32 - Casper

554 55 3
                                    

Ich erwachte noch vor dem Morgengrauen schweißgebadet. Tarven war noch immer nicht zurückgekehrt und an schlaf war nun nicht mehr zu denken.
Benommen wand ich mich aus dem Bett und zog mir meinen Morgenmantel über, ehe ich ins Bad eilte und mich übergab.
Die Strapazen setzten mir mehr zu, als mir bewusst war. Ich wusch mich schnell mit einem Lappen, um mich von dem Schweiß zu befreien.
Als ich das Badezimmer verließ, war ich drauf und dran das Zimmer zu verlassen, um Tarven zu suchen.
Im Schloss planlos umher zu wandern hätte aber auch wenig Sinn gehabt.
Ich könnte es mit meiner Magie versuchen, doch das Schrecken von gestern jagte mir noch durch die Wirbelsäule und ohne jemanden in der Nähe zu haben, der mich zurückhalten könnte bei einem Kontrollverlust...ich wusste nicht, ob das schlau wäre.
Ich entschied mich dazu frische Luft zu schnappen, denn in diesem Zimmer ohne Tarven hielt ich es nicht länger aus.
Ich zog mir eines der Kleider mit langen Ärmeln an, dass mich vor der kühlen Herbstluft schützte und griff entschlossen nach meinem Mantel.
Meine Haare ließ ich offen über meinen Rücken fallen.
Im Garten angekommen lief ich planlos hindurch. Ich sog die kalte Luft tief in meine Lungen und beobachtete, wie der Himmel heller wurde.
Bald würde die Sonne aufgehen.
Gerade, als ich mich auf die Bank vor den Rosenbäumen setzen wollte, hörte ich keuchenden Atem.
Neugierig folgte ich den Geräuschen und machte auch dumpfe Geräusche aus. Als ich immer weiter nach links lief wurde mir bewusst von wo die Geräusche kamen. Angrenzend an dem Garten war eine kleine Fläche, wo man trainieren konnte.
Ich sah Casper, der mit Boxhieben eine gepolsterte Oberfläche bearbeitete.
Ich räusperte mich, was ihn innehalten ließ.
Überrascht schaute er zu mir.
>>So früh am Morgen schon wach?<< fragte er.
>>Das könnte ich dich auch fragen.<< gab ich zurück und stellte mich an den Rand der geraden Fläche.
>>Konnte nicht schlafen.<<setzte er an.
Ich rang mit mir selbst, ob ich Casper nach Tarven fragen sollte. Damit würde ich bestätigen, dass wir gerade nicht gut gesinnt waren.
Stattdessen fiel mir etwas anderes auf, was ich ihn noch fragen wollte.
>>Was hast du eigentlich damals mit den Prinzen gemacht? Als du ihre Schläfen berührt hast?<< fragte ich neugierig.
>>Ich habe ihre Erinnerungen verändert. Sie ihnen teilweise genommen.<< erklärte er.
Verwundert sah ich ihn an. Ich kannte bis jetzt nur einen, der über diese Art von Magie verfügte. Farin. Es lief mir kalt über den Rücken, als ich an ihn dachte.
>>Es hat ihnen wehgetan.<< bestätigte ich.
Er nickte. >>Sobald es unfreiwillig ist, tut es immer weh. Doch sobald man es selbst will, ist es eher eine Erleichterung.<< ergänzte er und befreite seine Hand von den Bandagen.
>>Wer sollte so etwas freiwillig wollen?<< fragte ich verwirrt.
Sich seine Erinnerungen rauben lassen, oder gar zu ersetzen klang für mich eher nach etwas schrecklichem.
Casper sah mir ernst in die Augen, ehe er sprach. >>Nicht alle Erinnerungen sind schön. Einige von ihnen zerstören einen Tag für Tag.<< gab er mit hohler Stimme von sich.
Ich erschauderte darüber, weil er recht hatte.
>>Warum bist du tatsächlich so früh schon hier und nicht bei Tarven?<< fragte Casper mich nun neugierig. Und für einen Moment leuchteten seine Augen wissend auf.
>>Du musst nicht darüber reden, wenn du nicht willst.<< und packte mit diesen Worten seine Bandagen weg.
Zuerst streubte ich mich dagegen, doch ich wollte mit jemandem reden können. Casper kannte Tarven viel länger als ich und verstand vielleicht seine Reaktion besser.
>>Tarven ist seit gestern Abend weg. Er ist wütend und hat mir vorgeworfen ich würde, wenn es darauf ankommt, mein Leben geben.<< beichtete ich geradeheraus.
>>Und. Würdest du?<< fragte Casper nun ernst.
Einen Moment lang überlegte ich und wusste tatsächlich keine Antwort darauf. Bis vor kurzem hatte mir die Tatsache mit der Unsterblichkeit angst gemacht. Ich wollte nie so lange leben.
Und ich wusste, dass das Leiden der Erde mich unglaublich mitnahm. Zu spüren was sie spürte war so, als wäre ich es die leidet.
Doch ich wollte nicht sterben. Ich wollte ein Leben mit Tarven. Ein Unsterbliches Leben, weil ich noch so viel Zeit mit ihm haben wollte.
>>Ich habe es nicht vor. Ich will es nicht.<< sagte ich und fühlte mich plötzlich so unglaublich taub.
>>Er hat schon einmal jemanden verloren. Das weißt du. Und dieser jemand war nicht seine Seelengefährtin und trotz allem, war es wohl der größte Schmerz für ihn. Er hat es nie mit uns geteilt, doch er vergisst manchmal, dass einige von uns diesen Schmerz kennen. Und Kalea. Ich habe meine Seelengefährtin verloren und weiß drum, warum Tarven sich so verhält.<< gestand er ausdruckslos.
Erschrocken sog ich Luft in meine Lungen und verglich den fröhlichen frechen Mann, mit jenem der nun vor mir stand. >>Es tut mir Leid.<< sagte ich nur, woraufhin er seinen Kopf schüttelte.
>>Ein Teil von mir ist zerbrochen und wird nie heilen. Egal was du auch tun magst, beziehe ihn ein. Ich kenne ihn und ich weiß ich werde meinen Freund verlieren, wenn dein Herz still steht.<< offenbarte er seine Gedanken.
Ich stand nur still da, unfähig noch etwas zu erwidern.

Kaleana & Tarven - Das SternenreichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt