GODDESS IV Ein Leben ✔︎

43. Farewell

"Ich bin in dieses Zimmer gegangen. Ich weiß noch, dass ich selbst zu diesem Zeitpunkt noch die Hoffnung hatte, die Polizei hätte sich geirrt."

Für einen Außenstehenden mochte es naiv klingen, doch mein sonst sehr rational denkende Gehirn hatte in diesem Moment einfach einen zu großen Schock erlitten.

"Ich bin an das Bett getreten. Und dann... Ich habe sie gesehen. Wie sie dort lag. Sie hatten das Blut abgewaschen, aber die Verletzungen waren trotzdem zu sehen", mir liefen die Tränen über die Wagen, meine Augen brannten.

Ava presste mich an sich und hielt mich fest. Ohne sie wäre ich einfach in mir zusammengefallen.

"Ich habe sie nicht mal 2 Sekunden angesehen. Danach bin ich aus dem Raum gestürmt und habe mich in den nächsten Mülleimer übergeben."

Zitternd dachte ich zurück. Seit diesem Tag löste der Geruch im Krankenhaus unangenehme Erinnerungen und Übelkeit bei mir aus.

"Ich weiß nicht genau, was dann passiert ist, jedenfalls bin ich am nächsten Morgen neben meiner Mutter aufgewacht. Laut den Ärzten war ich nicht von ihrer Seite wegzukriegen. Ich habe die ganze verdammte Nacht bei ihr verbracht!"

Der letzte Satz kam ein wenig zu laut über meine Lippen, doch Ava sagte nichts dazu. Stattdessen streichelte sie mir nur beruhigend über den Rücken.

"Dadurch hattest du Zeit, um Abschied zu nehmen. Es gibt so viele Menschen, die diese Möglichkeit nicht bekommen, Lenore", leise redete sie auf mich ein.

Natürlich wusste ich, dass sie irgendwie Recht hatte, doch ich hatte trotzdem nicht das Gefühl, ich hätte richtig Abschied nehmen können.

Dazu hätte meine Mutter leben müssen.

Doch zu diesem Zeitpunkt war sie bereits tot.

Vielleicht konnte ich mich von ihr verabschieden, doch sie sich nicht von mir.

Und zu einer richtigen Verabschiedung gehörten immer 2 Leute.

"Es tut mir leid, dass ich es dir nicht eher gesagt habe", ich rechnete mit einer Zustimmung, doch Ava schüttelte nur sanft den Kopf.

"Du hast Zeit gebraucht, Lenore! Ich bin so froh, dass du es mir jetzt erzählt hast. Und ich bin froh, dass du es von dir aus erzählt hast und ich dich nicht dazu gedrängt habe."