Kapitel 36

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Hazel's P.o.V:

*** Flashback ***

"Das ist also dein Hase?", fragt Emmi mich, eine meiner liebsten Freundinnen. Wir haben uns vor zehn Minuten in das Haus meiner Eltern und mir geschlichen. Eigentlich darf ich keinen mitbringen, doch ich verstehe nicht wieso. Deshalb hab ich Emmi mitgebracht. In einer Stunde wird Mama wieder von der Arbeit zurück sein, bis dahin habe ich Emmi wieder nach Hause gebracht. 

"Das ist doch kein Hase, das ist ein Kaninchen! Mit Schlappohren!", stelle ich mit in die Hüften gestemmten Händen klar. Meine Freundin nickt nur verstehend. "Jaja, schon klar. Und... kann man mit dem spielen? Oder ihm wenigstens Tricks beibringen?", fragt sie etwas gelangweilt und ich weiß nicht, was ich tun soll! Ich bin Besucher nicht gewohnt... und mein Hase kann rein gar nichts. Kaninchen meine ich! Jetzt fange ich schon selber damit an. 

Aus Verzweiflung hebe ich den kleinen Hektor aus seinem Käfig und lasse Emmi ihn streicheln. "Man, der ist ja nicht einmal richtig flauschig!", schmollt sie nach kurzer Zeit, "Mir ist übrigens Langweilig. Kann man hier denn nichts machen?" 

Nein, kann man nicht. Darum schüttle ich nur mit dem Kopf und sehe entschuldigend auf Hektor, der sicherlich ein bisschen verletzt durch Emmis Worte ist. Oder eher Emilia. Ich finde nicht, dass sie, nachdem sie mein Kaninchen derartig beschimpft hat, noch ihren Spitznamen wert ist. 

"Ach, Haz! Jetzt lass uns doch was machen! Hast du Puppen?"  "Ich... Nein..." In mir kommt ein wenig Angst hoch. Sie sollte besser nicht die einzigen Puppen dieses Hauses entdecken.

Doch meine Befürchtungen treffen genau ins Schwarze. Sie sieht durch meine offene Zimmertür direkt in die Galerie, die sich gegenüber im Flur befindet. Dort steht das Regal- mit den Puppen.

"Ich sehe doch welche! Na los, jetzt lass uns mit denen spielen...!", quietscht sie aufgeregt und läuft zu besagtem Raum. Seufzend lege ich mein Kaninchen zurück in den Stall. Aus braunen Augen sieht es mich treu an. Ich sehe zu Emilia und dann noch ein letztes Mal kurz zu Hektor. Seine Augen glühen in einem gefährlichen Rot auf, ich springe vor Schreck zur Seite. Als ich erneut zu ihm blicke, sind seine Augen wie immer. Aber ich bin mir so sicher, dass er eben rote Augen hatte! Jetzt bekomme ich schon Angst vor Hektor... in diesem Haus ist alles verdreht. Ich habe mich eigentlich noch nie wirklich wohl hier gefühlt. 

"Hazel!", ruft meine Freundin mich und ich gehe rückwärts, mit den Augen bei Hektor aus dem Zimmer. Den Fehler, den die Mädchen in Filmen des Öfteren machen, werde ich nicht begehen. Ich drehe meinem Haustier nicht mehr den Rücken zu. 

In der Galerie angekommen, steht mir gleich die erste Puppe gegenüber. Ich nehme sie vorsichtig in die Hand und möchte sie zurück ins Regal stellen, doch eine von der Schönheit dieser Dinger ergriffene Emilia hält mich auf. 

"Nicht jetzt aufhören! Wir haben noch gar nicht angefangen mit spielen..." Unten höre ich etwas knarren, dann klicken. Die Haustür. Mama ist wieder da. 

"Nein! Emmi, du musst hier ganz schnell weg!", flüstere ich ihr panisch zu uns beginne damit, die Puppen wieder weg zu räumen. Wieso ist Mama bloß schon so früh wieder da...?!

Das Klacken der spitzen Absätze hallt von der Treppe zu uns hinüber. Meine Angst schießt ins Unermessliche. Ich bin erledigt. 

Vielleicht kann ich sie ja verstecken? Dann die Puppen wegräumen. Und zwar schnell!

Ich schiebe meinen Gast hinter die dicken Vorhänge am Fenster und sage ihr, dass wir jetzt verstecken spielen werden und, dass Mama suchen muss. Sie soll sich nicht rühren, solange einer meiner Elternteile im Raum ist. 

Ich mache mich schnell daran die Puppen ins Regal zu stecken. Es fehlen noch drei. Die Schritte kommen näher. Meine kleinen Hände grabschen nach der vorletzten Puppe.  Meine in schwarze, feine Socken gehüllten Füße tapsen über die kalten Mamorfliesen. Nun noch die letzte... Die Klinke der Tür wird nach unten gedrückt. Langsam und quietschend öffnet sie sich einen Spalt. Woher weiß Mama so genau, dass ich hier bin?

"Hazel?", fragt sie leise und kommt herein. "Mama!", empfange ich sie überschwänglich, "du hast mich gefunden!" Letzteres war nur, um Emilia vorzumachen, dass wir immer noch verstecken spielen.

Meine Mutter blickt hinter mich, zum Regal. "Hazel...", wiederholt sie, bemerkt meine liebe Begrüßung kaum, "Hast du mit den Puppen gespielt?" Ihre Stimme ist ruhig und leise, dennoch finde ich nicht den Hauch von Liebe oder Zärtlichkeit darin. Es macht mir beinahe noch mehr Angst, als wenn sie mich einfach zusammenfalten würde. Aber das kommt schon noch. 

"Nein, Mama, ich spiele niemals mit den Puppen", antworte ich und verschränke die Hände hinter dem Rücken. Vorsichtig kreuze ich die Finger. Ich mag es nicht, wenn ich lüge. Und bei dieser Notlüge ist es einfach...  einmalig und wird nicht mehr vorkommen. 

"Soso... und warum sitzt Antaria neben Gundula und nicht neben Pandara?" Ich kenne die Namen, ich weiß auch, dass die Reihenfolge vertauscht habe. Mama murmelt die Namen jeden Abend vor sich hin, stellt die Puppen um und merkt sich das Bild genauso bis zum nächsten Tag. Wenn ihr eine Veränderung nicht auffällt, fällt es keinem auf. 

"Mama ich... fand sie nur so schön und da dachte ich...", murmle ich vor mich hin. Mama schließt die Tür hinter sich. "Also erstens: spricht du gefälligst deutlich mit mir!", flüstert sie und beugt sich von oben zu mir runter, "Und zweitens... Spielst du... niemals... NIEMALS... mit diesen Puppen. Haben wir uns verstanden?!" Ich zittere am ganzen Leibe. "Ja, Mama, das wird... n-n-niemals wieder vorkommen, versprochen!" 

In dem Moment schießt die Tür auf und mein Vater stürmt herein.  "Was ist los?", fragt meine Mutter und lässt langsam von mir ab. Doch mein Vater sagt nichts, geht nur auf den Vorhang zu. 

Moment. 

Er geht auf den Vorhang zu. 

*** Flashback Ende ***

Beautiful EyesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt