihn, und bin im nächsten Moment weggepennt.

Stunden später werde ich davon wach, dass die Geräusche um mich herum zunehmen. Tua zieht sich eine Jogginghose über, aber freie Sicht auf seinen Oberkörper habe ich nach wie vor. Ich muss lächeln.
"Hey", krächze ich und er sieht sich sofort nach mir um. Bevor ich noch irgendwas sagen kann, küsst er mich. "Mhm, das war schön", lächle ich. Er erwidert es.
"Du warst gestern unglaublich mutig und hast alles auf eine Karte gesetzt, für uns", fasst er zusammen und wickelt eine meiner Locken um seinen Zeigefinger. "Seit du das getan hast, liebe ich dich so sehr, dass ich denke, ich kann alles schaffen. Es ist nur eine Phase, sie wird vorbeigehen."
"Klar wird sie das", bestärke ich ihn.
"Ich mein's ernst, Iara, das gestern ... Das hat unsere Beziehung gerettet."
"Ich weiß", gebe ich zu und bette meinen Kopf auf seiner Brust, denn er hat sich inzwischen wieder zu mir gelegt. "Ich hab's auch gemerkt."

MessiasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt