3 - Der Fremde

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Je weiter ich mich von dem Geschehen mit Farin entfernte, desto zerschlagener wurde ich.
Ich schlief nicht und hielt mich in Bewegung. Erst als die Sonne aufging und ich wusste, dass ich nicht mehr lange durchhalten würde, sah ich mich um für eine kurze Rast.
Ein Schwindel ergriff mich und ich tat es ab als die Ursache von mangelnder Nahrung und Erschöpfung.
Kurz stoppte ich und kniff die Augen zusammen, bis ich nicht weit entfernt hinter dem Gestrüpp etwas weißes aufblitzen sah.
Schwankend machte ich mich auf den Weg dorthin und beim genauen Hinsehen erkannte ich, dass es sich um eine Ruine handeln musste. Erleichtert holte ich Atem und versuchte meinen Körper sich dorthin zu schleppen, was mit mit jedem Schritt immer schwerer fiel.
Wie in Trance nahm ich wahr, wie ich mich in die Ruine hinein warf und erleichtert feststellte, dass der Boden aus weißem Stein bestand. Ich setzte mich auf einen Treppenabsatz, der hinauf zu einem Podest führte und streifte meine Jacke ab. Achtlos warf ich sie auf den Boden und riss am Ärmel meiner Tunika, um meine Wunde zu Gesicht zu bekommen.
Als ich meine Wunde sah hätte ich fast meinen gesamten restlichen Mageninhalt verloren. Mein Arm war gerötet und aus meiner Wunde quoll Eiter raus. Zu viel für eine normale Entzündung und zu schnell. Die Verletzung hatte ich mir erst vor wenigen Stunden zugezogen.
Der Dolch, den Farin warf, hatte mich nur gestriffen. Es war unmöglich, dass es hätte so schlimm sein können.
Er musste die Klinge vergiftet haben.
Anders hätte ich es mir nicht erklären können und um ehrlich zu sein, hätte es mich nicht wundern sollen.
Farin Balzera. Reue hätte es sein müssen, dass mich plagen müsste. Was ich ihm angetan hatte war unverzeihlich. Und obwohl er anderen viel schlimmeres angetan hatte, besonders seiner Frau Ivett, wünschte ich, ich würde Reue empfinden.
Zu was machte mich das, Zufriedenheit zu spüren?
Ich weiß nicht ob es an dem Gift lag oder am Schlafmangel, doch meine Sicht verschwamm und ich schwelgte in Erinnerung an die Zeit am Hof.

Leise schlich ich durch die Schlossgänge, um mir ein weiteres Buch aus der Bibliothek zu holen.
Mit meinen 11 Jahren war der einzige Trost in meinem Leben mich in Geschichten zu versinken, um meine zu vergessen.
Auf dem Weg lief ich an einer offenen Tür entlang und blieb stehen, als ich Stimmen hörte. Er brüllte. Ich hatte angst vor diesem Mann mit den blonden Haaren und den schwarzen Augen. Erleichtert stellte ich fest, dass noch kein Blut an ihm klebte. Ich schielte weiter hinein und erkannte Ivett. Sie schluchzte und lag zusammengekrümmt auf dem Boden. Wut stieg in mir hoch. Ich mochte sie und geriet in Verzweiflung sie so zu sehen.
Mir war bewusst ich sollte zurück in mein Zimmer, bevor Farin mich entdeckte.
Doch ich konnte nicht. Er Zog an Ivetts Haaren und brüllte voller Zorn sie solle nie wieder Blumen an das Bett stellen. Blumen. Um einfache Blumen ging es, schoss es mir durch den Kopf. Bevor er die Vase auf sie schleudern konnte rannte ich in das Zimmer und schlug mit meinem Buch zu.
Überrascht drehte er sich um und grinste. Er grinste bevor er mir meinen Arm brach.
Ich musste versprechen zu Lügen, sonst hätte es Ivett noch schlimmer erwischt.
Tagelang verschanzte ich mich in meinem Zimmer und verfluchte mich selbst dafür, dass ich Ivett nicht helfen konnte.

Jemand schüttelte mich. Benommen sah ich in honigbraune Augen und erschrak darüber, dass mein Körper so steif war. Mir wurde bewusst ich würde sterben und einzig allein die kleine Hoffnung dieser Fremde mit den honigbraunen Augen hätte keine bösen Absichten, brachte mich zum sprechen.
>>Gift. Mein Arm.<< presste ich hervor und versank wieder in eine endlose Tiefe.

Ich schrak hoch und sah um mich. Noch immer war ich in der Ruine, doch dieses Mal lag ich auf weichem Fell.
>>Deine Wunde ist geheilt. Keine Fragen darüber. Hier iss.<< Er reichte mir eine Schale mit heißer Brühe und ich nahm sie dankbar an. Binnen weniger Augenblicke war sie leer.
Neugierig schielte ich zu ihm rüber und beobachtete ihn, wie er seine Brühe mit einer intensiven Ruhe aß. Seine Augen waren hinter dichten Wimpern verborgen und seine Haare waren hell. Fast weiß und so kurz, wie sie es Krieger trugen. Sein Kinn war stark ausgeprägt.
Faszination breitete sich in mir aus und als sein Blick meinen traf schaute ich nicht weg.
>>Von wo hast du die Wunde?<< fragte er ausdruckslos.
>>Kann ich nicht sagen.<< erwiderte ich und erschauderte über meine raue Stimme. Er warf mir einen Lederschlauch entgegen. >>Trink.<<
Ich bedankte mich und stellte erleichtert fest, dass es Wasser war statt Wein.
>>Du brauchst mir nichts erzählen. Weder ich verrate dir etwas über mich, noch du über dich. Dann wird das ganze Angenehmer.<< Verwirrt sah ich ihn an. Erleichterung packte mich im nächsten Moment, dass wir wohl darin einer Meinung waren, obwohl ich durchaus neugierig war, um wen es sich vor mir handelte.
>>Ein Dorf sollte hier in der Nähe sein, doch ich habe die Orientierung verloren. Weißt du vielleicht, wie ich schnellstmöglich dahin komme?<< fragte ich. Er sah mich verwirrt an. >>Das niedergebrannte?<< fragte er.
Verirrung breitete sich in mir aus. Meinten wir das selbe Dorf?
Bevor ich reagieren konnte ergriff er das Wort.
>>Dieses Dorf existiert seit Jahren nicht mehr. Es weigerte sich irgendeinem Reich zu gehören und die Gefahr sie könnten den jeweiligen Feind beherbergen war der Grund es zu vernichten.<< sagte er und ich könnte schwören, dass etwas Verachtung in seinen Worten steckte.
Langsam wurde mir meine Lage bewusst und wie aussichtslos diese schien.
>>Man kann dir alles aus deinem Gesicht ablesen. Hör auf zu verzweifeln. Es gibt andere Orte. Nicht bekannte Orte. Ich helfe dir, wenn du mir eine Sache versprichst.<<
>>Die wäre?<< fragte ich verwirrt.
>>Betrete nie wieder diese Ruine und sage niemandem, dass es sie gibt.<<
Mit diesen Worten packte er seine Sachen zusammen und zwang mich es ihm gleichzutun.
Wir verließen die Ruine und plötzliches Misstrauen plagte mich.
Was war es, dass es so einfach machte. Niemand auf dieser Welt half einem bereitwillig. Was war ihm hier so wichtig, dass er einer Fremden half mit Geheimnissen, die sie nicht preisgeben wollte.
>>Es wird eine lange Reise, also beeil dich.<< riss er mich aus meinen Gedanken. Ich holte auf und lief hinter ihm her. Mein Blick auf seinen Rücken geheftet verprach ich mir vorsichtig zu sein. Er wirkte nicht wie jemand, dem man Blind vertrauen konnte.
Einzig allein meine Aussichtslosigkeit trieb mich dazu ihm zu folgen und still zu akzeptieren, dass weder ich noch er seine Geheimnisse preisgeben würden.

Kaleana & Tarven - Das SternenreichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt