Kapitel 62

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"Du musst mich nicht bei dir schlafen lassen", sagte Jack sobald Nick außer Hör- und Sichtweite war.

"Weiß ich", tat Dan es ab, der keine Lust auf die Diskussion hatte, die er erahnte.

"Gut. Dann kannst du Nick ja sagen, ich hätte bei dir übernachtet", legte Jack fest und wollte sich aus dem Staub machen. "Und wo willst du wirklich hin?", hinterfragte Dan.

"In ein Hotel natürlich."

"Das ist doch Schwachsinn. Du kannst kostenlos bei mir übernachten, also zier dich nicht so", versuchte Dan ihn umzustimmen, ohne dass Jack merkte, wie verzweifelt er diese Übernachtung wollte.

"Muss echt nicht sein", widersprach Jack.

"Wovor hast du Angst?", fragte Dan in der Hoffnung, ihn damit so zu provozieren, dass er klein beigab.

"Vor gar nichts", gab Jack bissig zurück.

"Beweise es", forderte Dan mit einem selbstsicheren Grinsen.

Er wusste, dass er Jack umgestimmt hatte, noch bevor dieser auf sein Auto zusteuerte. Zufrieden wartete Dan, bis er das Okay von Jack bekam, sich umzudrehen, verstaute dann den Rollstuhl im Kofferraum und ließ sich hinter dem Lenkrad nieder.

Spontan schoss ihm der Gedanke durch den Kopf, ob es für Jack irgendeine Möglichkeit gab, selbst ein Auto zu fahren. Gerne hätte er ihn danach gefragt, ließ es aber aus Angst vor der Reaktion bleiben.

"Ich dachte immer du sprichst mit Nick nicht über Ty", entschied sich Dan für ein weniger verfänglicheres Thema.

"Tue ich auch nicht."

"Was war das dann heute?", hakte Dan nach.

"Komm schon. Wie hätte ich dazu nichts sagen sollen? Er stürzt sich nur viel tiefer in sein Unglück. Wenn ich ihn schon nicht aufhalten kann, habe ich es wenigstens versucht", erklärte Jack vom Beifahrersitz aus.

"Das ist", setzte Dan verwundert an, "sehr nett."

Jack winkte ab, als wäre es Nichts. "Ich will nur kein schlechtes Gewissen haben."

"Ich wusste nicht, dass du überhaupt ein Gewissen hast", sagte Dan und ließ es wie ein Scherz klingen, auch wenn viel mehr Wahrheit darin steckte.

"Sehr lustig", tat Jack es ab.

Bis sie Dans Elternhaus erreichten sprachen sie weiter über Nick. Sie unterbrachen ihr Gespräch nur als Dan ausstieg und Jack genügend Privatsphäre gab, um es ihm nachzumachen.

Als sie das Haus betraten, bemerkte Jack, dass sich nicht viel verändert hatte, seit dem letzten Mal, außer dass die Räume leerer wirkten und überall Umzugskartons herumstanden.

"Warum zieht deine Mutter eigentlich um?", fragte Jack und steuerte auf die Küche zu.

Dan fielen fast die Augen heraus, so weit riss er sie vor Überraschung darüber auf, dass Jack ihm eine persönliche Frage stellte und sich anscheinend auch noch für die Antwort interessierte.

"Für sie allein ist das Haus zu groß und meine Schwester und ich waren beide nicht so weit, dass wir uns festlegen wollten, ein Haus zu besitzen", antwortete Dan. Er folgte dabei Jack in die Küche, der sich unzufrieden umsah.

Jack gab nur ein unverbindliches: "Mh" von sich. So viel zu seinem Interesse an der Antwort.

Dan bemerkte jedoch den unzufriedenen Blick und ihm wurde klar, dass Jack auf eins der höher gehangenen Regale schaute. "Willst du vielleicht etwas trinken?", bot er an, in der Hoffnung, dass es das war, was Jack wollte.

Mehr als ein Kuss ~ boyxboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt