Kapitel 10

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Das kalte Wasser rinnt erfrischend meine bis dahin trockene Kehle entlang und ich atme tief ein nachdem ich mein Glas in einem Rutsch leergetrunken habe. Ich spüre Louis' Blick auf mir und drehe mich langsam zu ihm. "Alles... gut?", frage ich und er scheint mit einem Mal aus seinen Gedanken gerissen. "Wa- ... Ja, alles gut. Bist du gar nicht müde?" Ich sehe ihn etwas fragend an. Will er mich loswerden? Was ist los mit ihm? Oder ist er immer so?     

"Nein", sagt er plötzlich und ich könnte mich für meine blöden Gedanken mal wieder ohrfeigen, "ich will dich doch nicht loswerden. Mit mir ist alles in Ordnung." Ich nicke etwas künstlich und wende mich zur Tür, will wieder zu den Anderen. Plötzlich greift er mich am Handgelenk und zieht mich wieder zu sich rum und ich sehe ungläubig in sein zugegebenermaßen hübsches Gesicht. Was ist jetzt los? Er sieht mir einfach in die Augen und scheint etwas in ihnen zu suchen. Himmel, was sucht er? Er scheint es, was auch immer es sein mag, zu finden und ich wende mein Gesicht ab, als sich seine Augen mit einem Mal etwas weiten. Er streicht ganz leicht mit dem Daumen über das Handgelenk, welches er noch immer umgreift. Dann lässt er es los und nickt zur Tür hin. "Lass uns wieder zu den Anderen gehen" Ich nicke und er lächelt. Dieses Lächeln... es ist einfach unglaublich. Er lächelt von Herzen und das macht mich ganz verrückt. Wann hat mich das letzte Mal Jemand so angelächelt? So, wie er jetzt? Ich glaube, so etwas habe ich noch nicht gesehen in meinem Leben.

Wieder im Wohnsaal setzen wir uns wieder auf unsere "Stammplätze" und ich lausche den Gesprächen. Louis hält sich größtenteils raus, aber er scheint nicht unglücklich, ganz im Gegenteil. Liam erzählt gerade etwas Witziges und ich muss loslachen. Mein Blick schweift den von Louis und er lächelt mich belustigt an. Wieder dieses Lächeln, es wird mich noch umbringen! Die Grübchen um seinen Mund stehen süß hervor und seine Augen leuchten. Sie sind blau und, wie schon erwähnt, einfach unglaublich hübsch. Ich sehe verlegen woanders hin und treffe Harrys freudigen Blick, in dem aber noch etwas anderes mitschwingt. Was es ist, kann ich nicht sagen, aber es hat sicher was mit der vorherigen Situation zu tun, er muss gesehen haben, wie Louis und ich uns angesehen haben.  Die große Standuhr, die neben einer Art Fotowand steht, zeigt, dass es bereits fünf Uhr morgens ist. Wie schaffe ich es, noch so lange wach zu bleiben, wo ich vor einigen Stunden noch genau gefühlt habe, was für eine Krankheit da über mir schwebt? 

Die anderen Jungs sind gerade in Einzelgespräche vertieft, ein allgemeines Gerede durchflutet die sonstige Stille dieses großen Raumes, als Niall neben mir sagt: "Das ist die Atmosphäre in diesem Haus. Hier haben noch nie andere Wesen als Vampire gelebt, von daher hat es die fast dauerhaft bestehende Energie in sich aufgenommen und Besucher bekommen das dann eben zu spüren. So wie du jetzt. Aber ich sage dir, das hält in den meisten Fällen nicht länger als bis halb sechs Uhr am Morgen, du solltest dir also bald überlegen, ob du schon mal ins Bett willst oder hier unten in absehbarer Zeit einschlafen willst..." Er grinst und ich muss leise kichern. Das ist echt komisch. Aber mal ernsthaft, wo will ich schlafen? Wirklich nachdenken kann ich darüber gerade nicht, da ich so putzmunter bin, wie nur selten. "Keine Sorge, du merkst kurze Zeit vorher, wenn du anfängst müde zu werden. Ein bisschen Zeit hast du also noch." "Das ist gut, ich kann nämlich gerade nicht einmal ans Schlafen denken!" Er lacht. "Ja, das kenne ich." Mit einem Mal ist mir total danach, die Jungs ein wenig über ihre Fähigkeiten auszufragen. Ich will ja schließlich wissen, was da in nächster Zeit auf mich wartet... vorausgesetzt mein Körper übersteht den Tod.

Als es ganz ruhig ist, frage ich einfach drauflos: "Leute?" Die Fünf sehen mich erwartungsvoll an. "Ich hab Fragen. Kann ich euch ein paar davon stellen?" Sie nicken einstimmig und ich lege los: "Wie und wann lest ihr Gedanken und wieso macht ihr das nur ab und zu? Könnt ihr das kontrollieren?" Sie sehen sich an, scheinen abzusprechen, wer das jetzt erklären soll und die Wahl ist wohl auf Liam gefallen, der schon einmal eine Lexikon- oder Wörterbuchreife Erklärung abgelegt hatte. "Also", beginnt er, "das mit dem Gedankenlesen ist nicht sehr schwer, fordert aber dennoch etwas Konzentration. Man denkt an die Person, dessen Gedanken man lesen möchte und sieht sie bestenfalls an. Hat man die Möglichkeit nicht, hat man zwar noch die Chance dazu, allerdings kann es dann sein, dass ein einziger Gedanke an etwas anderes alles durcheinanderwürfelt oder der Gedanke nur in unleserlichen Fetzen ankommt. Alles verstanden?" Ich nicke. Wow. "Liam, du solltest Neuankömmlingen in der Vampir-Branche Unterricht erteilen!" Er grinst geschmeichelt und sagt: "Naja, ich hab ja dich. Aber zeigen und beibringen können dir die Anderen den ganzen Kram mindestens genauso gut." Ich grinse. Na, das kann ja witzig werden, wenn mir dann alle einen Teil beibringen. Ja, wird's auch. Mach dich auf was gefasst!, sagt plötzlich eine Stimme in meinem Kopf. Oh, shit, jetzt macht mich entweder das Haus oder die Müdigkeit, die jeden Moment einsetzen könnte, wohl völlig verrückt. Nicht doch. Das ist ganz normal, wir können Menschen, die keine Gedanken lesen können auch welche senden...macht nur auf Dauer Kopfschmerzen!, sagt die Stimme und ich erkenne, das es die von Zayn ist, der mich jetzt verschmitzt anlächelt. Ich lache lautlos, doch die anderen bemerken von unserer Konversation gar nicht, sie albern miteinander rum und haben Spaß. Selbst Louis, der vorhin noch recht verhalten war, neckt jetzt Harry, der ihn piekt und somit einen legendären Piek-du-mich-dann-piek-ich-dich-zurück-Krieg auslöst.

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