| 11 | 𝓔𝓲𝓷 𝓼𝓬𝓱𝓻𝓮𝓬𝓴𝓵𝓲𝓬𝓱𝓮𝓻 𝓕𝓮𝓱𝓵𝓮𝓻

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Eine Weile waren sie damit beschäftigt, die Pizza zu essen, solange sie noch heiß war. Kat stellte zufrieden fest, dass Oliver bereits drei Stücke gegessen hatte und sich gerade über das vierte machte. Er trank sogar von der Cola. Na bitte, es ging doch.

»Und? Was sagen Sie?«

Er nickte. »Uh-hm, wirklich lecker«, meinte er mit vollem Mund.

Kat grinste. »Hab ich Ihnen doch gesagt.«

»Aber deswegen werde ich dem Kaviar und dem Champagner trotzdem nicht absagen. Das ist wohl so eine Erziehungsgeschichte. Wollen Sie das Stück noch?«

Vergnügt schob ihm Kat den Karton zu und schüttelte den Kopf. »Nein, nehmen Sie ruhig. Die Wirkung setzt erst ab dem fünftem Stück ein.«

Seine Hand erstarrte über dem Karton und sein Kopf fuhr zu ihr herum. »Welche Wirkung?«, fragte er, sein Blick misstrauisch. Sie spürte, wie der Alkohol aus seinem Körper schwand und seine Lebensgeister zurückkehrten. Seine Bewegungen waren lebhafter und kontrollierter, seine blauen Augen klar und seine Stimme deutlich. Sie hatte das Gefühl, gerade einen seltenen Blick auf den Oliver von früher zu erhaschen.

»Oliver? Oliver isst Pizza?«, rief in diesem Moment eine ungläubige Stimme zu ihrer Rechten. Kat zuckte zusammen und drehte sich um, aber natürlich war niemand da. Claire war zurück und sie klang überrascht. Kat nickte kaum merklich und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.

»Kat? Was ist los?« Oliver blickte alarmiert über ihre Schulter, konnte jedoch niemanden sehen. Genauso wenig wie sie.

»Nichts, ich dachte, ich hätte etwas gehört«, erfand sie schnell.

»Ich fasse es nicht. Oliver und Pizza. Ich kann mich nicht erinnern, wann er das letzte Mal eine Pizza gegessen hat. Das muss an der Uni gewesen sein.« Claire lachte.

»Also? Welche Wirkung? Sie haben mir noch keine Antwort gegeben«, kehrte er zum Thema zurück.

»Ach.« Kat machte eine wegwerfende Handbewegung. »Nichts Schlimmes. Sie werden sich nur gleich die Kleider vom Leib reißen, auf den Tisch steigen und einen wilden Tanz aufführen. Jedenfalls habe ich das beim ersten Mal gemacht, als ich die Voodoopriesterin gegessen habe.«

»Was?« Er sprang vom Sofa auf, verzog schmerzerfüllt das Gesicht und setzte sich sofort wieder. »Warum haben Sie mir das nicht gleich gesagt? Wieviel Stücke hatte ich?«

Kat konnte sich nicht länger zurückhalten. Sie brach in Gelächter aus. »Keine Angst, Ihnen wird nichts passieren.« Er starrte sie weiter entsetzt an. »Es war ein Scherz«, versicherte sie ihm. »Das sind nur Chiliflocken. Obwohl man Chili eine aphrodisierende Wirkung nachsagt ...«

»Für diese Frechheit sollte ich Sie mit diesem Pizzastück auspeitschen!«, rief er entrüstet, aber sein Mundwinkel zuckte.

Kat ergriff die Flucht, hüpfte von der Couch, schnappte sich den leeren Karton und brachte ihn die Küche.

»Wie haben Sie das bloß geschafft?«, sagte Claire. »Er sieht glücklich aus.«

»Ich habe uns nur Pizza bestellt.« Sie zuckte mit den Schultern.

»Seit sechs Monaten habe ich ihn nicht mehr lächeln gesehen. Seit ich ... Sie tun ihm gut, Kat.«

Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie konnte Claire wohl kaum gestehen, dass sie auf ihren Mann stand. Das wäre merkwürdig. Obwohl, realistisch betrachtet Oliver nicht mehr ihr Mann war, sondern ihr Witwer. »Ich möchte nur verhindern, dass er sich wieder etwas antut.«

»Würde es Ihnen etwas ausmachen, mehr Zeit mit ihm zu verbringen? Ich glaube, Sie können ihm helfen, aus seiner Trauer zu finden. Ich würde mich für ihn freuen, wenn er wieder glücklich wäre.«

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