Eigentlich wie jeden Tag wartete ich nur darauf, dass Lily aus der Schule kam.
Sie kam mich danach immer besuchen und erzählte mir wie ihr Tag war. Immer definitiv besser als meiner.
Meiner bestand darin, aufzuwachen, zu frühstücken, ne Ewigkeit am Klavier zu hängen und dann Musik hören bis meine beste Freundin endlich kam.
Heute war es anders.
Ich wusste schon, dass meine Mum in mein Zimmer kommen wollte, bevor sie überhaupt die Tür geöffnet hatte oder sich angekündigt hatte.
Ich hörte es.
Jedes mal wenn sie die Treppen hochging trat sie auf die eine Stufe, die knarrte.
Die Tür quietschte ein bisschen und Mum ging die letzten Schritte zu meinem Bett auf dem ich lag.
"Wie geht es dir, mein Schatz?" Fragte sie und nahm meine Hand.
"So wie immer. Hast du was von Lily gehört? Sie müsste doch eigentlich schon längst da sein" Ich lächelte leicht.
"Lily ist krank. Aber sie ruft heute Abend nochmal an."
"Okay. Bist du wegen etwas bestimmtem hier?" Ich hob meinen Kopf und sah in die Richtung aus der ihre Stimme kam.
"Ja. Ich muss mit dir etwas besprechen." "Was ist denn?" Mir wurde etwas mulmig zumute.
"Amber, du bist jetzt schon seit mehr als fünf Monaten nur zu Hause und machst nichts sinnvolles. Ich... Ich möchte, dass du wieder zur Schule gehst." Ihre Stimme zitterte leicht am Ende ihres Satzes, denn sie war sich unsicher, ob sie das richtige getan hatte. Ich hatte es gehört.
"Was? Nein! Ich bin blind! Hast du das vergessen?" Schrie ich und vergrub meine Fingernägel in meiner Bettdecke.
"Nein, das habe ich nicht. Aber du kannst nicht dein ganzes Leben nur in deinem Zimmer hocken und nichts tun." "Aber ich mach doch was. Ich spiele Klavier und Lily kümmert sich doch um mich! Bitte schick mich nicht zur Schule!" Flehte ich und ich spürte, wie sich ein paar Tränen ankündigten.
"Wenn das in zwei Jahren wieder vorbei ist, hast du keinerlei schulischen Erfahrungen. Wie willst du dann einen Job bekommen?" Ich wusste, dass sie irgendwie recht hatte, aber ich wollte das nicht. "Mum, ich will nicht! Wie soll ich da denn zurecht kommen? Alle werden mich auslachen und verarschen. Ich weiß das jetzt schon." Argumentierte ich weiter, aber an dem Seufzer, den Mum aufstieß merkte ich, dass es sinnlos war.
"Ich hab dich schon angemeldet. Du wirst ab morgen auf die gleiche Schule wie Lily gehen." Sie stand auf, das Gewicht neben mir verschwand.
"Aber..." Setzte ich an.
"November, nein. Jetzt ist Schluss." Wenn sie mich bei meinem vollen Namen nannte, dann war ihre Geduld am Ende.
Die Tür wurde wieder geschlossen und ich konnte mich in Ruhe meinen Selbstmitleidstränen nachgeben.
Die Welt war ja sowas von unfair!