Kapitel 48

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Hazel's P.o.V: 

Ein Blick aus dem Fenster verrät mir, dass es spät geworden sein muss, denn der leuchtend rote Feuerball am Himmel neigt sich bereits dem Untergang zu. Niall und ich sitzen auf der Holzbank vor seinem Schreibtisch und lesen ein wenig in dem Buch über Dämonen, was nach kurzer Zeit so aussieht, dass Niall mir die wichtigsten Passagen vorliest, während mein Kopf müde an seine Schulter gelehnt ruht. 

"... deswegen solltest du als gebürter Dämon immer darauf achten, dass dein schwarzes Blut niemals mit dem eines Geistes verbunden wird, denn das bedeutet eurer beider Tot."  Seine warme Stimme kommt nur noch gedämpft an meinem Ohr an, meine Augen schließen sich wie von selbst.

Plötzlich rüttelt er mich leicht an den Armen und ich öffne die Augen. "Was ist?", raune ich verschlafen und er lächelt mich an. "Ich glaube Louis ist gerade nach Hause gekommen."  Verwirrt sehe ich ihn an. "Er war weg? Wie lange? Wieso hat er mir nichts gesagt?" Mich nun vollständig aufsetzend und schließlich meine Beine über das Holz schwingend blicke ich entrüstet auf den Iren hinab. "Frag ihn", zuckt er bloß mit den Schultern und folgt mir nicht, als ich aus dem Raum rausche. Nicht, weil ich sauer bin, sondern weil ich zu meinem Lieblingsjungen will, den ich plötzlich vermisse. 

Ich setze einen Fuß auf die erste Stufe und sprinte dann, bis ich kurz vor dem Ziel stehen bleibe. Louis steht an der Tür und legt seine Schlüssel auf die kleine Kommode rechts von sich. Hinter ihm schleicht Zayn ins Haus und sie schlagen sich gegenseitig in die Hände, bevor Zayn sich auf den Weg ins Wohnzimmer macht. "Hey Hazel", lächelt er und ich hebe als Begrüßung die Hand. Louis, der bis jetzt aus dem kleinen Fenster in der Tür sah, dreht sich beim Ausruf meines Namens um und erblickt mich noch im selben Moment. Ich zeige ihm mein Lächeln und er gibt mir seins zurück. "Wo bist du gewesen?", frage ich und er kratzt sich verlegen am Kopf. "Ich hab mit Zayn nur ein paar alte Plätze aufgesucht."  Nach wie vor lächelnd und mit einer hochgezogenen Augenbraue steige ich eine Stufe hinab. Er kommt langsam näher, muss aber aufgrund des Höhenunterschiedes immer noch zu mir aufsehen. "Du hast mir heute gefehlt", sage ich und muss an all die Momente mit Niall denken, in denen ich mir Louis sehnlichst zu uns gewünscht hatte. Ich dachte er sei bloß in seinem Zimmer, oder sonst wo in diesem riesigen Haus. 

"Das sah heute Morgen ganz anders aus", sagt er und ich erkenne an seinem Blick, dass er offensichtlich die Aktion mit Niall von heute Morgen meint. "Du hast mir nicht gesagt, dass du gehen würdest", bringe ich ihm entgegen und komme noch eine Stufe näher. "Als ob es dir aufgefallen ist."  Langsam erhitzt sich die Stimmung. "In diesem großen Gebäude mit nur sechs Personen fällt mir nun mal nicht auf, wenn einer statt hundert Räume weiter im Wald nebenan ist!" Er kommt eine Stufe zu mir hinauf. "Schön, das heißt ich hätte euer Geflirte lieber unterbrechen sollen?!" "Du bist also tatsächlich eifersüchtig auf Niall!" Mich wütend ansehend rauft er sich die Haare. "Wärst du es etwa nicht?!" Ich mache einen letzten Schritt zurück. "Wir sind nur Freunde!" Und damit drehe ich mich um und will die Treppe wieder hinauf rasen, doch er hält mich am Handgelenk fest. 

Still schweigend stehen wir uns gegenüber, ich eine Stufe über ihm, bereit zu gehen und zu bleiben. 

"Hazel Schinner, ich liebe dich." 

Ich muss mich beherrschen nicht sofort nachzugeben. Doch er sieht mich bloß an und seine Mundwinkel gehen leicht nach oben. Dann lacht er leise auf. "Was lachst du?", frage ich und er kommt die letzte Distanz zu mir hinauf, sodass wir endlich auf einer Ebene stehen. Sein Gesicht ist meinem sehr nahe gekommen. Langsam schließt er die letzten Zentimeter zwischen uns mit seinen Lippen, die sich geschmeidig und anpassend auf meine legen. Dann löst er sich für ein paar Sekunden. "Deine Augen." Der folgende Kuss übertrumpft alles, was ich bisher erlebt habe. In  ihm spiegelt sich die geballte Wut der letzten Minuten wieder, die Furcht vor dem Verlust des jeweils anderen, und zuletzt die Liebe, die in uns beiden kocht wie nie zuvor. 

  * * * * * * *

Der nächste Morgen weckt mich mit gelb goldenen Sonnenstrahlen, die mich sanft an der Nase kitzeln. Ich blinzle und öffne meine Augen. Verschwommen baut sich das Bild meines Zimmers vor mir auf. Mein Schreibtisch mit dem Laptop, der Kleiderschrank... wie gut ich mich doch noch an meinen ersten Tag hier erinnere. Neben mir atmet etwas leise vor sich hin. Ich drehe mich um und sehe ihn eine lange Zeit einfach an. Louis, dieser Junge, der mich einfach nur verrückt macht. 

Ein Frühstück später sitzen wir mit Harry im Wohnzimmer. Es läuft, wie sehr häufig von Harry gewählt, eine Kochsendung, die wir uns mit Geduld ansehen, bis es Louis schließlich zu langweilig wird. Wie ein kleines Kind spielt er an meinen Haaren rum, kickt das Kissen am anderen Ende des Sofas von Fuß zu Fuß und fordert mich dann stumm zum Daumen-Wrestling auf, was mir im ersten Moment nichts sagen will. Geschockt sieht er mich an. "Was denn, du weißt nicht was-" "PSCHH", zischt Harry dazwischen und Louis sieht ihn an und streckt ihm die Zunge raus. "PSCHH du dich doch selber!" Fragend sieht er mich an. "Worauf wollte ich hinaus?" Ich lache und zucke mit den Schultern. "LEUTE", geht Harry erneut dazwischen und wir sehen ihn gleichzeitig an, "Ich möchte mich hier bitte in Ruhe weiterbilden können." Sagte es und rückte die imaginäre Brille zurecht.

Also stehen Louis und ich auf und verlassen das Wohnzimmer, nicht allerdings, bevor Louis nicht Harry auf die Schulter geboxt hat, was dieser mit einem gespielten "Aua tat das weh"-Geräusch quittiert. 

Mein vampirischer Freund zieht mich hinter sich her, in den Flur und zu zwei steinernen Statuen, die zwischen der linken und der rechten Treppe stehen. "Hast du Lust mal wieder was Neues zu sehen?" Er sieht mich mit funkelnden Augen an und ich lächle. "Hier scheint man doch nie alles zu kennen"  "Das stimmt allerdings. Aber das hier ist der Weg zu meinem Lieblingsplatz."  "Kennt den sonst jemand, außer dir?"  "Bis jetzt nicht."

Berührt von dieser unterschwelligen Liebeserklärung folge ich ihm näher zu den Statuen. Er hält inne und sieht sich um, so als wäre er ein Geheimagent. Dann duckt er sich plötzlich und kriecht hinter den linken, steinernen Körper. Etwas quietscht und mit einem Mal öffnet sich eine etwa ein Meter hohe Tür, die in einen dunklen Gang weist. "Folge mir unauffällig", flüstert er und ich fühle mich total verboten und adrenalingefüllt. Das befolgend, was er sagt, folge ich ihm. Von innen ist der Gang viel breiter als von außen angenommen, wir können locker nebeneinander darin krabbeln. 

Schon nach den ersten paar Metern wird der Gang immer höher, sodass bald kein Krabbeln mehr nötig ist. Da wird beide keine Riesen sind, richten wir uns nach und nach immer mehr auf, bis wir schließlich laufen. Die Wände, bestehend aus groben, großen Steinen, sind kalt und feucht, überall scheint es zu krabbeln. Mit einem Mal nimmt er meine Hand. Ich sehe ihn an, doch er blickt nur sanft lächelnd nach vorne. Das leise Echo unserer Atemzüge macht sich um uns herum breit, als wir um eine Ecke biegen, hinter der eine schwere, hölzerne Tür liegt. 

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