Kap. 42 - Halloweenspecial

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Blut. Dieser betörende Duft. Schnuppernd folgte ich der Duftspur durch den Wald. Das war eindeutig Menschenblut. Wie merkwürdig. Niemand kam hierher. Weshalb auch? Dieser Wald war verflucht. Die Kreaturen die hier hausten, waren gefährlich und bei nicht wenigen standen Menschen ganz oben auf dem Speiseplan. Ich war hierbei keine Ausnahme. Vorsichtig linste ich durch die Zweige einer Eibe. Tatsache. Ein Mensch.
"Und was jetzt?"
Okami warf mir einen fragenden Blick zu.
"Willst du nochmal versuchen dich mit einem anzufreunden, oder freuen wir uns dass wir heute nicht jagen müssen?"
Ich seufzte leise.
"Ich will ihn nicht töten..."
Der Mann hatte uns gehört. Plötzlich sprang er mit einem Messer in der Hand auf uns zu. Okami knurrte leise.
"Das würde ich dir nicht raten."
Er ignorierte sie.
"Wer bist-"
Keine gute Idee, wie sich herausstellte. Okami hatte ihm einen Schlag mit der Pfote verpasst. Das Messer flog davon und rutschte ins Unterholz. Der Fremde ließ sich nach hinten fallen und rutschte rückwärts von ihr weg.
"Bitte töte mich nicht!"
Okami zog wütend die Leftzen hoch.
"Was willst du hier? Suchst du Streit?"
Er wich ihrem Blick aus und betrachtete die frische Wunde an seinem Arm.
"Ich wollte spazieren gehen..."
Okamis Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen.
"Lüg mich nicht an. Niemand geht hier mal einfach so 'spazieren'."
Er senkte den Kopf.
"Ich- Ich wollte nur-"
Ich entschied mich ihm zu helfen. Beruhigend legte ich Okami eine Hand auf den Rücken. Ein eindeutiges Signal, ihn nicht zu fressen.
"Was ist hier los?"
Er starrte mich wie vom Blitz getroffen an.
"Du solltest nicht hier sein. Geh nach Hause."
Er schwieg. Ich wollte mich gerade davon machen, als seine Stimme mich zurück hielt.
"Bitte warte!"
War der nicht mehr bei klarem Verstand?! Wusste er denn nicht wie gefährlich es war? Wie gefährlich ich war?
"Geh nach Hause!"
"Nein!"
"ES IST GEFÄHRLICH!"
"NEIN!"
Ich wurde wütend.
"WAS WILLST DU?!"
Er wurde wieder leiser.
"Ich brauche Hilfe. Bitte..."
Er starrte traurig den Waldboden an.
"Mein Bruder ist krank. Die Ärzte sagen, er hat noch eine Woche, bis er stirbt. Die einzige Heilung ist Drachenblut."
Okami und ich warfen uns einen kurzen Blick zu.
"Jaaa... Dann solltest du dich von ihm verabschieden..."
Der junge Mann sah sie entsetzt an.
"WAS?!"
Ich schmiegte mich sanft an Okami.
"Es ist unmöglich Blut von einem Drachen zu bekommen."
Okami stimmte mir leise zu.
"Ja, das wäre Selbstmord."
"Gib auf."
Der Weißhaarige sah mich verletzt an.
"Aber-"
"Geh. Nach Hause."
"Ich kann nicht!"
Er packte verzweifelt meinen Arm und hielt mich fest.
"Bitte hilf mir!"
Ich merkte wie mein Magen leise zu knurren begann. Verdammt.
"Ich kann dir nicht helfen..."
Er ließ mich los und ging einen Schritt zurück.
"Was...?"
"Es stimmt, ich bin ein Vampir. Aber das heißt nicht, dass ich einfach alles abschlachten kann, wenn mir danach ist. Das mit deinem Bruder tut mir leid, aber ich kann dir nicht helfen."
Der Weißhaarige war in sich zusammen gesackt und rührte sich nicht mehr.
"Außerdem ist Drachenblut kein Heilmittel. Menschen! Ihr könnt nicht einfach irgendjemanden töten und euch dann damit rausreden dass es notwendig war, weil ihr angeblich irgendwas damit heilen könnt. Es tut mir leid."
Damit drehte ich mich um und ging.

Es war vielleicht eine halbe Stunde vergangen, als ein lauter Schrei durch den Wald drang. Ich verdrehte genervt die Augen.
"War ja klar."
Verstimmt schüttelte ich den Kopf, ehe ich zu Okami sah.
"Ich gehe davon aus wir werden diesen Idioten jetzt retten...''
Ich nickte nur kurz, ehe wir uns auf den Weg machten. Besonders weit mussten wir nicht laufen. In diesem Wald gab es viele Drachen. Das lag daran, dass die hier heimischen Drachen in großen Kolonien lebten. Lange Rede kurzer Sinn: der Vollidiot rannte gerade vor ca. 50 Drachen davon. Okami ließ resigniert den Kopf hängen.
"Sieht nicht so aus als würde was für uns übrig bleiben."
Ich gab ihr einen Stoß zwischen die Rippen, ehe ich an seine Seite sprang. Ich war stark, dass wusste ich, aber ich konnte es nicht mit einem Drachen aufnehmen. Ich warf einen kurzen Blick auf die kleine Ampulle aus Glas, die er in seiner Hand umklammert hielt. Wenn er nur so wenig Blut brauchte, hätte er mich auch einfach fragen können. Das wäre nicht schwer gewesen. Ah, Moment... Er hatte mich gefragt.
"Bitte hört auf! Er wird euch nichts tun!"
Mit erhobenen Händen versuchte ich, die Drachen zu beschwichtigen und fluchte als mich ein gigantischer Drachenschwanz erwischte und von den Füßen fegte. Als ich mich wieder aufgerichtet hatte, versenkte ein Drache grade seine Zähne in der Brust des Menschen. Er schrie nicht. Er verzog nicht das Gesicht. Er fiel einfach nur wie ein nasser Sack zu Boden und regte sich nicht mehr. Ich fluchte erneut und stieß den großen Drachenkopf zur Seite, der interessiert an den weißen Haaren schnupperte.
"Hey! Nicht sterben, ja?"
Keine Antwort. Ich hievte seinen Körper auf Okamis Rücken. Die Drachen hatten sich zurück gezogen. Ihr Feind war besiegt.

Zurück in unserem Lager legte ich ihn vorsichtig auf dem Boden ab wärend ich versuchte, ihn nicht kaputt zu machen. Menschen waren so zerbrechlich... Ich legte die Hände auf die Wunde und versuchte die Blutung zu stoppen. Zitternd hielt ich inne und hob die Hände. Das Blut roch betörend gut. Nein! Ich wollte ihn nicht töten! Ich merkte wie mein Mund trocken wurde. Verdammt! Ich wollte Blut. Ich wollte sein Blut. Und ich wollte es jetzt. Wie in einem Rausch beugte ich mich über die Wunde. Ein kleines bißchen Blut würde er schon nicht vermissen. Nur ein wenig... Ich spürte wie mein Verstand schwand. Alles war rot. Ah, dieser Duft... Die Flüssigkeit die meine Kehle hinab rann, besser als jeder Wein. Köstlicher als jedes Blut dass ich bisher gekostet hatte. Es war nicht genug. Es war niemals genug. Auch Okami hatte nicht widerstehen können. Sie hatte sich neben mir niedergelassen und trank schuldbewusst die klebrig warme Flüssigkeit.

Als ich wieder zu mir kam, war es zu spät. Leichenblass lag er neben mir. Die Haut so weiß wie sein Haar. Doch er atmete noch.
"Es tut mir so leid..."
Ich schluchzte. Ich hatte das nicht gewollt. Ich wollte ihn nicht leer trinken.
"Shinku."
Ich sah auf.
"Was?"
"Ich heiße Shinku. Shinku Murasaki."
"Akira. Mein Name ist Akira."
Er lächelte leicht.
"Ein schöner Name. Genau wie sein Besitzer..."
Ich konnte meinen Ohren nicht trauen.
"Shinku, du liegst im Sterben!"
Er schloss die Augen und schmunzelte.
"Stimmt. Deswegen muss ich auch keine Angst haben wie du darauf reagierst. Es ist völlig egal..."
Ich merkte wie mir erneut die Tränen hoch kamen.
"Bitte sag meinem Bruder dass ich es nicht geschafft habe. Ich will nicht dass er auf mich wartet..."
Ich sah traurig auf ihn herab.
"Das mach ich. Würde das Blut ihm wirklich helfen?"
Shinku schüttelte den Kopf.
"Vermutlich nicht. Ich wollte mich nur daran klammern, dass es eine Heilung für ihn gibt."
Seine Stimme wurde gegen Ende immer leiser, ehe sie ganz verklang.
"Bitte... bitte nicht."
Ich drückte mich verzweifelt an Okami.
"Ich hab ihn umgebracht!"
Die große Wölfin nickte.
"Jap. So bist du nunmal."
"Ich will so nicht sein..."
Sie schnupperte zärtlich an meinem Ohr.
"Das ist nichts, was wir entscheiden können."
Ich sah langsam auf.
"Aber... es ist etwas, was wir nutzen können."
Die große Wölfin hob verwundert den Kopf. Ich stand auf und wischte mir das Blut aus dem Gesicht.
"Ein Vampir ist dafür gemacht an Blut zu gelangen."
"Wundervoll..."
Okami klang genervt.

Zitternd stand Shinji vor seiner Tür. Von seinem Bruder fehlte jede Spur. Er war am letzten Tag aufgebrochen und nicht zurückgekehrt. Angespannt stieß er die Luft aus und beobachtete, wie die Kälte seinen Atem weiß färbte. Etwas rotes in seinem Augenwinkel erregte seine Aufmerksamkeit.
"Was...?"
Ein rothaariges Mädchen sprang zu ihm auf die Veranda.
"Hallo. Ich bin Akira Uzumaki. Ich bin hier, um dir etwas zu überreichen."
Er starrte sie verwundert an.
"Woher weißt du, dass ich die Person bin, die du suchst?"
Sie verzog schmerzlich das Gesicht.
"Du hast den gleichen Geruch wie er..."
'Er'? Konnte sie tatsächlich von seinem Bruder sprechen? Die drückte ihm eine Ampulle mit einer roten Flüssigkeit in die Hand.
"Das Blut eines Drachen."
Sie zögerte kurz, dann sprach sie weiter.
"Dein Bruder... Er hat es leider nicht geschafft."
Sein Herz zog sich schmerzhaft zusammen, wenngleich er auch schon damit gerechnet hatte.
"Ich verstehe."
Er gab ihr die Ampulle zurück.
"Das Blut kann mich nicht mehr retten. Das Dorf wollte es als seltenes Heilmittel verkaufen, deswegen haben sie Shinku danach suchen lassen. Bitte nimm es zurück. Ich habe gehört es soll auch Vampiren von großem Nutzen sein."
Sie sah ihn erst überrascht an, doch dann nickte sie nur.
"Dürfte ich dich noch um einen Gefallen bitten?"
Sie nickte.
"Was immer du willst."
Er sah ihr ernst in die Augen.
"Brenn es nieder! Brenn das ganze Dorf nieder! Sie sollen für das Opfer meines Bruders leiden! Sie sollen büßen!"
Die Rothaarige verzog keine Miene.
"Dein Wunsch sei mir Befehl."

Es sollte erst ein Happy End werden, aber....

Die Zukunft der UzumakisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt