09: Hexerei und Eifersucht

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Das Dorf war um einiges faszinierender, als es sich Suga immer ausgemalt hatte.

Er parkte seinen Besen in einer schmalen Seitengasse und trat zusammen mit Jimin und Mochi auf die staubige, sehr belebte Hauptstraße hinaus.

Niedliche Häuschen mit Strohdächern säumten die Wege links und rechts von den Dreien, hier und da spannten sich Wäscheleinen an den Fenstern entlang.

Lachende Menschenkinder trieben sich auf einem großen Marktplatz herum, in dessen Mitte ein imposanter Springbrunnen in Form einer Chimäre stand.

Ihr weit aufgerissenes Maul mit den scharfen Zähnen sollte den Kindern offenbar Angst einjagen, doch die spielten fröhlich weiter.

Sie trugen bunt verzierte, selbst geschnitzte Masken und ritten auf gewöhnlichen Straßenputzbesen, wobei ihre Füße leider keinen Zentimeter vom Boden abhoben.

Jimin und Suga zwinkerten sich einander zu und riefen:

"Wäre es nicht schöner, wenn eure Besen richtig fliegen könnten?"

Die Kinder nickten hastig, rissen ungläubig die Augen auf.

"Seid ihr beiden etwa Hexen?", fragte ein blondes Mädchen in einem roten Kleid mit weißer Schürze, legte neugierig den Kopf schief.

Verträumt betrachtete sie den Fegerbesen in ihrer kleinen Hand.

"Ich würde zu gerne einmal fliegen können...kriegt ihr das wirklich hin?"

Jimin hob die Arme, blaue Funken umhüllten seine Finger und ließ das Mädchen vor Überraschung erstarren.

Suga tat dasselbe und grinste:

"Gemeinsam ist jeder Zauber am stärksten. Pass mal gut auf, Kleine!"

Die beiden murmelten ein paar Worte und der eben noch reglose Straßenputzbesen hob sich wirklich in die Luft, das Mädchen jubelte vor Freude.

Jimin zwinkerte.

"Hüpf rauf, bevor es zu spät ist!"

Die Kleine zögerte nicht lange und stieg auf den Besen, der sogleich wie der Blitz mit ihr über den Platz sauste und ihre Freunde vor Neid erblassen ließ.

Doch natürlich hatten sie Jimin und Suga nicht vergessen und kurz darauf schossen sie ebenfalls durch die Luft, drehten wilde Loopings und flogen im Zickzack.

Nach einer ganzen Weile löste sich der Hexspruch und die Kinder landeten gekonnt zurück auf dem Boden, bettelten die Junghexen an.

"Wir wollen nochmal. Das hat so viel Spaß gemacht, bitteee - nur noch einmal, wirklich..."

Irgendwann gaben Suga und Jimin auf und verhexten die Besen noch ungefähr dreimal, bis sie erschöpft waren und die glühenden Funken um ihre Finger erloschen.

"Für heute reicht es!", murmelte Suga und wischte sich den Schweiß von der Stirn, Magie erforderte viel Konzentration.

"Die Show ist vorbei, Leute. Abmarsch, zurück nach Hause - sonst verwandeln wir euch allesamt in schleimige Schnecken..."

Ehe er das gesagt hatte, waren die Kinder mit ihren Spielzeugbesen auch schon verschwunden, nur das kleine Mädchen namens Tokori kicherte noch über Sugas Witz.

Sie machte eine rasche Verbeugung und schloss sich ihren Freunden an, bog um eine Ecke und war kurz darauf außer Sicht.

Mochi, der die Szene von einer Bank aus verfolgt hatte, kam nun auf die beiden zu und klatschte begeistert in die Hände:

"Ich wusste gar nicht, dass meine Vorfahren normale Besen sind und heutzutage zum Putzen benutzt werden..."

Im selben Moment verzog er abermals das Gesicht, schüttelte seine sandfarbene Haarpracht.

"Ist ja widerlich, da würde ich sofort Alarm schlagen...das beleidigt meine Besenehre. Ich als dein treuer Freund, Park Jimin, erhebe hiermit die Freiheit für alle ungerecht behandelten Haushaltsbesen - "

Suga lachte:

"So einfach ist das nicht, Mochi...weißt du, in der Menschenwelt nutzt jeder so einen normalen Besen zum Putzen, das ist nichts Ungewöhnliches. Hier benutzt man euch als Fluggeräte, in jeder Dimension gibt es einen anderen Nutzen für dich - also, keine Panik!"

Mochi seufzte erleichtert.

"Vielen Dank für diese weisen Worte, Min Yoongi!", rief er und salutierte vor dem Hexenschüler.

"Ich werde sie ewig in Erinnerung behalten - und jetzt sollten wir schleunigst diesen Wahrsager aufsuchen. Und davor möchte ich vielleicht noch etwas essen, bevor ich später meine ursprüngliche Gestalt zurück erlange...Carpe Diem, meine Freunde. Also, mir nach!"

Zur gleichen Zeit schlenderten Taehyung und Zuko über den sonnendurchfluteten Innenhof der Akademie.

Der junge Alchemist hatte sich im Kopf ein paar Worte zurecht gelegt, mit denen er sie gerne um ein Date bitten wollte.

Außerdem hatte er in der Innentasche seines Kimono eine exklusive Kostprobe seines neuesten Zaubertrankes verwahrt, die Taehyung ihr im richtigen Moment überreichen wollte.

Das Elixier hieß Taubestraum und bewirkte, dass Zuko an nichts anderes mehr denken würde als an ihn - doch das verriet der Alchemist ihr natürlich nicht.

Und da er die Nebenwirkungen bereits an sich selbst getestet hatte - die lediglich nur aus einer Ladung Dampf aus den Ohren bestanden hatten - konnte dieses Gebräu vollkommen gefahrlos verwendet werden.

Während die beiden also liefen, brach Zuko irgendwann das Schweigen und fragte:

"Hast du eigentlich einen Besen? Ich habe einen oben in meinem Zimmer, er heißt Tetsuo. Der Name stammt, glaube ich, aus einem Anime, wie sie die Menschen immer sehen - ich mag Animes. Vor allem Dragonball, obwohl Pokemon auch ziemlich gut ist..."

Taehyung, der mit dem Begriff Anime überhaupt nichts anfangen konnte, zuckte die Achseln und schüttelte den Kopf.

"Ich habe keinen Besen. Mein Hyung Park Jimin hat einen, Mochi - ich selbst habe ziemliche Höhenangst, was Fliegen angeht..."

Zuko schnitt ihm das Wort ab, rief:

"Park Jimin? Du bist wirklich mit Park Jimin befreundet? Der berühmte Rennflieger Park Jimin? Oh Mann, du musst ihn mir unbedingt vorstellen, Tae Tae..."

Sie hüpfte auf und ab wie ein kleines Kind, das sich über Nachtisch freut, Taehyung nickte bestürzt.

So war das also...sein bester Freund war wie immer Gesprächsthema Nummer Eins, wenn Taehyung jemanden traf, mit dem er sich unterhalten wollte.

Jimin hier, Jimin da, Jimin überall.

Und was war mit ihm?

Was musste er tun, um beliebt zu werden, was, um zu genügen?

Plötzlich fühlte er sich schrecklich hintergangen, das dritte Rad am Wagen.

Noch im selben Moment machte Taehyung kehrt und ging schnurstracks zum Internatsgebäude zurück, ohne Zuko eines weiteren Blickes zu würdigen.

Das Fläschchen mit dem Taubestraum warf er mit voller Wucht zu Boden, wo es in tausend Stücke zersprang und sich eine lila Wolke über den Asphalt verteilte.

In seinem Zimmer schloss Taehyung die Tür ab und sank auf sein Bett, ihm war zum Schreien zumute.

Es war klar wie Hexensud, dass Zuko die Sorte von Mädchen war, die beeindruckt werden wollten - nur er hatte absolut keine Ahnung, wie er das anstellen sollte.

Witch Hunt - Die Prüfung ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt