Kapitel 10b

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Wenig später stehe ich in einem burgunderfarbenen Langarmkleid und schwarzen Stiefeletten vor der Türe des Zimmers. Zum ersten Mal blicke ich fröhlich einem Treffen mit Beynon entgegen. Wo wir wohl hingehen? Frage ich mich selbst. Ist doch egal, solange wir hier mal rauskommen, kommentiert mein Verstand. Und er hat recht. Die schweren Schritte von Beynon hallen bereits durch den Gang, bevor ich ihn sehen kann.

Er trägt ein enges weißes T-Shirt, darüber ein Jeanshemd und eine schwarze Hose. Schwere schwarze Stiefel, die mich an die der Wachen erinnern, sind der Grund für die lauten Schritte. Das legere Outfit steht im Kontrast zu seiner normalen formalen Kleidung. Ich kann nicht anders, als anzuerkennen, dass sie ihn noch ein Stück attraktiver macht. Seine sonst nach hinten gebundenen Haare liegen ihm lockig und etwas wild auf dem Kopf. Es verleiht ihm eine rebellische Note, die ich so sonst an Leander sehe. Beynon bemerkt meinen überraschten Blick und zieht einen Mundwinkel nach oben.

„Heute bin ich kein Prinz. Sozusagen inkognito, da muss ich mich angepasst kleiden. Du siehst bezaubernd aus." Sein Kompliment zaubert mir ein Lächeln ins Gesicht. Obwohl es nicht das erste Mal ist, fühle ich heute nicht die Anspannung, der anderen Tage. Er streckt mir seinen Arm entgegen und automatisch hake ich mich bei ihm ein. Überrascht schaut er zu mir auf. Ich habe mich immer noch geweigert bei den anderen Treffen es zu tun. Bei Leander jedoch nicht, weshalb mein Handeln mehr ein Reflex ist. Auch ohne den Reflex fühle ich mich zu glücklich, um über solche Dinge nachzudenken und zucke nur kurz mit den Schultern. Beynons Grinsen wird noch größer und ich spüre wie seine Anspannung langsam abklingt.

Er führt mich zu einer Kutsche, die vor dem Eingang bereits auf uns wartet. Sie ist klein und sehr schlicht, ohne Fenster, nicht wirklich königlich, bietet aber mehr als genug Platz. Beynon setzt sich mir gegenüber und im nächsten Moment wackelt die Kutsche los.

„Emmelin?" Beynons Stimme durchflutet eine gewisse Ernsthaftigkeit, ist aber trotzdem sanft. Ich blicke zu ihm auf und zum ersten Mal zucke ich nicht bei dem direkten Augenkontakt zusammen. „Ein paar Regeln gibt es." Natürlich gibt es die. Alles hat einen Haken, jammert mein Verstand, aber ich zwinge ihn, sich auf die positiven Dinge zu konzentrieren. Ich nicke ihm zu.

„Du weichst nicht von meiner Seite. Ich will dich nicht verlieren. Du tust, was ich dir sage und wann ich es sage. Du sprichst keine der Leute an und verhältst dich ... normal. Ich darf nicht als Prinz erkannt werden. Auch sind die Wachen nicht in ihrer normalen Uniform, um kein Aufsehen zu erzeugen." Er schaut mich mit fast flehenden Augen an, ich nicke leicht. Nicht so schlimm wie gedacht, begutachte ich die Regeln. „Versuch einfach etwas Spaß zu haben. Solange du dich an die Regeln hältst, können wir das auch wiederholen." Jetzt sieht er mir mit einem breiten Lächeln entgegen. Was immer es ist, ihm ist es wichtig, dass wir es wiederholen.

„Wo gehen wir denn hin?", frage ich die Frage, die mich schon die ganze Zeit interessiert. Beynons Grinsen wird breiter und erreicht auch seine Augen, die warm glänzen.

„Rummel", posaunt er so glücklich, wie Willy, als er erfahren hat, dass er das Gemüse nicht aufessen muss. Doch ich kann mit dem Wort nichts anfangen und daher seine Begeisterung nicht verstehen. Als er bemerkt, dass ich seine Freude nicht teile, legt sich sein Lächeln etwas.

„Magst du den Rummel nicht?" Enttäuschung, Trauer und ein bisschen Unglauben übernehmen sein Gesicht.

„Also ...", stottere ich schüchtern. „Ich habe so etwas noch nie gesehen", gebe ich verlegen zurück und Beynon verfällt ins Lachen. So habe ich ihn noch nie auflachen hören. Seine sonst so diplomatische und angespannte Art, hat er, mit seinen Hemden und sauber gebundenen Haaren, im Palast gelassen. Mit dieser Version von Beynon komme ich besser klar.

Die Flucht (Merahs Fluch 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt