„Maisie, beruhig dich. Ich kann das erklären." Endlich fängt sie sich wieder und ihr Blick wird härter als ich es gewohnt bin. Sie verschränkt die Arme vor der Brust und starrt mir entgegen.
„Das solltest du lieber, wenn du nicht möchtest, dass ich Beynon oder Leander von deinem Besuch berichtet." Sie hört sich fast enttäuscht an. Ich bin erleichtert, dass sie die Situation falsch versteht oder Kian zumindest nicht erkannt hat.
„Okay mach ich. Warte kurz hier, damit ich mich umziehen kann und dann erklär ich es dir. Okay?" Sie nickt und schaut mir misstrauisch entgegen. Schnell verschwinde ich wieder in dem Raum und eile zum Kleiderschrank. Umgezogen und mit rasenden Gedanken trete ich aus dem Badezimmer. Kian erwartet mich bereits und schaut mir immer noch mit dem überraschten Gesichtsausdruck entgegen.
„Es ist kompliziert. Ich erkläre es dir später", sage ich schnell und verschwinde wieder aus dem Raum. Maisie steht an der gegenüberliegenden Wand gelehnt. Immer noch mit demselben misstrauischen Gesichtsausdruck. Auch Tal steht wieder neben der Türe. Wo warst du als ich dich gebraucht habe? Schimpfe ich in Gedanken mit dem Wachmann. Seine Anwesenheit scheint Maisie nicht zu verwirren. Ihre ganze Aufmerksamkeit gilt mir.
„Okay, ich bin bereit", sage ich schüchtern, weil Maisie wie versteinert auf mich starrt. Kurz schnaubt sie und beginnt den Gang entlangzugehen. Alles Vertrauen ist mit einem Schlag verschwunden. Leise folge ich ihr in einen Raum, mit einem Kamin und zwei großen roten Sofas davor. Zwar ist es nicht wirklich kalt, aber die Wärme des Feuers und das Knistern heiße ich trotzdem willkommen. Wir lassen uns auf das Sofa gegenüber voneinander fallen. Ich spüre ihren Blick immer noch auf mir, aber meiner gilt den lodernden Flammen. Eine Weile herrscht eine unangenehme Stille. Nur das leise Knacken des Feuers ist zu hören.
„Also?", fragt Maisie argwöhnisch. Ich nehme einen tiefen Atemzug und richte meine Augen zu ihr.
„Es ist nicht wie du denkst", sage ich erneut.
„Ach nicht? Ich mag in deinen Augen vielleicht ein Kind sein, aber mir ist durchaus bewusst was ein junger Mann und ein Mädchen ... machen ... die ganze Nacht." Erst jetzt fällt mir ein was ich ihr beim Frühstück berichtet habe. Für sie muss das ganze tatsächlich sehr offensichtlich sein. Aber wieso ist sie so sauer? Ist es wirklich ihrer Brüder willen?
„Ich sagte doch, es ist nicht wie du denkst. Ich habe nicht mit Ki...", beinah sage ich seinen Namen, stoppe mich gerade noch im letzten Moment. „Ich habe nicht mit dem jungen Mann geschlafen, Maisie." Ich erkenne an dem Zucken ihrer Augenbraue, dass sie erkennt, dass ich die Wahrheit sage.
„Was macht er am frühen Morgen in deinem Bett?", fragt sie mehr verwirrt als misstrauisch. Mir fällt einfach keine gute Erklärung ein. Die Wahrheit darf ich ihr nicht sagen, doch alles andere würde keinen Sinn ergeben.
„Es ist kompliziert, Maisie", versuche ich mein Glück, doch ohne Erfolg.
„Versuch es oder ich Bericht Beynon davon, sobald er zurückkommt", sagt sie herausfordern. Als sich ein kleines Lächeln auf meine Lippen schleicht, wirkt sie noch verwirrter.
„Maisie, glaub mir, Beynon weiß über ihn Bescheid", sage ich mit einer gewissen Erleichterung. Nun ist es Maisie, die ihren Blick an die Flammen wendet und in Gedanken versinkt. Ich hoffe, ich habe nicht schon zu viel gesagt. Etwa eine halbe Stunde verharren wir schweigend, als mir die Situation zu unangenehm wird.
„Maisie, können wir das nicht einfach vergessen und den Mädelstag beginnen?", schlage ich hoffnungsvoll vor. Ich kann tatsächlich etwas Abwechslung gebrauchen. Wie sehr wünsche ich mir das Rosalee und Kalea hier wären. Kurz zuckt sie zusammen. Sie muss tief in Gedanken gewesen sein.
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Die Flucht (Merahs Fluch 2)
Fantasi!! Achtung Spoiler für alle die noch nicht Buch I (Die Auslese) gelesen haben!! Nicht nur kreisen die Bilder der zweiten Auslese in Emmelins Kopf und das merkwürdige Symbol auf ihrer Haut, sondern nun ist Beynon wieder da. Zu allem Übel mit einer Ar...