Wie in Trance bewegte sich Dan im flackernden Licht, das die Scheinwerfer auf die Tanzfläche des Clubs warfen. Er wusste nicht, ob es am Alkohol lag oder daran, dass er so viel davon getrunken hatte, weil er sich so schuldig fühlte, dass er viel zu oft an Jack dachte.
Er fühlte sich, als wäre er gar nicht da. Er bewegte sich mehr aus dem Kopf als aus dem Gefühl heraus. Er sah seine Freunde an, die lachten und Spaß hatten und fühlte nichts. Er sah Oliver, der ihn mit lustigen Moves antanzte und empfand keinen Spaß daran.
Ihm entging nichts und doch konnte er nicht teilhaben. Er war viel zu sehr in seiner Gedankenwelt gefangen.
Er wusste, dass er und Jack nicht zusammenkommen würden - wobei: konnte er es wirklich sicher wissen? Wäre dann nicht längst dieser kleine Funke Hoffnung verschwunden, an den er sich immer noch klammerte?
Er war mit Oliver und seinen Freunden in einem Club, in dem sich die Gruppe auf der Tanzfläche alkoholisiert zur Erschöpfung tanzte. Normalerweise würde er Spaß haben.
Jetzt fühlte er sich nur verloren. Hatte er nach dem, was er getan hatte, überhaupt noch das Recht hier zu sein?
Durfte er Olivers Liebe genießen, während er ihn hinterging? Er wusste nicht, was er tun sollte. Wobei - eigentlich wusste er das schon. Er sollte sich Jack endgültig aus dem Kopf schlagen, aber das war nicht, was er auch wollte.
Seine Gedanken nervten ihn so sehr, dass er erneut den Weg zur Bar einschlug. Sein Geld für überteuerte Getränke in einem Club rauszuwerfen war nur eine weitere von vielen schlechten Entscheidungen, die er in letzter Zeit getroffen hatte.
In ihm brodelte die Wut auf sich selbst und als die Barkeeperin ihn auch noch ignorierte, konnte er sich nur knapp zurückhalten, sie blöd von der Seite anzumachen.
"Kann ich dir einen Drink ausgeben?" Dan drehte sich um. Oli stand neben ihm und grinste ihn verschmitzt an. Verwirrt antwortete Dan: "Klar." Warum war Oliver ihm gefolgt und bot jetzt an für seinen Drink zu zahlen?
"Was möchtest du?", fragte er ihn, während er Geld aus seiner Hosentasche herauskramte. Dan ließ seinen Blick über die Tafel hinter der Bar fliegen. "Shots?", schlug Oliver vor, der merkte, dass Dan sich nicht entscheiden konnte.
Es beruhigte Dan ein bisschen, dass auch Oli von der beschäftigten Barkeeperin übersehen wurde. "Bist du öfter hier?" Verwirrt schaute Dan seinen Freund an. Diese Frage ließ ihn vermuten, dass Oli noch mehr getrunken hatte als Dan selbst.
"Äh", brachte Dan heraus, während zum Glück die Barkeeperin Olis Aufmerksamkeit in Anspruch nahm und kurz darauf zwei Gläser über den Tresen schob.
"Auf dich." Auffordernd hielt Oli sein Glas in die Höhe. Ohne wirklich zu wissen, was gerade vor sich ging, nahm Dan das andere Glas, stieß mit Oli an und kippte den Shot in einem schnellen Zug hinunter.
"Was macht so ein gutaussehender junger Mann wie du alleine hier?"
Dan war sicher, dass Oli ihn als nächstes fragen würde, ob er etwas im Auge hatte, so verwirrt blinzelte er. Machte sein Freund ihn gerade wirklich im Club mit schlechten Sprüchen an? Oder war er einfach schon so betrunken, dass er sich das einbildete?
Um das zu überprüfen, stellte er sein Glas ab und berührte Olivers Oberarm. Warm und etwas schwitzig - wie man sich im Club eben anfühlte. Das passierte also gerade wirklich. Sollte er einfach darauf einsteigen - zum Spaß?
"Ich bin mit FreundInnen da", antwortete er ehrlich.
"Die sehe ich aber gerade nicht." Anscheinend hatte sich Oliver zum Ziel gemacht, alle schlechten Flirtstrategien auf einmal anzuwenden.
"Mein Freund sollte ganz in der Nähe sein", sagte Dan und versuchte, nicht über diese komische Situation zu lachen.
"Ich glaube dir nicht ganz, dass du diesen Freund nicht nur erfunden hast."
"Musst du auch nicht, aber ihn gibt es wirklich. Egal was du glaubst."
"Würde dich dieser Freund davon abhalten mit mir zu tanzen?"
Nachdenklich schaute Dan ihn an, bevor er sagte: "Ich denke, tanzen ist okay."
Bei jedem anderen hätte er in dieser Situation Nein gesagt. Die gängigen Regeln dafür, wie man sich zu verhalten hat, wenn er eigene Freund einen anmacht und dabei tut, als würde er einen nicht kennen, waren Dan leider nicht geläufig.
Oliver zog Dan an der Hand auf die Tanzfläche. Sie tanzten nah aneinander und schauten sich ununterbrochen in die Augen. Plötzlich war es viel aufregender für Dan in diesem Club zu sein. Und Oliver hatte ihn mit seiner Aktion wieder ins Hier und Jetzt geholt.
"Wollen wir vielleicht raus gehen?", fragte Oliver nach ein paar Liedern. Dan nickte nur und bahnte sich einen Weg durch die schwitzenden Körper nach draußen. Selbst die frische Luft ließ ihn nicht nüchterner werden. Alles an diesem Abend war voller Spannung.
Sie gingen ein paar Meter, bis sie nicht mehr so nah bei den anderen Leuten standen, die kurz frische Luft holten oder rauchen wollten.
Oliver ließ sich auf dem Bordstein nieder und Dan tat es ihm nach. Oliver rückte näher, bis sich ihre Schultern berührten.
"Und was würde dein Freund davon halten, dass wir allein hier draußen sitzen?"
Dan war nicht mehr sicher, ob das ein einfaches Spiel war, oder ob Oli ihn testen wollte.
"Ich würde das nicht machen, wenn ich nicht denken würde, dass es für ihn okay ist", sagte er mit einem Schulterzucken.
"Und wenn ich dich jetzt küssen würde?", fragte Oliver weiter.
"Das würde ihm sicher gefallen." Dan hoffte, dass Oliver verstand, dass er das nur zuließ, weil es Oli war und kein anderer.
Vermutlich tat er es, denn er schloss den Abstand zwischen ihnen und küsste Dan. Die Spannung, die die ganze Zeit zwischen ihnen geherrscht hatte, fiel von ihm ab und vergrößerte sich gleichzeitig um ein Vielfaches.
Sein Körper reagierte so intensiv auf diesen Kuss, wie er es schon lange nicht mehr erlebt hatte.
"Mein Freund würde es sicher auch lieben, jetzt mit mir heimzugehen", flüsterte Dan an Olis Lippen.
Obwohl der Abend dazu gedacht war, endlich ihre Freundeskreise zu vereinen und einmal etwas mit allen zusammen zu unternehmen, obwohl sie sich nicht verabschiedet hatten, sagte Oliver: "Das würde er garantiert."
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Mehr als ein Kuss ~ boyxboy
RomanceSpin Off/ Fortsetzung zu Nur ein Kuss "Das Ganze", Jack deutete vage auf den Raum, "ist einfach zu-" Er fand nicht mal das richtige Wort, um es zu beschreiben und ließ den Satz deshalb unbeendet. "Ich weiß", stimmte Dan ihm zu und schaute danach aus...