Kapitel 39

222 19 23
                                    

Hazel's P.o.V:

Immer noch etwas überrascht von der plötzlichen Widerkehr meiner normalen Haare und der wechselnden Augenfarbe drehe ich eine der Locken um meinen Zeigefinger, lasse sie zurückspringe und wiederhole das Ganze. 

Louis und ich laufen durch die langen Flure des Hauses, auf dem Weg zur Bibliothek. Dafür müssen wir an meinem alten Zimmer vorbei. Ich werde hinein gehen und das Buch herausholen, welches Niall mir damals in die Hand gelegt hat. Um ehrlich zu sein, fürchte ich mich ein wenig vor den hervorkommenden Erinnerungen. 

"Na, wie ist es, wieder hier zu sein?", fragt mich mein Begleiter und ich lächle träumerisch vor mich hin. "Es ist klasse. Ich habe mich so sehr danach gesehnt wieder daheim zu sein" Er nickt verstehend. "Wir haben es auch vermisst" 

Sollte das ein Vorwurf sein? Dafür, dass sie ihr Zuhause nur meinetwegen verlassen haben? 

"Es tut mir leid, dass ihr meinetwegen solche Aktionen durchmachen musstet...", sage ich kleinlaut und er bleibt ruckartig stehen, sodass ich beinahe in ihn hineinlaufe. "Hazel. Das meinte ich doch nicht. Was ich sagen wollte, war... dass wir es auch vermisst haben, dich bei uns zu haben." 

Ich bin sichtlich gerührt von diesen Worten und sehe ihm tief in die Augen. Minutenlang stehen wir einfach da und ich denke, dass Blau nicht länger eine Farbe der Kälte für mich ist. Vielmehr umhüllt sie mich mit Geborgenheit und Wärme, lässt mich behaglich und gut fühlen. Louis lässt mich gut fühlen. Ich denke, ich habe mich...

Oh, Nein. Wie war das noch mit den Augen? Was, wenn sie nun unvorteilhaft ihre Farbe ändern? Ob er es sehen kann? Schnell wende ich meinen Blick ab und entdecke zu meiner Erleichterung meine Zimmertür am Ende des Ganges. 

"Sieh mal, mein Zimmer...", sage ich leise und in meiner Stimme schwingt offensichtlich Angst mit, denn Louis streichelt mir kurz über die Schulter und sagt dann, dass es mich in Zukunft an nichts Schlimmes mehr erinnern  muss. Die schlimmen Zeiten sind vorbei. 

Kurze Zeit später stehen wir vor der Tür, meine Hand liegt auf der Klinke. Langsam übe ich Druck auf den Arm aus, meine Finger umschließen das Metall etwas fester und ziehen es leicht nach unten. Ein Klicken verrät mir, dass die Tür geöffnet ist.  

Mir weht ein kühler Wind entgegen, die Fenster sind leicht geöffnet. Durch das goldene Licht des Abends wird der Staub sichtbar, der in der Luft herumwirbelt. Mit zögernden Schritten betrete ich den Raum, sehe hinter mich und lasse mir durch Louis Blick ein wenig Mut geben. Das Buch liegt auf den Nachtschrank, doch zunächst schließe ich das Fenster. Als das getan ist, fahre ich mit der Hand sanft über einige Möbelstücke, klopfe ein wenig die vor langer Zeit zur Seite geschlagene Bettdecke aus und nehme dann das Buch in die Hand. Behutsam puste ich den Staub vom Einband und fahre anschließend mit der Hand darüber. 

Ich bin hin- und hergerissen. Auf der einen Seite fühlt es sich so an, als ob ich schon mehrere Wochen nicht hier gewesen wäre (und so sieht es auch aus), aber es kann doch eigentlich gar nicht sein... waren das denn nicht nur einige Tage? Oder doch länger? Mein Zeitgefühl war wohl am Ende, ich kann absolut nicht sagen, wie lange ich  bei Fenton festgehalten wurde!

"Louis?", frage ich mit einem Blick auf den vor meinem Fenster auftauchenden Wald. Er bewegt sich nicht von der Stelle, gibt nur ein brummendes "hm" von sich. "Wie lange war ich weg?"      Er scheint zu überlegen, denn einige Zeit lang steht er nur stumm da. "Es haben noch sieben Tage gefehlt und es wäre elf Monate gewesen", stellt er dann schließlich fest und ich drehe mich schockiert um. 

"Was?! Das kann doch nicht sein! Wie schnell vergeht denn die Zeit da unten...?", rufe ich fast schon aus. Ich wusste nicht, dass es tatsächlich so lange her ist! Aber das würde natürlich auch die deutlich sichtbare Staubschicht erklären. 

Beautiful EyesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt