Witch Hunt - Die Prüfung ✔

82: Die Königin der Ewigen

Kai und Beomgyu kamen gut voran, was ihren Weg durch das Totenreich anging.

Beomgyus liebliches Flötenspiel hielt die Geister gerade so weit auf Abstand, dass sie es kaum wagten, Hand an diese seltsamen Atmenden zu legen und zogen sich bald wieder zurück in die wabernden Schatten.

Selbst der Geisterjunge und sein kleiner Hund Zerberus wollte nichts mit diesen beiden mehr zu tun haben, hüllte sich in dichten Nebel und glitt murmelnd davon.

Als der letzte Klang der Flöte schließlich erloschen war, waren Kai und Beomgyu ganz allein auf dem Pfad unterwegs, der in Richtung Unterwelt führte - zumindest dachten sie das.

Eine verzückte, weibliche Stimme drang ganz plötzlich an Kais Ohren und er wirbelte verdutzt herum, blickte sich nach allen Seiten um.

Niemand war zu sehen...dafür konnte es nur eine logische Erklärung geben.

Ein Geist war ihnen ganz dicht auf den Fersen - und nicht nur irgendeiner, sondern die Königin, von der der Junge gesprochen hatte.

Was hatte sie mit ihnen bloß vor?

"Zeigt Euch!", rief Kai in die drückende Stille des Totenreichs hinein, ballte entschlossen die Fäuste.

"Mit uns beiden könnt Ihr keine Spielchen treiben, damit das klar ist - "

Die Königin der Ewigen kicherte amüsiert...ein Laut so kalt und wunderschön zugleich, dass Taehyuns kleinem Bruder glatt das Blut in den Adern gefror.

"Ach ja?", rief sie und erschien im selben Moment vor den beiden Gefährten auf dem Pfad, in einem rosa Kleid und blutroten Lippen.

"Seid ihr euch da absolut sicher, meine Kleinen?"

Kai und Beomgyu schnappten ungläubig nach Luft, als sie jene Person wieder erkannten, die ihre Schwester so gehasst und verachtet hatte.

Die Königin der Ewigen war niemand geringeres als Lio - Chen!

Die verstorbene Königsschwester schien sich in ihrer beider Verwunderung zu suhlen und strich sich eine durchscheinende Haarsträhne aus der Stirn:

"Habt ihr ernsthaft geglaubt, dass Shin - La die Einzige von uns beiden gewesen wäre, die das Wesen einer Herrscherin besessen hätte? Seht mich an, hier bin ich die Königin und ihr seid nun meine willenlosen Untertanen..."

Lio - Chen wedelte mit ihrer Hand durch die Luft, eine plötzliche Schwere legte sich auf Kai und Beomgyu, der sie kaum entkommen konnten.

"W - Was wollt Ihr von uns?", zischte Beomgyu und hob drohend seine Flöte, soweit es eben möglich war.

"Wir haben Euch nichts getan, nur damit Ihr es wisst..."

Die Königin der Ewigen lachte schallend:

"Ach, meine Süßen...ihr seid viel zu naiv, dass ihr glaubt, mir würde etwas an meinem Neffen liegen...er ist kein würdiger Thronfolger und das wird er sehr bald schon zu spüren bekommen..."

Kai wurde zornesrot, dachte daran, wie diese falsche Schlange mit Tränen in den Augen über Soobin geredet hatte.

Dass sie ihn vor dem Seelenbrecher beschützen wollte, dass ihr sein Mischlingsblut vollkommen egal sein würde...

Das alles war nichts weiter als eine Lüge gewesen...

"Was wollt Ihr damit sagen?", forderte Beomgyu, fröstelte unter der Kälte, die der Geist der Königsschwester mit sich brachte.

"Soobin ist unser bester Freund und wir werden alles tun, um ihn zu beschützen - egal, was auch geschehen wird, wir sind auf das Schlimmste gefasst..."

Lio - Chen grinste hämisch, entgegnete:

"Seid ihr das? Ohne eure mickrigen Fähigkeiten habt ihr doch nicht die geringste Chance...Soobins Schicksal wird noch grausamer sein als das seiner Mutter und das soll schon was heißen. Und ihr werdet mich nicht aufhalten können!"

Die Königsschwester schwebte im Kreis um die beiden herum, Kai und Beomgyu standen da wie gelähmt.

"Kuma hat sich nach dem Mord meiner Schwester von mir abgewandt, davon gesprochen, dass er nicht er selbst gewesen ist!", murmelte Lio - Chen, rümpfte verächtlich die Nase.

"Dass er ursprünglich den Mord gar nicht durchführen wollte und es trotzdem getan hatte - als wäre er von irgendeiner dunklen Macht besessen gewesen. Ich sagte ihm, dass das alles nun nicht mehr wichtig sei und wir unser Ziel - mein Ziel - nun trotzdem erreicht hatten, Kuma wollte nichts davon hören. Ich fühlte mich betrogen, hintergangen und ausgenutzt. Ich hatte all die Jahre hart gearbeitet, um Kuma auf meine Seite zu ziehen und es meiner Schwester endlich heim zahlen zu können...und jetzt verließ er mich einfach."

Lio - Chen schloss für einen Moment die Augen, als würde sie diese schmerzliche Begebenheit noch einmal Revue passieren lassen und erzählte kurz darauf weiter, ihre Stimme tropfte vor Hass.

"Jahrelang hatte ich geglaubt, dass wir Freunde gewesen wären, Kuma hatte jahrelang mit mir gespielt...doch es dauerte nicht lange, bis ich einen neuen Verbündeten gefunden hatte."

Sie lächelte grimmig, die beiden Jungen schauderten bei ihrem Anblick.

"Ihr werdet ihn noch früh genug kennen lernen, meine Kleinen - bis dahin solltet ihr euch auf den Tag vorbereiten, an dem der Krieg aller Kriege toben wird!"

Lio - Chen schnippte mit den Fingern und der Bann brach zusammen, sodass Kai und Beomgyu sich wieder rühren konnten.

"Verratet uns sofort, was Euer Plan mit Soobin ist!", zischte Beomgyu und die tote Königsschwester klimperte theatralisch mit den langen Wimpern:

"Das wüsstet ihr wohl gerne, wie? Leider kann ich es euch nicht verraten, da dies die ganze Überraschung ja verderben würde - "

"Es ist Gift!", murmelte eine weitere Frauenstimme hinter ihnen und die beiden Jungen schauten entgeistert - im Anbetracht der Situation ein wirklich gelungener Wortwitz - ins wunderschöne, kalkweiße Gesicht von Shin - La.