051 BUCH SIEBEN - Adrastos

20 1 0
                                    

Golden funkelte die Maske, die Tariths Gesicht verdeckte. Golden wie das Licht der gleißenden Sonne, golden wie das Lächeln, das sie immer auf den Lippen trug, wenn sie in meiner Nähe war. Lippen, die ich jetzt nicht mehr sehen konnte, verborgen unter dem goldenen Metall.

"Ich habe dich gefunden", stellte ich fest.

Es hatte mich Wochen gekostet, ihren Spuren zu folgen - sie war eine Meisterin darin, keine zu hinterlassen. Aber kein Lebewesen schaffte es, sich nur als Schatten durch die Welt zu bewegen. Besonders keines, das eine goldene Maske auf dem Gesicht trug.

"Ich habe dich gefunden", korrigierte sie. "Und der junge Blayd fliegt wieder auf seinem Drachen umher."

"Ich konnte ihn nicht töten, Tarith. Ich wollte ihn zu dir bringen - aber du würdest ihn töten. Und das konnte ich nicht zulassen."

Sie schritt nach vorne, verursachte dabei nicht das leiseste Geräusch auf dem Waldboden. Es war, als würde sie zur Natur gehören, ebenso wie ein Baum hierher gehörte. Es war wie früher.

Dann legte sie mir eine Hand an die Wange. "Du hast dich an uns erinnert."

"Was ist aus dir geworden? Ich dachte, du wärst tot", entgegnete ich, mein Atem wurde schnell, das Feuer in meinem Blut schien auf einmal verrückt zu spielen.

"Das war ich auch. Nur nicht auf die Art, an die du dabei denkst", antwortete sie wispernd.

Ich legte meine Hände an das Lederband, das die Goldmaske auf ihrem Gesicht hielt. Sie zuckte ein wenig zusammen, wich aber nicht zurück.

"Ich bin nicht mehr dieselbe, Adrastos. Ich bin gezeichnet."

Vorsichtig löste ich die Schlaufe des Lederriemens und zog ihn dann unter ihren roten Haaren hindurch, bevor ich ihr langsam die Maske vom Gesicht nahm.

Ich erkannte sie kaum wieder. Ihr Gesicht war kaum noch als solches zu erkennen, die Nase eine narbige Erhebung in einer von Brandnarben gezeichneten Hautlandschaft, die einst ein so schönes Gesicht gewesen war. Doch ihre Augen - ihre Augen waren noch dieselben. Sie war es, kein Zweifel.

"Warum...", begann ich, wusste nicht, was ich sie fragen sollte.

"Ich habe versucht, mir das Leben zu nehmen. Unser Kind durfte nicht leben - also wollte ich es auch nicht. Ich versuchte es wirklich - rannte mitten in eine brennende Scheune hinein. Aber die Flammen töteten mich nicht. Sie entstellten mich, vernichteten alles, was ich äußerlich einmal war."

"Weshalb bist du nie zu mir zurückgekehrt? Ich..."

"Mir wurde klar, dass ich ein Ziel hatte. Ein Ziel, das ich immer noch verfolge."

"Was für ein Ziel?"

Sie legte sich die Hand auf den Bauch, strich darüber, als sei sie noch immer schwanger. "Wir holen unser Kind zurück - und bringen die Magie wieder ins Gleichgewicht."

Legenden von Patria - Der Baum der GötterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt