Kapitel 22

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Am nächsten Tag ist es Zeit nach hause zu fahren.
Wir packen unsere Sachen und machen das Apartment einmal komplett sauber.
Dann geht es auf die Straße und zurück nach Outer Banks.
Die Rückfahrt verläuft etwa so wie die Hinfahrt.
Erst telefonierten wir jedoch mit Dav wegen Rafe. Er kennt tatsächlich jemand der uns mit Rafe helfen kann  und wird ihn noch diese Woche her schicken. Erst als das geklärt ist wird die Musik lauter gedreht und die gute Stimmung hält Einzug.
Wir alle spüren wie uns diese 3 Tage zusammengeschweißt hatte. Noch mehr als wir es vorher schon waren und es fühlt sich verdammt gut an mir diesen beiden verrückten Mädchen im Auto zu sitzen und zu lachen, zu reden und zu singen.
So vergeht die Zeit bis wir an dem großen Schild mit der Aufschrift „Willkommen in Outer Banks" vorbei fahren.
Ich bin glücklich wieder hier zusein doch irgendwie auch traurig...
Ich weiß das hier noch einiges an Problemen wartet.
Da wäre die Sache mit Rafe aber auch die Tatsache das Mom und Dad sich endlich aussprachen müssen. Und dann war dann noch was, das ich unbedingt JJ erzählen muss. Ich fühle mich mittlerweile bereit mit ihm über diesen Abschnitt meines Lebens zu sprechen und ich will das heute noch machen...

Wir bringen zuerst Sarah zu John B. , wir bleiben aber nicht lange da. Ich sag nur kurz Dad hallo und dann fahre ich Kie auch schon nach hause wo wir beide uns mit einer festen Umarmung verabschieden.
Dann geht es auch für mich nach hause. Als ich in die Straße einbiege in der unser Haus steht, sehe ich JJ.
Schlagartig fängt meinen Herz an zu rasen und ein Grinsen kommt mir über die Lippen.
Er liegt auf seinem Motorrad, die Arme hinter dem Kopf verschränkt und schaut in die Luft.
Wie kann man selbst beim nichts machen so unglaublich gut aussehen?
Er bemerkt mich nicht bis ich den Truck direkt vor ihm parke. Dann erst schaut er rüber und springt sofort auf, als er realisiert, dass ich es bin.
Ebenso schnell wie er von seinem Motorrad springt kletter ich aus dem Wagen und wir fallen uns stürmisch in die Arme.
Er hebt mich hoch und ich schlinge meine Beine um seinen Körper.
Erst jetzt merke ich wie sehr er mir gefällt hat.
„Ich hab dich vermisst Mia Routledge!" flüstert er mir ins Ohr bevor unsere Lippen zueinander finden.
„Ich dich auch JJ Maybank!" erwidere ich an seinen rauen, leicht nach Gras schmeckende Lippen.
Er hatte gekifft aber es schien eine ganze Weile her zu sein.
Dann lässt er mich wieder runter.
„Warum hast du nicht drinnen auf mich gewartet?"
„Weil ich immer noch keinen Schüssel hab du Dummerchen!" er streicht mir eine Haarsträhne hinters Ohr.
Verdammt ich hab schon wieder vergessen ihm einen zu geben...
„Wo hast du die letzten Nächte geschlafen?" frage ich ihn besorgt. Hatte ich ihn jetzt gezwungen wieder in seinem Elternhaus zu schlafen? Ich weiß doch wie sehr er es hasst dort zu sein...
„Bei John B."
Ein Glück. Ich lehne meinen Kopf gegen seine Brust.
„Tut mir leid..."
Tut es mir wirklich. Ich hätte daran denken müssen...
„Schon verziehen Cupcake!"
Er drückt mich an sich und ich inhaliere seinen Geruch der mir die letzten Tage eben so gefehlt hatte wie seine Berührungen.

Als wir reingehen verschwinde ich direkt nach oben in mein Zimmer mit der Ausrede mir was anders anzieht zu wollen. Das mache ich auch und ziehe mir eine schwarze Jeans Shorts und ein blau-weißes neckholder Top an. Schmeiße dann jedoch aber noch JJ's und meine Zahnbürste, eine Badehose für ihn und einen Bikini für mich, zwei Hoodies von ihm und eine Decke in meinen türkisen Rucksack, bevor ich wieder nach unten gehe. Es war an der Zeit das er seine Entschädigung für das Frühstück bei John B. letztens bekommt.
„Ich hab essen von Haywards mitgebracht." sagt er als ich mit dem Rucksack wieder in die Küche komme. Er mustert mich und ein stummes „wow" fliegt über seine Lippen. Ich tue so als hätte ich es nicht gemerkt aber es bringt mich innerlich zum durchdrehen.
„Das ist gut. Ich hab krassen hunger."
„Wo essen wir? Drinnen oder draußen?"
„Nichts von beiden"
Er schaut mich fragend an doch ich nehme nur seine Hand und zwinkert ihm zu.
„Komm!"
„Wo willst du hin?"
„Wirst du schon sehen, du hast doch noch was gut bei mir. Vertrau mir einfach."
Er verdreht lachend die Augen folgt mir dann aber nach unten zum Steg auf die kleine Pogueland.
Ich schmeiße meinen Rucksack ins Unterdeck, starte den Motor und steuere das Boot raus in den Sumpf in Richtung offenes Meer.
JJ sitzt eine Weile nur neben mir und beobachtet mich lächelnd von der Seite.
Pötzlich springt er jedoch auf, stellt sich hinter mich, legt seine Hände über meine, umgreift somit auch das Steuerrad und dreht es bis anschlag nach links weg.
„Mia pass auf! Da kommt eine Sandbank!" schreit er erschrocken.
Mist ich hatte nicht nach vorne und stattdessen ihn geschaut...
Ich muss lachen obwohl ich das Boot gerade fast in den Sand gesetzt hätte.
„Du kannst mich doch nicht anstarren während du ein Boot steuerst süße!" flüstert er mir lachend ins Ohr. Ich werde rot.
„Tut mir leid..."
„Dir tut es leid das du mich anstarrst?" fragt er ironisch.
„Eigentlich nicht!" gebe ich lachend zu und lehne mich nach hinten gegen seine Brust.
„Hab ich's mir doch gedacht! Ab jetzt steuern wir zusammen!"
Und das machen wir wirklich. Er bleibt hinter mir stehen, mit seinen Händen auf meinen und wir fahren mit entspannter Geschwindigkeit Richtung offenes Meer.
Als JJ bemerkt was ich vorhab wird er leicht nervös.
„Mia was willst du im dunklen da draußen."
Es war mittlerweile dämmrig geworden und die Sonne stand nur noch weniger Metern über dem Horizont.
„Hast du etwa angst?"
„Nein...was nein hab ich nicht!" protestiert er.
„Du hast angst...okay das ist süße..." kichere ich.
„Nein und jetzt sag mir was du da willst!"
Er kneift mich in die Seite und ich schrei kurz lachend auf.
„Lass dich überraschen und vertrau mir einfach."
Er nickt an meiner Schulter, ich spüre aber das er lieber wissen würde was ich vor haben. Aber dann wäre die Überraschung nicht so schön.
Als das Licht der Häuser von der Insel nur noch leicht zu sehen sind mache ich den Motor aus.
„Wirf den Anker raus." sag ich zu JJ.
„Wieso hier ist doch nichts?"
„Jetzt stell nicht so viel Fragen! Mach einfach und lass uns dann essen. Ich sterbe vor Hunger."
Endlich macht er das worum ich ihn gebeten habe. Ich kann ihm aber ansehen wie er die ganze Zeit darüber nachdenken was ich hier will. Aber er wird es noch früh genug erfahren.
Wir setzen uns vorne auf das Boot. Er lehnt sich an Reling und ich platziere mich zwischen seine Beine mit meinem Rücken an seine Brust. So essen wir und ich erzähle ihm glücklich von den letzten Tagen in Charleston.
Als wir fertig sind ist es gerade vollständig dunkel. Perfekt.
„Verrätst du mir jetzt endlich was wir ihr machen?" fragt er und küsst mich.
„Schau mal nach oben." flüstere ich ihm liebevoll zu.
Wir beide richten gleichzeitig unseren Blick Richtung Zenit.
„Das ist wunderschön Mia..."
Er hat recht...über uns erstrahlen hunderte von Sternen vom Zenit bis zum Horizont. Der große und der kleine Wagen, der Polarstern und sogar die Venus kann man sehen.
„Ich weiß..." antworte ich ruhig.
Dann drehe ich mich so das ich ihn anschauen kann und er zieht mich so fest an sich das nicht mal ein Blatt zwischen uns passt.
Er schaut weiter nach oben aber ich kann im schein der Lampe, die neben dem Steuerrad des Bootes brennt erkennen wir ihm eine Träne über seine Wange läuft. Ich wische sie behutsam mit meiner Hand weg.
So hatte ich auch reagiert als Dav mir dieses Schauspiel zum ersten mal gezeigt hat. Ich war damals 12 und hätte bitterlich angefangen zu weinen als ich die ganzen Sterne über mir sah. In diesem Moment kam mir alles so unwirklich und unbedeutend vor. Es gab nur mich und Dav in diesem Moment. Nichts anderes hatte eine Bedeutung. Nichts anderes spielte eine Rolle. Ich vergass alles was mich bedrückt oder mir Angst machte. Es war als wäre die Zeit stehen geblieben. Es war als könnte ich für kurze Zeit allem entfliehen und einfach nur ein kleine unbedeutender Teil des Ganzen sein. Und so war es auch jedes Mal wenn ich wieder von zuhause abgehauen war, aufs Meer raus fuhr und die ganze Nacht in die Sterne schaute.

Jetzt gibt es nur JJ und mich. Zum ersten mal seit Tagen waren wir alleine nur für uns. Ich spüre wie in ihm das Gleiche vorgeht wie in mir als ich zum ersten mal auf diese Weise in den Himmel schaute.
Sein ganzer Körper entspannte sich an meinem.
„Komm wir legen uns hin." sag ich leise und er nickt stumm.
Wir legen uns nebeneinander auf den Boden der Pogueland. Seine Hand umklammert meine und unser Blicke wandern über den Himmel.
Eine beruhigende Stille legt sich über uns beide und man hört nur das Wasser, das ab und zu an die Seiten des Bootes klatscht. Auch mir rollt eine Träne über die Wange. Er ist der Erste dem ich das hier zeige. Nicht mal meiner Mom hatte ich je davon erzählt. Ich hab immer gesagt ich wäre bei einer Freundin oder bin eben nachts abgehauen und sie hat es garnicht mitbekommen.
Das hier war eigentlich immer mein Ding gewesen, das ich nie mit jemandem geteilt habe. Hier fand ich Ruhe und Sicherheit. Doch ich wollte es ihm zeigen, ich wollte hier mit ihm zusammen sein, denn ergibt mir den gleichen Frieden wie die Sterne. Bei ihm kann ich genauso alles vergessen...
„Das ist das Schönste was jemals jemand mit mir gemacht hat." sagt er ruhig und liebevoll.
„Ich hätte nie gedacht, dass ich mal jemanden finde mit dem ich das teilen will..."
„Heißt das, ich bin der Erste dem du das zeigst?"
„Ja...weil du mir das gleiche Gefühl gibst, wie hier draußen zu sein. Die Sterne über mir lassen mich sicher fühlen. Aufgehoben und friedlich. Nur hier hab ich es immer geschafft alles zu vergessen. Bis ich dich kennengelernt hab. Seit dem hast du die gleiche Wirkung auf mich...in deine nähe fühle ich das Gleiche wie hier unter den Sterben"
Meine Stimme zittert leicht bei diesen Sätzen. Ich bin es nicht gewohnt so offen über das zu reden was ich fühle. Und ich habe angst vor seiner Reaktion...
Er drückt meine Hand.
„Scheiße Mia ich liebe dich. Ich liebe dich mehr, als ich je gedacht hätte einen Menschen lieben zu können" Ich spüre wie ihm die Worte fehlen und er weint ohne ihn anzusehen. Eine Gänsehaut breitet sich auf meinem ganzen Körper aus.
„Ich liebe dich JJ, mehr als ich je in Worte fassen kann!"
Dann ist es wieder Still...
Wir genießen beide die Zweisamkeit und das ewige nichts um uns herum. Das hier braucht keine Worte...denn es gibt keine die ausdrücken könnten was wir fühlen.

Outer Banks - welcome home || 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt