37 - innerer Frieden

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Ather war erschöpft von der langen Reise und gleichzeitig konnte ich ihm ansehen, dass er Zeit für sich brauchen würde, um Trauern zu können.
Aus diesem Grund ließ ich ihn im Gästezimmer zurück und erlaubte Tarven mich, mit seiner Hand an meinem Rücken, in unser Zimmer zu dirigieren.
Wie eine Puppe ließ ich ihn gewähren, als er mir die Decke abnahm und mich ins Bett legte.
Er deckte mich liebevoll zu und hockte sich neben den Rand, um mir in die Augen zu sehen, anstatt sich neben mich zu legen.
Behutsam streichelte er mein Gesicht.
Ich wollte nicht weinen. Ich wollte stark bleiben, doch seine Finger auf meiner Haut lösten den Damm in mir.
Zuerst kullerten nur einzelne stille Tränen über meine Wange, doch als er sie behutsam weg küsste, brach der letzte rest an Selbstbeherrschung.
Tarven legte sich zu mir und zog mich in seine Arme, während mein Körper an seinem bebte und mein Schluchzen den Raum füllte.
Er bettete sein Kinn an meinen Kopf, während er über meinen Rücken strich.
Wir redeten nicht, denn das war nicht nötig. Er kannte diesen Schmerz und demzufolge auch, dass mir im Moment nichts helfen könnte.
Ich musste Weinen, diesen Damm durchbrechen, egal wie weh es tat.
Irgendwann schlief ich mit verquollenen Augen ein, während Tarvens Hand noch immer über meinen Rücken entlangfuhr.

Als ich die Augen am nächsten Morgen aufschlug, fragte ich mich für einen Moment, warum ich mich so elend fühlte, ehe mir die Ereignisse der letzten Nacht, wieder in den Sinn kamen.
>>Guten Morgen<< machte mich Tarven auf sich aufmerksam und setzte sich bereits angezogen neben mich auf das Bett.
>>Guten Morgen<< antwortete ich und war schockiert darüber, wie heiser meine Stimme klang.
Er reichte mir ein Glas mit Wasser, welches ich dankbar entgegennahm und im vollen zug austrank.
>>Wie geht es dir?<< fragte er mich besorgt, woraufhin ich meinen Kopf schütteln musste.
>>Ich fühle mich taub. Es erscheint mir alles so surreal und ich weiß nicht, wie ich mit allem umgehen soll. << antwortete ich ihm wahrheitsgemäß und griff nach meinem Morgenmantel, um ins Bad zu huschen.
Er folgte mir und blieb an der Tür stehen.
>>Wenn du möchtest, kannst du mit Ather erstmal alleine Zeit verbringen. Vielleicht wäre es gut für euch beide, wenn ihr erstmal über alles reden könnt. Allein.<< schlug Tarven vor.
Ich nickte nur und ließ zu, dass er mich nochmals in den Arm nahm.
Nachdem er das Zimmer verlassen hatte, machte ich mich daran mich fertig zu machen.
Es fühlte sich falsch an etwas Farbiges zu tragen, weshalb ich nach dem schwarzen Kleid griff. Die Ärmel waren bis zu meinen Ellenbogen und saß eng bis zur Taillie. Es fiel ansonsten leicht auf den Boden und war an der Brust bestickt mit schwarzen Perlen.
Es hatte einen ovalen Ausschnitt und einen matten Stoff.
Meine Haare ließ ich offen und trug weder Schmuck noch Spangen.
Fertig angezogen, machte ich mich auf den Weg in Athers Zimmer, doch dort angekommen, war er nicht vorzufinden.
Auf der Suche nach ihm, durchsuchte ich das schloss und fand ihn schließlich im Garten.
Er saß auf einer Bank und schaute zur Trauerweide, selbst dann, als ich mich neben ihn setzte.
>>Es fühlt sich falsch an<< begann er zu sprechen.
>>Vor einer Woche noch, hatte ich mich von ihr verabschiedet. Jetzt...naja.<< beendete er den Satz.
Ich legte meine Hand auf seine und drückte sie leicht.
>>Ich fühle genauso.<< bestätigte ich und nahm wieder meine Hand weg.
Eine Weile saßen wir still nebeneinander, genossen die Stille und gleichzeitig die Tatsache, dass wir nicht alleine waren mit der Trauer.
>>Du stehst dem König nahe.<< stellte er fest und richtete seinen Blick prüfend auf mich.
Ich schluckte.
>>Ich Liebe ihn<< bestätigte ich und war erleichtert, als seine Mundwinkel nach oben schossen.
>>Du bist wie mein eigenes Kind, das weißt du und neben all diesem Schmerz bin ich froh, dass du jemanden gefunden hast. Du warst viel zu lange unglücklich.<< fügte er hinzu.
Ich fiel ihm abrubt um den Hals.
>>Ich habe dich vermisst und bin unglaublich froh, dass du hier bist.<< gestand ich ihm. Er erwiderte die Umarmung.
>>Erzähl mir alles.<< bat er mich, was ich auch tat.
Wir sprachen Stunden und beschlossen irgendwann reinzugehen, als es zu kalt wurde.
Im Salon saßen wir vor dem Kamin und verspeisten unser verspätetes Frühstück.
Ich hatte ihm von meiner Flucht, bis zu meinem Training mit Tarven alles erzählt.
Selbst die Ereignisse mit der Frau aus dem Stab, was ihn unglaublich verblüffte.
Widersprüchliche Gefühle waren in seinem Blick abzulesen, dabei war, von Sorge bis zur Freude, alles dabei.

Es war schon Abend, als Tarven in schwarz gekleidet in das Salon kam.
Ather stand auf, während ich zu meinem Seelengefährtin sah.
>>Sir, wenn es keine Umstände macht, würde ich Sie und Kalea darum bitten, mir nach draußen zu folgen.<< verkündete Tarven etwas nervös.
Ather nickte, ehe ich mich erhob und wir Tarven in den Garten folgten.
Dort angekommen, standen Casper, Dimja, Doren und Zane vor weißen Laternen.
Verwirrt wartete ich auf eine Erklärung, die wenig später kam.
>>Unser Leben ist geprägt durch die Unsterblichkeit und doch können wir manchmal nicht verhindern, dass uns der Tod holt. Ihr habt eure Familie verloren und mir ist klar geworden, dass ihr sie nicht verabschieden könnt. Nicht so, wie ihr es wollen würdet. Doch wir im Sternenreich haben einen Brauch.
Für jeden Verlust, den man erleidet, zünden wir hier eine fliegende Laterne an.
Und bevor wir sie in den Himmel aufsteigen lassen, durchleben wir die Erinnerungen und veruchen irgendwie Frieden zu finden.
Ich dachte, dass euch eine Art Verabschiedung wichtig sein könnte.<< beendete Tarven seine Gedanken.
Alle schwiegen und warteten auf eine Reaktion unsererseits.
>>Ich danke dir. Dafür, dass du auf sie aufgepasst hast und auch dafür, dass du versuchst uns Frieden zu schaffen.<< antwortete Ather, statt meiner und klopfte Tarven auf die Schulter.
Mein Herz wurde warm, als ich den Stolz in Ather und die Freude in Tarven spürte.
Ich ging auf Tarven zu und schlang meine Arme um ihn.
>>Danke<< flüsterte ich und nahm ihm die Laterne aus der Hand, die er mir reichte.
Wir alle zündeten sie an, ohne zu reden. Dabei verhaarten wir eine Weile, ehe Tarven die stille brach.
>>Mögen sie alle, an einem besseren Ort, Frieden finden.<< setzte er an und ließ die Laterne aufsteigen.
Wir alle taten es ihm gleich und sahen zu, wie das Leuchten immer kleiner wurde, je höher die Laternen stiegen.
Wir standen noch lange dort, selbst dann, als kein Licht mehr am Horizont zu sehen war.

Kaleana & Tarven - Das SternenreichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt