Kapitel 47

881 53 21
                                    

Mit deutlich besserer Laune, viel weniger gereizt und auch nicht mehr genervt von Dans Anwesenheit betrat Nick die Küche wieder.

"Sag mal, hast du Lust mich ein paar Tage besuchen zu kommen?", überfiel Dan ihn augenblicklich. Überrumpelt blieb Nick im Türrahmen stehen. Wo kam das auf einmal her? Jahrelang hatten sie keinen Kontakt und jetzt diese Einladung?

Machte er so einen erbärmlichen Eindruck? War das alles nur aus Mitleid? Darauf konnte er getrost verzichten. Er musste auf Ty verzichten, dann auf Jack und auf Dan konnte er auch verzichten.

Er hatte sich sein Leben so eingerichtet, dass er zurechtkommt. Nur weil das nicht die Art und Weise ist, die andere von ihm erwarten, wollte er kein Mitleid. Jeder hat seine Schwächen und er war da keine Ausnahme. Was war so schlimm daran?

Dan erwartete jedoch eine Antwort und Nick wusste nicht, wie er ihm sagen konnte, dass er sich verziehen soll. Also wählte er den leichtesten Weg, sagte: "Klar, gerne" und zwang sich ein Lächeln auf, dass sich in Dans Gesicht spiegelte. Es konnte so einfach sein.

Er konnte immer noch absagen, wenn Dan einen Zeitraum vorschlägt. Arbeit, kein Urlaub bekommen, ein kaputtes Auto, ein krankes Familienmitglied, die Möglichkeiten waren unendlich und Nick hatte kein Problem sich eine schöne davon auszusuchen.

Dan hatte sich die letzten Jahre nicht um seine Gefühle geschert, warum sollte Nick sich jetzt um seine kümmern?

"Freut mich voll", entgegnete Dan bei der Annahme seiner Einladung. Das war wenigstens etwas. Vielleicht könnte er Nick so ein paar Tage nüchtern bekommen und ihm zeigen, dass er es auch ohne Alkohol schaffen konnte.

"Soll ich mithelfen?", bot Nick an und deutete auf die Zutaten, die gewaschen auf dem Küchentisch lagen. Er fühlte sich sogar ein bisschen schuldig, dass er Dan vorhin so in Gedanken verflucht hatte.

"Also zuerst müssen die Möhren in dünne lange Streifen geschnitten werden", erklärte Dan und machte es vor. Gegenüber voneinander saßen sie an dem kleinen Küchentisch. Diese Szene erinnerte Dan unweigerlich an zuhause. Wenn sie beide einmal Zeit hatten, kochten sie auch zusammen.

"Wie war das Klassentreffen eigentlich noch, nachdem ich gegangen bin?", fragte Nick halb aus Neugier, halb um Konversation zu betreiben. Er wusste was bei ihm passiert war. Er stand eine kleine Ewigkeit mit Ty auf dem Parkplatz und ließ sich einfach von ihm im Arm halten.

Es war wie nach Hause kommen. Er hatte es so unglaublich vermisst, zu spüren, wie sich Tys starke Arme um ihn legen und sein Gesicht an Tys starker Brust ruhen zu lassen, während dieser sein Kinn auf Nicks Kopf ablegte.

Er konnte sogar Tys Herzschlag hören. Mit der Zeit synchronisierte sich ihr Atem und es war als wären sie Eins. Nicks Gefühle brandeten auf, obwohl er so gut versucht hatte, sie zu ersticken. Er sollte Ty hassen und das tat er auch. Aber leider liebte er ihn noch viel mehr als er ihn hasste.

Er wollte ihn wieder haben, wieder sein fester Freund sein, ein Teil seines Lebens sein. Er wollte, dass alles wieder wie früher wurde. Er wollte diese verdammten letzten Jahre ungeschehen machen. Er wollte endlich vergessen, wie sehr ihn seine große Liebe verletzt hatte. Er wollte sich endlich nicht mehr so erbärmlich fühlen.

Er wollte so viel und bekam doch nichts davon.

Ty hatte ihre Umarmung schlussendlich gelöst, Nick eine Hand an die Wange gelegt und ihm mit einem tiefen Blick in die Augen versichert, dass er sich immer bei ihm melden kann. Dann haben sie sich verabschiedet und Nick sah ihm hinterher, bis er im Hotel verschwunden war.

Obwohl er wusste, dass Ty eine Freundin hat und das nur platonisch war, fasste er sich verträumt an die Wange. Er konnte Tys Berührung noch spüren, die ein warmes Kribbeln auf seiner Haut hinterlassen hatte.

Mehr als ein Kuss ~ boyxboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt