36 - Trauer

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Ein sog zog mich durch die Schlossmauern und erst spät bemerkte ich, dass es nicht das Sternenreich war.
Ich glitt in einen Thronsaal und besah mir die Decke. Die Geschichte des Sonnenreiches war darauf abgebildet und mir schoss unaufhaltsam eine Erinnerung durch den Kopf, wie ich Stunden damit verbrachte, es mir anzusehen.
Der Raum war hell erleuchtet und die zuvor friedliche Stimmung, schlug um.
Mein Vater saß auf seinem Thron und winkte jemandem hinter mir zu.
Die schweren Türen öffneten sich und mit entsetzen sah ich zu, wie zwei Gestalten in den Saal geführt wurden.
Orubina und Sarane. Sie sahen furchtbar ausgezerrt aus.
>>Wo ist Ather Dagaan?<< fragte der König mit scharfem Ton.
>>Geflohen. Jemand hat ihn gewarnt, doch wir sind ihm auf den Fersen.<< antwortete Duarne Mendan, der treue Berater meines Vaters.
Mein Vater schnalzte mit seiner Zunge.
>>Setzt meine Söhne auf ihn an. Ich habe keine Nerven für weiteres Versagen in diesem Schloss.<< schimpfte der König und fixierte die beiden Frauen vor seinen Füßen.
>>Ihr seid zum Tode verurteilt, weil ihr Kaleana Weraven bei ihren Vorhaben unterstützt habt. Gibt es noch etwas, was ihr zu eurer Verteidigung zu sagen habt?<< fragte er, doch seine Augen sprachen Bände. Nichts auf der Welt würde ihn daran hindern, die beiden Frauen vor seinen Füßen hinzurichten.
>>Sie wird kommen. Die Schwärze wird die Sonne verschlingen und blutgetränktes Land hinterlassen. Sie wird kriechen und alles mitreißen, bis die Welt erneut vom Licht gereinigt wird.<< kam es aus meiner Ammme Orubina rausgeschossen.
Der König beugte sich wutverzerrt nach vorne.
>>Eine Lüge<< brüllte er ihr entgegen.
Sarane schüttelte den Kopf und sah für einen Augenblick zu Orubina.
>>Der Tod wird euch holen. Es gibt keinen Ausweg, egal was ihr tut. Die Profezeihung hat sich bereits erfüllt.<< stellte sie ihm entgegen.
>>Nun gut, dass ihr es nie erfahren werdet<< knurrte er und zog sein Schwert.
Ich schrieh auf und versuchte sie zu erreichen, doch es ging nicht. Meine Füße schienen festgewachsen mit dem Boden.
Und so war ich gezwungen zuzusehen, wie mein Vater den beiden Frauen, die mich großgezogen haben, die Köpfe abschlug.
Ich schrieh, brüllte die Trauer aus meinem Leib und wurde mit einer Heftigkeit in die Gegenwart zurückgeschleudert.

Mein eigener Schrei und die verzweifelten Worte von Tarven ließen mich erwachen.
Abrubt klammerte ich mich an ihm fest, während im nächsten Moment ein atemloser Casper hineinstürmte.
Schwer atment versuchte ich mich zu beruhigen, während Tarven aufsprang.
>>Ich hoffe du hast einen triftigen Grund einfach hineinzuplatzen.<< forderte ihn Tarven mit noch immer besorgter Stimme auf.
>>Da ist ein Mann. Verwundet und er bahauptet er kenne Kalea. Er sprach davon sie sofort sehen zu müssen.<< erklärte Casper atemlos.
>>Wer?<< fragte Tarven, doch da war ich bereits aufgesprungen.
>>Wo?<< fragte ich Casper bestimmend.
>>Draußen. Am Eingang. Aber...<< setzte Casper an, doch ich ließ ihm keine Zeit mehr.
Mit nichts als meinem Nachthemd rannte ich hinunter und nahm die Schritte von Casper und Tarven hinter mir wahr.
Ich spürte hitze in meinen Beinen aufsteigen und wie mein Tempo sich steigerte. Frustriert rannte ich hinaus zu den Toren und schubste die Wache beiseite, die sich mir in den Weg stellen wollte.
Er fluchte. Ich hielt abrubt an, als ich die Gestalt vor mir sah.
Tränen rannen mir übers Gesicht und ein Schluchzen, als ich mich in die Arme von Ather Dagaan warf. Ich weinte wegen der Erkenntnis.
Es war kein Traum.
Ich spürte die Blicke von Tarven, Casper und den Wachen, doch es war mir egal.
>>Sht. Atmen.<< verlangte Ather von mir, wärend er sich genauso verzweifelt an mich klammerte.
>>Sie sind...<< setzte er an.
>>Ich weiß.<< schluchzte ich nun noch stärker.
>>Ich habe es gesehen.<< gestand ich und zog mich widerwillig von ihm, um mir seine Verletzungen anzusehen.
>>Du bist verletzt.<< stellte ich fest und tastete nach seiner Wunde. Ather zuckte zusammen und sah hinter mich.
Ich folgte seinem Blick und sah zu, wie sich Tarven neben mich beugte.
>>Wir sollten ihn zu Zane bringen, findest du nicht? Meine Heilkräfte, wären nicht gut genug.<< holte mich Tarven in die Realität zurück.
Ich nickte benommen und stand mit wackeligen Beinen auf.
>>Casper.<< forderte Tarven ihn auf, woraufhin dieser eine Decke über mich legte und mich stützte.
Tarven stützte Ather und befahl den Wachen, die Tore wieder zu schließen.
Stille Tränen flossen noch immer über meine Wangen. Erst als Zane mit zerzaustem Haar ins Krankenzimmer trat, erwachte ich aus meiner Starre.
Ich löste mich von Caspers Griff und stellte mich neben das Bett, in welchem Ather nun lag.
Behutsam nahm ich seine Hand, während Zane ihn zusammenflickte.
Erleichterung packte mich, als ich sah, dass seine Verletzungen nicht schwerwiegend waren.
>>Ich fühle mich wie ein Feigling.<< brach Ather die stille.
>>Ein Brief erreichte mich außerhalb des Sonnenreiches. Sarane hat einen Boten geschickt. Anders kann es nicht sein.
Sie befahl mir auf direktem Weg zu dir zu kommen. Ich hätte zurück gehen sollen.
Deine Brüder sind gerissen, weißt du das? Sie hätten mich beinahe gehabt, als sie mich mit dem Tod von ihnen beiden aus dem Konzept brachten.
Letztendlich habe ich es deinem ältesten Bruder, Kyran, zu verdanken. Er hat mich ziehen lassen. Er hat die Sonnenkrieger getötet und mich ziehen lassen.
Er bat mich euch eine Nachricht zukommen zu lassen.<<schilderte er uns die Geschehnisse und setzte sich auf, als Zane fertig war.
>>Die wäre?<< fragte Tarven an meiner Stelle.
Athers Blick richtete sich auf mich und drückte meine Hand. Unsicher rang er mit sich.
>>Ather..<< forderte ich ihn nun mit zittriger Stimme auf.
Er holte tief Atem, ehe er mit erschüttertem Blick sprach.
>>Deine Mutter ist am Leben.<<
Ich keuchte auf und stieß mich von ihm weg.
>>Komm nicht auf dumme Gedanken mein Kind.<< befahl er und richtete sich auf.
>>Wir holen sie da raus.<< versprach Tarven, doch das Kopfschütteln von Ather ließ uns alle verwirrt dreinblicken.
>>Dein Bruder befahl sie zu töten. Er sprach von schwarzen Wesen, die von ihr erschaffen wurden. Er sagte, dass sie nun nicht mehr, als eine leere Hülle ist. Er sagt...er sagt, dass sie selbst ein schwarzes Herz besitzt.<< offenbarte er und machte anstalten, sich mir zu nähern.
Alles in mir fiel in sich zusammen, doch ich brach nicht zusammen, wie alle es erwartet hätten.
Stattdessen trocknete ich meine Augen und bog meinen Rücken durch.
Ich holte tief Luft und wägte meine Worte sorgfältig.
>>Er verliert die Kontrolle über sie. Schlagt euch den Gedanken aus dem Kopf, dass wir gegen meinen Vater in den Krieg ziehen.
Sie wird ihn töten und ich...ich werde auf sie warten.
Sie wird Erlösung finden. Durch meine Hand.<< versprach ich laut an mich selbst und in dem Wissen jetzt stark sein zu müssen.
>>Wie kannst du dir so sicher sein?<< fragte mich Zane, während Tarven meine Hand in seine nahm.
Der wissende Blick ruhte von Ather auf unseren verschlungenen Händen.
>>Weil man ein schwarzes Herz nicht bändigen kann.<< setzte ich entschlossen an.

Kaleana & Tarven - Das SternenreichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt