42 - Aufbruch

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Als die Pferde gesattelt wurden und unsere Vorräte gepackt waren, ritten wir los. Doren, Dimja sowie Casper ritten gemeinsam mit Tarven, Ather und mir vorne. Die anderen 20 frewililligen Sternenkrieger bildeten unsere Nachhut.
Daher, dass wir zu viele waren, konnten wir nicht durch den Wind direkt zum Sonnenreich. Zumal wir sowieso an der Grenze alleine nicht mehr weit kämen.
Aus diesem Grund nahmen wir nun diese Reise auf uns, um dem ganzen Schrecken ein Ende zu machen.
Lange genug hatte mein Vater seine Ränke geschmiedet und Leid auf diesen Kontinent gebracht, bis er nun selbst davon niedergestreckt wurde.
Die Erde flüsterte mir zu, dass sich die Lage für ihn immer mehr verschärfte. Es wäre nicht auszuschließen, dass er sterben könnte bevor wir ankamen.
Es wäre zum Teil eine Erleichterung dachte ich. Eine Erleichterung, weil ich ihm nicht gegenüber treten müsste, denn so groß mein Zorn auch war. Ich hatte angst davor mich zu verlieren sobald ich mich rächen würde.
Sobald sein Blut meine Hände benetzen würde und der Beweis, dass es bei weitem nicht genug war für das ganze Leid, welches er herbeigeführt hatte...ich wusste es würde meine Wut nicht stillen.
Schwieriger würde es sein meiner Mutter zu begegnen.
Ich hatte nie die Gelegenheit sie kennenzulernen und wusste noch nicht einmal, wie sie aussah. Nur durch die Erzählungen von Sarane und meiner Amme Orubina wusste ich, dass das Volk viel von ihr hielt.
Nach den Erzählungen war sie eine gerechte Frau, wunderschön mit einem großen Herzen.
Es versetzte mir einen Stich, dass ich statt dieser Frau jemand anderes vor mir sehen werde. Eine leere Hülle von Dunkelheit zerfressen. Eine Hülle, die ihr noch ähnelte, aber auch nicht mehr.
Würde es mir gelingen auch sie zu befreien, so wie ich es bei den anderen Fae geschafft hatte? Könnte ich meine Mutter vielleicht retten und sie kennenlernen?
Ich wollte mir keine Hoffnung machen, denn sie war so gering wie ein Staubkorn in der Sandwüste, doch trotzdem wollte ein Teil von mir diese Hoffnung nicht loslassen.
>>Lass uns eine Rast machen<< holte mich Tarven aus meinen Gedanken.
Ich nickte nur und brachte es nicht über mich einen Ton zu sagen. Zuerst musste ich all meine Gedanken in meinem inneren verschließen.
Ich war aufgefühlt und musste immer wieder meine vom kalten Schweiß bedeckten Hände an meiner Hose abwischen.
Meine gesamte Haltung wirkte verkrampft und mein Gesicht ausdruckslos. Ich wusste es, ohne in den Spiegel zu sehen.
Nachdem ich beim Lager aufbauen geholfen hatte, entschuldigte ich mich damit Holz zu sammeln für das Feuer. Den Protest der Männer erstickte ich im Keim.
Schwere Schritte hallten nach einer Weile hinter mir und brachten kleine Zweige auf dem Boden zum brechen.
Gerade wollte ich Tarven zurecht weisen, dass er mir nicht wie ein Beschützer hinterherlaufen musste, als ich in der Bewegung innehielt.
Ather musterte mich stillschweigend.
Starr stand er wie eine Statue da.
>>Was ist los?<< flüsterte ich und spürte wie sich misstrauen in mir ausbreitete, als meine Magie nach ihm zu tasten schien.
>>Ather?<< fragte ich wieder und stellte mit entsetzen fest, wie weit ich mich vom Lager entfernt hatte.
Bei dem Versuch meine Magie nach Tarven auszuschicken, zuckte ich zusammen. Irgendwas stimmte nicht.
>>Es tut mir Leid. Ich habe versucht dagegen anzukämpfen...er...dein Bruder...er. Er hat irgendwas mit meinem Kopf gemacht.<<
>>T-...<< wollte ich gerade brüllen, als sich auch schon eine schwielige Hand um meinen Mund schloss.
>>Hallo Schwesterherz.<< hörte ich meinen Bruder in mein Ohr flüstern.
Ehe mich Schwärze umhüllte.
Mein letzter Gedanke galt Tarven, bevor ich mein Bewusstsein verlor.

Benommen schlug ich meine Augen auf und versuchte mich an das grelle Licht zu gewöhnen. Zuerst fühlte ich mich Orientierungslos, doch nach einigen Sekunden schoss mir der Vorfall im Wald in den Kopf.
Krampfhaft versuchte ich meine Atmung zu kontrollieren und einen Blick auf den Ort zu erhaschen, an dem ich nun war.
Weiße sterile Wände, ein Tisch mit etlichen Utensilien und Flüssigkeiten.
Mein Blick schweifte zu meinen rauen Handgelenken. Ich saß an einen Stuhl gefesselt und musste kläglicherweise feststellen, dass es Magieeindämmende Seile waren.
Schattenkraut. Nicht so stark wie die glühenden blauen Seile, die damals bei Tarven verwendet wurden, aber trotzdem effektiv genug, um meine Magie nutzlos zu machen.
Trotzdem versuchte ich daran zu zerren, doch erreichte damit nur, dass meine Handgelenke aufgeschürft wurden.
Eine Tür wurde aufgestoßen und ließ meine Wut entflammen.
>>DU<< knurrte ich und verfolgte jeden Schritt meines Bruders.
>>Da sieht man sich wieder Schwesterchen. Ich bin echt beeindruckt. Nein wirklich. Beinahe hättest du es geschafft, doch dein Herz war zu weich. Dir sollte klar sein, warum Frauen keine Herrscher sind. Glaub mir, dein Sternenkönig denkt sicher auch so.<< spottete Kyran und grinste über beide Ohren.
>>Du bist verrückt wenn du glaubst, dieses Reich hätte so eine Zukunft. Du wirst es zugrunde führen genau wie Vater!<< warf ich ihm vor und zerrte noch weiter an den Fesseln.
>>Vergleich mich nicht mit ihm. Er hat den Fehler gemacht zu glauben, dass Mutter die richtige Wahl wäre und du nur ein Bruchteil der Magie hattest. Weißt du eigentlich, dass du es ihr zu verdanken hast, dass er nicht dich benutzt hat für seine Kreaturen?<< offenbarte er mir, während er sich mit einem triumphierenden Lächeln gegen die Tischplatte lehnte.
>>Was meinst du damit?<< fragte ich verwirrt.
Dass er nicht antwortete und mich musterte machte mich rasend.
>>Kyran. WAS ZUM TEUFEL MEINST DU DAMIT?!<<Schrie ich nun.
Missbilligend kam er auf mich zu und hockte sich vor mich.
>>Mutter hat deine Augen verändert. Sie hat die Magie in dir unterdrückt.
Ihr hast du es zu verdanken, dass Vater dachte du wärst schwach. Doch ich kleine Schwester. Ich habe alles gesehen, als ich Mutters Gehirn auseinandernahm und veränderte.
Ich habe gesehen, was sie all die Jahre vor dieser Welt verborgen hielt.
Die perfekte Waffe und ich werde derjenige sein, der sie führt.<< beendete er seine Vorstellung und griff mit mit beiden Händen an meine Schläfen.
Entzetzen breitete sich in mir aus und wurde abgelöst von einem Schmerz.
Mein Kopf fühlte sich an als würde es in Flammen aufgehen und die Erkenntnis, dass Kyran nach meinen Erinnerungen griff versetzte mich in Panik.
Ich würde so enden wie sie. Ich würde das gleiche Schicksal erleiden wie meine Mutter und wenn Kilian recht behielt, dann könnte ihn niemand mehr aufhalten.

Kaleana & Tarven - Das SternenreichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt