Kapitel 8

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Harry sieht mich an und nickt Liam zu, der daraufhin erklärt: "Also erst einmal wird dir einiges an Blut entnommen, sodass du sehr müde sein wirst, vermutlich wirst du einschlafen und das Einspritzen des Giftes nicht mitbekommen. Die Einwirkzeit beträgt so um und bei eine Woche, aber... zwischendrin wirst du schon erste Veränderungen feststellen, deine Haut wird etwas blasser und deine Eckzähne sind spitzer und kräftiger... und du solltest noch einmal die Sonne genießen, denn danach wirst du sie nie wieder auf deiner Haut spüren können."

Nach seiner Wörterbuchreifen Erklärung sehe ich mit leicht geweiteten Augen zu Harry, der mich fragt: "Alles verstanden?" Ich nicke und atme tief ein. Das tut etwas in der Lunge weh und ich huste kurz. Als ich mich wieder gefangen habe, sehe ich mir die Jungs noch mal genauer an. Sie sind alle gut gebaut, aber was mir auffällt, ist, dass sich ihre Brustkörbe nicht heben und senken, wie bei normalen Menschen. Gut, das könnte daran liegen, dass sie nicht normal sind, aber wieso sind sie in der Lage zu leben ohne zu atmen?

"Doch, wir atmen", sagt Niall plötzlich und ich schrecke aus meinen Gedanken hoch. "Man sieht es aber nicht immer. Manchmal halten wir auch unbewusst die Luft an und fangen erst wieder an zu atmen, wenn wir nach einiger Zeit müde werden." Ich nicke und frage mich, wie es wohl sein wird, wenn mein Körper ebenfalls zu so etwas in der Lage sein wird. Ich frage mich, ob man das wohl lernen muss... Liam nickt mir als Antwort zu und ich muss kichern. "Was ist?", fragt Harry. "Es ist einfach witzig, dass ihr einfach auf meine Fragen antworten könnt, ohne, dass ich sie ausgesprochen habe. Das ist... ungewohnt aber mir gefällt's."

Nach einer Weile muss ich gähnen und vermisse wieder einmal meinen Tropf. "Soll ich dir zeigen, wo dein Zimmer ist?", fragt Louis. Ich nicke und stehe mit etwas wackligen Beinen auf. Er stützt mich und wir gehen zur Tür. Als ich mich noch einmal umdrehe bevor ich den Raum verlasse, sehe ich, wie Niall Liam verschwörerisch ansieht. Was soll das jetzt schon wieder heißen? Liam grinst und was danach passiert sehe ich nicht mehr, denn Louis schiebt mich vorsichtig aus der Tür.

"Verdammt", sage ich als ich die unzähligen Stufen der Treppe erblicke. "Was ist?", fragt Louis. "W-wie soll ich da bloß hoch kommen?", sage ich und lasse den Kopf sinken. Ich kann es kaum erwarten, endlich ein gesunder Vampir zu sein. "Komm, ich helfe dir", sagt er und kniet sich auf den Boden. "Steig auf", sagt er und weist dabei mit dem Kopf auf seine Schultern. "Meinst du das ernst?", frage ich unsicher und beiße mir auf die Unterlippe. Er nickt. Ich nähere mich seinen starken Schultern und lasse mich langsam darauf sinken. Er steht ohne Mühe auf und geht zur Treppe. "Halt dich fest", sagt er und ich lege meine Hände um seinen Hals. Ich sehe zum ersten Mal, wie er Luft holt. Und zwar tief. Plötzlich sprintet er los und ich werde leicht zurück gerissen, doch er verhindert einen Sturz indem er mich an den Knien festhält. Dann stehen wir oben und ich nehme an, er setzt mich ab, doch er trägt mich immer weiter, viele lange Flure entlang, bis wir vor einer der vielen  weißen Türen stehen bleiben. Nun setzt er mich doch ab und öffnet die Tür.

Ich betrete den Raum und sehe mich neugierig um. Es ist ein hübsches Zimmer, lichtdurchflutet und recht groß. An der rechten Wand steht ein Doppelbett mit weißer Bettwäsche, daneben ein kleiner Nachtschrank mit einer altmodischen Uhr und einer Lampe darauf. Rechts vom Bett ist ein Fenster, welches aber nicht durchsichtig, sondern milchig weiß ist und eine raue Oberfläche hat. Zudem hat das Fenster noch dicke Gardienen, die aber zur Seite geschoben sind, sodass der Raum trotzdem hell ist. An der gleichen Wand, in der auch die Tür eingelassen ist, steht auch ein Schreibtisch mit meinem Laptop drauf. Erst jetzt fällt mir auf, dass sich im Zimmer so einige meiner Gegenstände befinden. An der Wand die sich zwischen der Fenster-Wand und der Schreibtisch-und-Tür-Wand befindet, steht ein Kleiderschrank. Er ist ziemlich groß und  weiß mit kleinen, weinroten Griffen.  Ich drehe mich um und entdecke Louis, der am Türrahmen lehnt und mich dabei beobachtet, wie ich das Zimmer mustere. "Gefällt es dir?", fragt er und ich nicke, während ich in Richtung des Bettes gehe. "Es ist wunderschön."

Ich setze mich auf die Bettkante und stütze mich mit meinen Händen hinter mir auf. Louis nähert sich mir etwas und weist dann mit einem Nicken auf den freien Platz neben mir. "Darf ich?" Ich lächle ihn an und nicke. "Weißt du", beginnt er, "es gibt da vielleicht noch etwas, was ich dir sagen muss." Ich sehe ihn überrascht an und sage: "Okay... was ist denn?"

"In einen Vampir verwandelt zu werden ist nicht ganz einfach. Das ist nicht nur ein Biss und ein wenig abwarten. Dein Körper muss zuvor sterben und wird für genau eine Woche tot sein. Danach braucht er die Kraft wieder zu erwachen und da sind bisher alle unsere Opfer dran gescheitert"   Er macht Anführungszeichen mit den Händen während er das Wort 'Opfer' ausspricht und sieht mich schuldbewusst an, als wäre es seine Schuld, dass all die Menschen an dem Erwachen nach dem Tod gescheitert sind.

"Ich habe nichts zu verlieren.", sage ich bestimmt und sehe ihm fest in die Augen. Er nickt verständnisvoll und steht auf. Als er schon zum Gehen in der Tür steht, sagt er sehr leise, fast so als sollte ich das nicht hören. "Wir schon."

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