31 - Qualen der Erde

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Seit einer Woche trainierte Tarven schon mit mir und die Freude darüber so schnell Resultate zu sehen erfüllte mich.
Heute sollte es nicht anders sein.
Wir waren wieder tief im Wald, weit genug entfernt von der Stadt.
Tarvens Dunkelheit tanzte um uns, während mein bunt leuchtendes Licht es umschlang.
>>Du musst etwas wissen<< brach er meine Konzentration.
Irritert sah ich zu ihm und wartete ab.
Er zog seine Dunkelheit zurück und ich tat es ihm gleich.
>>Ich wollte es dir noch nicht sagen, weil ich sicher gehen musste, ob diese Frau recht hat.<< begann er zu erzählen.
>>Was genau?<< fragte ich ihn nun und ging auf ihn zu.
>>Ein Seelenband kann sehr stark sein. Das weißt du bestimmt aus Erzählungen. Manchmal, da funktionieren die Paare so gut zusammen, dass sie sich auf eine Weise verbinden können. Das heißt, dass wir unsere Magie vereinen könnten.
Zuerst dachte ich, deine Magie wäre nicht gut gesinnt gegenüber meiner.
Aber jetzt merke ich, dass es Vertrauen brauchte. Die letzte Woche hat bewiesen, dass sie im Zusammenspiel funktionieren.<< erklärte er mir.
>>Bedeutet das, dass wir zusammen dann stark genug wären um...<< beendete ich den Satz nicht.
Er kam einige Schritte auf mich zu und nahm meine Hand in seine.
>>Es wären unermässliche Kräfte. Das würde aber auch bedeuten, dass egal was dem anderen passiert in dieser Situation, es auch den anderen treffen würde. Wir wären gleichzeitig sehr verwundbar.<< gestand er.
Ich nickte zum Verständnis.
>>Es könnte im entscheidenden Moment aber auch eine Rettung sein.
Versuchen wir es?<< fragte ich.
>>Hätte ich es dir denn sonst erzählt?<< sagte er und schnippte gegen meine Stirn.
Ich verdrehte die Augen und wartete geduldig.
>>Da ich es selber noch nie gemacht habe, ist das Neuland, selbst für mich.
Aber ich denke es wäre leicht, wenn wir uns fallen lassen. Einander Vertrauen schenken. Unsere Magie davon überzeugen, dass der jeweils andere ein Teil davon ist.<< spekulierte er und nahm meine Hände in seine.
Ich umschmeichelte meine Magie und versuchte sie in Tarvens Richtung zu lenken.
Während seine Dunkelheit mich umschlang, tat mein Licht es ihm gleich.
Es war, als würde ich Tarven neu erforschen. Ich spürte ihn durch das Licht. Mit geschlossenen Augen tastete ich mich vor und suchte nach dem Kern von ihm.
Es fühlte sich für einen Moment an, als würde ich meinen Körper verlassen.
Für einen Moment war es, als wären Tarven und ich eins.
Als ich die Augen öffnete sah ich, wie wir umschlungen von Licht und Dunkelheit waren. Es war wunderschön.
Tarven schien genauso fasziniert zu sein wie ich, als er mir in die Augen sah.
Langsam beugte er sich vor und legte seine Lippen fordernd auf meinen Mund. Er drückte mich fest an sich, während das Zusammenspiel um uns an Größe zunahm.
Ohne es bewusst zu steuern drang unsere Magie mit einer plötzlichen Gewalt in den Boden und erschütterte die Bäume.
Tarven und ich keuchten auf, als sie sich in die Erde versenkte und verteilte.
Es dehnte sich mit einer rasenden Geschwindigkeit aus.
Wir waren zu unachtsam schoss es mir durch den Kopf.
Als ich dachte es wäre vorbei, zogen zerreißende Gefühle durch mich hindurch und zerissen mich innerlich.
Zum Schutz für Tarven, durchbrach ich die Verbindung und sank auf die Knie.
Ich schrieh auf als die Gefühle mich zu überwältigen drohten. Bilder schwirrten durch meinen Kopf, während ich meine Nägel in Tarvens Arme grub.
Meine Sicht verschwamm und ich sah Bilder, die mir nicht gehörten.
Schwarze Erde. Tote Erde.
Mit einem mal wusste ich, dass es die Verbindung zur Erde war. Sie weinte.
Flehte um Hilfe indem sie mir zeigte, was geschah.
Ein abgrenzender Teil, an den Toren des Sonnenreiches, war schwarz.
Und inmitten dieser Schwärze spürte ich sie. Kalt und grausam spürte ich die Herzen und erschrak darüber, wie verändert sie waren.
Ich konnte kaum hindurchdringen.
Ich spürte ein Schütteln weit entfernt und zwang mich dennoch hier zu bleiben. Mir anzusehen, was die Erde mir zeigen wollte.
Aus einem merkwürdigen Impuls aus drängte ich die Schwärze beiseite und ignorierte den Schmerz, der sich meine Wirbelsäule entlangbahnte.
Und als würde mich die Erde vor mir selbst schützen, drängte sie mich zurück. Vorsichtig und behutsam wurde ich zurückgerissen.
Mit einem mal konnte ich wieder Tarven erkennen, der mich sofort in eine Umarmung zog.
>>Geht es dir gut?<< fragte er in mein Ohr.
Ich nickte und schüttelte dann wieder den Kopf.
>>Tarven. Da war so viel Schwärze. Es war ein toter Fleck, aus dem Leben ausgesaugt wurde. Sie leidet. Unser Kontinent leidet enorme Qualen.
Und...und ich glaube ich habe diese Wesen gespürt. Aber diesesmal waren sie anders. Tarven ich konnte kaum vordringen.<< gab ich verzweifelt von mir.
Er holte tief Luft und rieb sich das Gesicht.
>>Konntest du sehen wo?<< fragte er nun ernst.
Ich nickte.
>>Das Sonnenreich. Es war direkt vor den Toren.<< antwortete ich ihm.
>>Komm mit. Für heute ist es genug.<< forderte er auf, mich aufzurichten.
>>Nein<< sagte ich entschlossen.
>>Mir geht es gut und wir dürfen keine Zeit verlieren.<< fügte ich bestimmend hinzu.
>>Du bist hier wortwörtlich zusammengebrochen. Gönn dir eine Pause.<< versuchte er mich zu überzeugen.
Ich schüttelte den Kopf.
>>Wie du wünschst<< erwiderte er und nickte mir zum Zeichen zu, wieder in mich zu greifen.
Die bedrückende Stimmung begleitete uns währenddessen den restlichen Tag, wobei Tarven nicht von meiner Seite wich.
Später im Zimmer hielt ich es nicht mehr aus.
>>Rede mit mir<< bat ich ihn.
>>Wenn ich rede, dann wird es unschön.<< antwortete er mir und zog sich um.
Ich schlang meine Arme von hinten um seinen Oberkörper und ließ nicht los.
Langsam griff ich in mein inneres, um sein inneres zu beruhigen, doch er löste sich ruckartig von mir.
>>Lass das. Es ändert nichts an der Wahrheit. Du kannst sie nicht mit einer Lüge ersticken.<<gab er wütend von sich.
Erschrocken über seine Grobheit, wurde ich nun selbst wütend.
>>Was soll das auf einmal? Was ist nur in dich gefahren?<< fragte ich ihn wutverzerrt.
Er ging auf mich zu, während er auf mich einredete.
>>Jedes mal angst davor zu haben, dass dein Herz nicht mehr schlägt raubt mir den Atem. Daneben zustehen, ohne eine Hilfe zu sein bringt mich in rage.
Nicht einmal heute konnte ich dir helfen, wie soll das auf einem Schlachtfeld aussehen. Sag es mir. Wie soll ich in einer Welt leben, in der du nicht mehr bist.
Ich habe angst verdammt, jeden Moment meines beschissenen Daseins. Ich bin nicht bereit dich zu opfern, für nichts auf dieser Welt, doch du.
Ich sehe es dir an. Du würdest dein Leben geben und mich alleine lassen.<< warf er mir vor.
>>Du tust so, als würde ich in ein offenes Messer laufen und das freiwillig.<< gab ich enttäuscht von mir.
>>So fühlt es sich nunmal an<< erwiderte er mit belegter Stimme.
>>Tarven bitte.<< versuchte ich ihn zu beruhigen.
>>Nein.<< sagte er mit fester Stimme.
>>Ich finde einen Weg.<< gab er entschlossen von sich und zog sich eine Tunika über.
Als er auf die Tür zusteuerte, stellte ich mich ihm in den Weg.
>>Wohin gehst du?<< fragte ich mit zittriger Stimme.
>>Ich brauche frische Luft<< sagte er nur, schob mich zur Seite und verließ das Zimmer.
Plötzlich fühlte sich der Raum erdrückend und viel zu klein an.
Ich konnte es ihm nicht wirklich verübeln. An seiner Stelle hätte ich genauso angst um ihn. Ich hatte ja jetzt schon angst um ihn.
Den Tränen nahe legte ich mich in sein Bett und versuchte die Leere neben mir zu ignorieren.
Ich wartete die halbe Nacht auf ihn, doch er kam nicht, sodass ich irgendwann in einen unruhigen Schlaf glitt und von Albträumen geplagt wurde.

Kaleana & Tarven - Das SternenreichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt