Prolog

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„Vater, wir verlieren den Kampf gegen die Ramaris", versuche ich meinem Vater erneut bewusst zu machen. Nachdem auch unser letzter Angriff keine überlebenden lies, muss er sehen, wie wahnsinnig sein Vorhaben ist.

„Caspian, sei still", schreit mein Vater mit Wut verzerrtem Gesicht. Die einst so sanften Gesichtszüge sind über die letzten Tage komplett verhärtet. Tiefe Falten zieren seine Stirn und seine Augenbrauen sind aneinandergepresst.

„Die Menschen ehrten ihren Nachbar und liebten einander. Es gab weder Krankheit, Hunger, noch anderes Leid. Niemand starb vor seiner Zeit. In kompletter Harmonie lebten alle Nationen unter der Regierung, der Ramaris. Sie haben die Kraft, Krankheit und Tod zu vertreiben. Wieso also musstest du es zerstören?", werfe ich ihm vor. Inzwischen erhebe auch ich meine Stimme, die in dem Thronsaal an den Wänden widerhallt. Er beugt unberührt, über den Landkarten. Ein Land, geteilt in vier Nationen. Meradien, Evremdor, Ramarion und Lemertan. Ein Land, regiert von den Ramaris. So war es schon immer und so wäre es auch immer geblieben, doch mein Vater rebelliert.

„Weil der Thron uns gehören sollte, Caspian", brüllt er so laut, dass der Speichel sich über die Landkarten verteilt. Verärgert schlägt er auf den Tisch. Seine einst so liebenden braunen Augen, sind gefüllt von Hass und Wut.

Mein Vater, Repräsentant von Meradien, einst ein liebender Vater und gutherziger Mensch. Einst ein treuer Verfechter unserer Harmonie, wurde bitter. Das Einzige, das er mehr liebte, als seine Tochter wurde Macht. Er ist eifersüchtig auf die Ramaris, ihre Macht und ihren Thron. Er will sein wie sie. So begann er heimlich Waffen zu schmieden, Krieger auszubilden, Informationen zu sammeln und verbündete zu rekrutieren. Jetzt zum vierten Mal sendet er eine Armee in das Schloss der Ramaris. Wann hat der Wahnsinn ein Ende? Wann sind es zu viele Tote? Doch dem Ausdruck in den Augen meines Vaters, wohl nie.

„Vater, Seuchen brechen über unser Land, Dürren versengen die Felder, Stürme wüteten über die Bevölkerung und Krankheiten befallen die Menschen. Die Harmonie, die einst herrschte, wurde Opfer von Krieg, Gewalt und Mord. Nicht mehr lange und es wird nichts mehr übrig sein, was es zu regieren gibt", versuche ich meinen Vater zur Vernunft zu bringen. Seine zusammen gekniffenen Augen mustern mich noch wütender. Seine Knollennase beginnt bedrohlich zu beben und er ballt seine Hand zu Faust. Er will gerade ausholen, als eine Stimme ihn aus seinem Wahn reißt.

„Mein werter Herr", ertönte eine schrille Männerstimme, die mir Gänsehaut bereitet. Wir drehen uns erschrocken zu dem Mann. Gehüllt in schwarzen Laken und die Kapuze so weit ins Gesicht gezogen, dass nur ein Schatten zu sehen ist. Die Gestalt bereitet mir sofort Unbehagen. Die Luft um uns herum scheint abzukühlen und das Licht dimmt. 

Aber ich habe ein größeres Problem. 

Ich muss meinen Vater zur Vernunft bringen, bevor es zu spät ist. Er muss wieder Frieden mit den Ramaris schließen, die über eine Macht verfügen, dessen wir uns nicht bewusst waren. 

Plötzlich taucht die Gestalt neben uns auf.

„Mein werter Herr, wenn ihr mir Beachtung schenken würdet, wüsstet ihr, dass ich eine Lösung für euer Problem habe", sagte er düster und ein grauenhaftes Lachen beendet seine Worte.

„Wer seid ihr? Was lässt euch glauben, ihr habt eine Lösung?" Der Mann legt die Kapuze ab und zum Vorschein kommt ein alter Mann, mit einer charakterlichen Markierung im Gesicht, die ihn als Ramaris kennzeichnet. Ein langer grauer Bart und graues Haar schmückten sein Gesicht. Sofort ziehen wir unsere Schwerter und richten sie gegen den Mann, der nicht einmal zuckt. Mit einer Handbewegung lässt er unsere Waffen zu blauem Staub zerfallen.

„Ich bin gekommen, um euch einen Handel vorzuschlagen." Er lacht erneut auf und wieder umhüllt mich eine Gänsehaut. „Wie ihr wisst, habt ihr keine Chance den Fluch von eurem Land zu heben, keine Chance das mächtige Volk der Ramaris zu besiegen. Doch ich kenne ihre Quelle. Ich könnte diese Macht euch aushändigen", sagt er grinsend und dreht seinen Kopf von rechts nach links.

Die Flucht (Merahs Fluch 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt