Kapitel 8a

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Zum ersten Mal seit einigen Tagen ist es kein Albtraum der mich auf dem Schlaf reißt, sondern ein lautes Klopfen an der Türe. Verschlafen reibe ich mir die Augen und strecke meine Glieder. Kurz bin ich verwirrt, weshalb ich auf der Couch liege, als mir der gestrige Abend in Erinnerung gerufen wird.

Erneut klopft es ungeduldig an der Türe.

„Ja, ja ich komm schon", brülle ich der Türe entgegen und schrecke zusammen, als ich mich daran erinnere das Kian im Bett liegt. Er schläft immer noch unruhig und von meinem Gebrüll nichts mitbekommen zu haben.

„Guten Morgen", flüstere ich leise. Sein Gesicht ist immer noch so bleich wie am Abend und Schweißperlen haben sich auf seiner Stirn gebildet. Erneut klopft es an der Türe. Genervt stapfe ich zu ihr, entriegele sie und reise sie auf.

„WAS!", schreie ich bevor ich sehe, wer dort steht. Beynon und der kleine Willy blicken mir erschrocken entgegen. Kurz funkele ich Beynon böse an und knie mich dann schnell zu meinem Bruder.

„Tut mir leid, kleiner", sage ich liebevoll und wuschele ihm durchs Haar. „Ich habe schlecht geschlafen", erkläre ich und werfe Beynon erneut einen bösen Blick zu. Dieser schenkt mir keine Beachtung, sondern starrt auf Kian, der im Bett liegt.

„Was macht ihr denn so früh hier?", frage ich den kleinen blonden Jungen. Dieser schaut mich so liebevoll und glücklich an, dass ich meine Sorgen für den Moment vergesse.

„Wir wollten dich zum Frühstück holen. Bey hat mir erlaubt mitzukommen. Ich wusste nicht, dass dein Zimmer so nah bei meinem liegt. Ich muss nur eine Treppe nach oben, durch den langen Gang, dann eine kleine Treppe nach oben, dann zu der Seite." Er deutet nach links und fährt begeistert fort. „Und dann fünf Türen und schon sind wir hier." Die Begeisterung, mit der er mir seinen Weg hierher beschreibt, zaubert mir ein Lächeln auf das Gesicht. Sein Blick fällt auf das dunkelblaue Nachthemd, das ich mir vor dem Schlafengehen übergezogen habe und er muss laut lachen.

„Du bist ja noch im Schlafanzug." Sein glockenhelles Lachen hallt durch den Flur.

„Ich bin auch gerade erst aufgewacht", erkläre ich fröhlich und knaufe den Kleinen. Ich schaue Willy mit einem breiten Grinsen an und auch er strahlt überglücklich. Kurzentschlossen ziehe ich den kleinen in eine Umarmung. Obwohl ich ihn kaum kenne, habe ich ihn bereits in mein Herz geschlossen. Lieben bedeutet zu leiden, erinnert mich mein Verstand vorlaut, doch ich ignoriere seine Warnung.

„Emmelin, du erdrückst mich", nuschelt der Kleine unter meiner festen Umarmung. Doch ich lass ihn nicht los. Ich könnte ewig so verharren, doch Beynon räuspert sich und ich löse mich aus der Umarmung. „Ich hab dich lieb, kleiner", flüstere ihr Willy ins Ohr, sodass Beynon es nicht hört. Er gibt mir einen liebevollen Kuss auf die Wange.

„Das Frühstück wird in dreißig Minuten serviert. Ich schicke jemanden, der dir hilft dich etwas herzurichten", sagt Beynon neutral und mustert mich kurz. Ein verschmitztes Lächeln legt sich auf sein Gesicht. Sein Blick fühlt sich unangenehm an, doch ich bin dankbar, dass er sich ein Kommentar spart.

Kurz darauf klopft die alte Dame mit ihren Helfern an, obwohl ich Beynon versichert habe, dass ich selbst in der Lage bin mich anzukleiden. Ihre Blicke gehen kurz traurig zu Kian, der immer noch im Schlaf gefangen ist. Während ich eine schnelle Dusche nehme, bereitende die beiden alles vor. Das heutige Kleid ist gelb, schlicht mit langen Ärmeln und mein Kopf ziert eine simple aber schöne Flechtfrisur.

Mit einem letzten Blick zu Kian verlasse ich das Zimmer und folge der Dame zum Frühstückssalon. Kurz befürchte ich den König beim Essen anzutreffen und bin erleichtert als ich ihn nicht sehe. Wie die male davor sind es nur mein Mutter, Willy, Beynon und ich. Dankbar meine Mutter wiederzusehen, falle ich ihr um den Hals.

Die Flucht (Merahs Fluch 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt