68: Die Vergessenen

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Zur gleichen Zeit kämpften sich Soobin und Taehyun durch den dichten Dschungel, wobei der Blonde sorgsam darauf achtete, dass sein Freund nicht etwa von einer Schlange gebissen werden würde.

Hin und wieder kreuzte ein Affe ihren Weg, der die beiden durch das dichte Blätterdach aus großen Augen beobachtete und kurz darauf wieder verschwand.

Taehyun benutzte sein Schwert als Machete und hieb die Ranken und Farne beiseite, die plötzlich vor ihnen auftauchten und ihnen die Sicht versperrten.

Wann immer Soobin darauf bestand, allein voran zu gehen, schüttelte sein Freund nur den Kopf und rief:

"Oh Nein, Binnie...vergiss nicht, als dein erster und letzter Minister bin ich für deine persönliche Sicherheit zuständig. An jeder Ecke im Dschungel lauern Gefahren und es ist meine oberste Pflicht, dich davor zu schützen - "

"Aber Taehyun, ich bin groß genug und außerdem kann ich hexen - schon vergessen?", maulte der junge König, schnippte mit den Fingern und hielt plötzlich zwei Wasserflaschen in den Händen, von denen er eine an seinen besten Freund weiter reichte.

Der Blonde ließ sich erschöpft auf einen Stein plumpsen und trank einen großen Schluck, bevor er Soobin tief in die Augen blickte:

"Ich weiß, dass du dich selbst verteidigen kannst, aber trotzdem wirst du schön hinter mir gehen...sonst tappst du womöglich noch in eine - "

Taehyun schrie entsetzt auf, als sich ein langes Seil um sein Bein schlang und er in die Höhe gezogen wurde, Soobin grinste nur.

"Wolltest du etwa Falle sagen, Yunnie?", lachte er und wollte seinen Freund gerade befreien, da ertönte aus dem Dickicht hinter ihm ein Geräusch.

Mehrere Paar Füße schlichen über den schlammigen Boden und kamen abrupt vor den beiden zum Stehen, Soobin traute seinen Augen nicht.

Es waren Ureinwohner, jedoch keine Ureinwohner, über die man bereits schon einmal gehört hatte.

Die vielen Männer und Frauen trugen verfilzte Spitzhüte und waren in zerrissene Gewänder mit seltsamen Stickereien gehüllt, ihre zerzausten Haare hatten wohl schon seit mehreren Jahren keinen Kamm mehr gesehen.

"Seid ihr Piraten?", fragte eine alte, noch ziemlich fitte Dame mit spitzer Nase in scharfem Unterton, holte eine riesige Bowlingkugel aus ihrem Kleid, die sie wohl nicht zum Spielen benutzen wollte.

"Wenn Zim - Shao euch geschickt hat, richtet ihm beste Grüße von seiner Tante aus...dieser Idiot hat seine Betsy einfach zurück gelassen und dafür soll er bezahlen!"

Soobin hob abwehrend die Arme:

"Nein, wir sind keine Piraten...vor euch steht König Binnie der Hexenwelt und das da oben ist mein treuer Diener Taehyun - freut mich sehr, euch kennenzulernen!"

Taehyun winkte hektisch mit den Armen, die Alte rümpfte skeptisch die Nase.

"Ein König, sagst du?", fragte Betsy, brach in schallendes Gelächter aus.

"Das ist ja einfach köstlich, ein toller Witz...wir hatten seit 1645 keinen König mehr. Mein Junge, wenn du uns auf den Arm nehmen möchtest, kannst du was erleben..."

Soobin lächelte zerknirscht:

"Ganz sicher nicht - hier, ich beweise es euch!"

Er brach das königliche Wappen von seinem Anzug ab und reichte es Betsy, die es stirnrunzelnd und ziemlich lange beäugte.

Dann gab sie es ihrem Mann weiter, der das Symbol mit einer kleinen Lupe näher studierte und anschließend verkündete:

"Dieser Junge ist zweifelsohne der König der Hexenwelt und Sohn der ehemaligen Königin Shin - La...er soll uns helfen, gegen Zim - Shao und seine Bluthunde anzukommen!"

Die übrigen Ureinwohner nickten zustimmend, Betsy seufzte.

"Warum nicht?", meinte sie und gab Soobin das Wappen zurück, zwang sich zu einem Lächeln.

"Die Freunde des Königs sind auch unsere Freunde - holt ihn runter, diesen Taehyun. Er wird uns ebenfalls eine große Hilfe sein, indem er unsere Schuhe reinigt und für uns kocht...nun macht schon!"

Drei der stärksten Männer traten aus der Gruppe, zwei zogen mit einem Ruck an dem Seil und der Dritte fing Taehyun auf, setzte ihn behutsam zurück auf den matschigen Boden.

Zufrieden marschierten die Ureinwohner, mit Taehyun und Soobin im Schlepptau, nach Süden in ihr Lager.

Betsy pfiff ein fröhliches Lied, während sie auf einer aus Dornengeflecht gefertigten Sänfte hockte und sich von den drei Hünen durch die Pampa tragen ließ.

"Sagt mal, wer seid ihr alle?", wandte sich Taehyun an die schrullige Anführerin, Betsy entgegnete:

"Du lebst wohl hinter dem Mond, was Junge? Wir sind die Vergessenen, ein Clan aus jenen Hexen und Menschen gleichermaßen, die einst in Salem und überall anders auf der Welt den grausamen Prozessen entflohen sind. Wir alle wurden der Hexerei bezichtigt, weil wir Dinge konnten, die in den Augen anderer als Teufelswerk bezeichnet wurden - sieh dir Arnold an. Er ist superstark und ziemlich gutaussehend, doch unter seinen damaligen Freunden galt er als Schandfleck...und da habe ich ihm geholfen!"

Betsy deutete auf den Hünen ganz vorne, bei dessen Anblick ihr die Knie ganz weich wurden.

"Meinen Mann Fred habe ich in Deutschland kennengelernt, wo er als Heiler herum gereist ist und den Kranken geholfen hat. Das blieb dem damaligen Kaiser natürlich nicht ungesehen und er wollte ihn verbrennen, bis ich und Arnold eingegriffen und ihn vom Scheiterhaufen gerettet haben. Jahr für Jahr haben wir so weitergemacht und all jene in unsere Reihen aufgenommen, die von der Gesellschaft unterdrückt und gejagt wurden. Irgendwann haben wir uns auf diese schöne Insel zurück gezogen und leben bis heute friedlich im Einklang mit Mutter Natur...wenn da Zim - Shao nicht wäre..."

Nun schaltete sich Arnold ein, der bei der bloßen Erwähnung dieses Namens zu schlottern begann.

"Zim - Shao ist ein gefürchteter Pirat, der den Hexischen Ozean schon seit langem unsicher macht!", murmelte der Hüne, seine Kumpanen nickten mit dem Kopf.

"Er überfällt ganze Dörfer mit seiner Crew, sammelt weiße Magie und injiziert sie sich selbst, um sich zu einer Art Superpiraten zu machen - dieser Kerl ist echt wahnsinnig, dem möchte ich nicht im Dunkeln begegnen..."

Betsy fuhr fort:

"Es mag schlimm klingen, aber dieser Kerl ist mein Neffe. Einst waren er und ich unzertrennlich, doch eines Tages ist seine Gier nach Macht so groß geworden, dass er mich verlassen und sich einer Bande Gesetzloser angeschlossen hat...ich will alles dafür tun, damit er zurück auf den rechten Pfad gebracht wird, tief in meinem Inneren weiß ich, dass er sein Tantchen sehr vermisst..."

Die alte Dame brach in bittere Tränen aus, Arnold reichte ihr ein Taschentuch und sie schnäuzte sich die Nase.

"Und genau deshalb müsst ihr uns helfen, König Binnie und Taehyun!", rief Fred, verneigte sich vor dem jungen König.

"Wenn ihr es schafft, Zim - Shao zu besänftigen und ihn von seinem teuflischen Plan abzubringen, geben wir euch alles, was ihr wollt...Gold, Silber, vielleicht sogar eine Ehrenstatue hier auf der Insel - nur bitte, helft uns!"

Soobin und Taehyun überlegten kurz und nickten dann:

"Natürlich helfen wir euch...nur das mit dem Gold ist nicht wirklich nötig, wenn es euch nichts ausmacht!"

Die beiden reckten sich zwinkernd die Fäuste entgegen.

"NA DANN - AUF ZU EINEM NEUEN ABENTEUER!"

Witch Hunt - Die Prüfung ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt