| 15 | 𝓔𝓲𝓷 𝓱𝓪𝓻𝓽 𝓮𝓻𝓪𝓻𝓫𝓮𝓲𝓽𝓮𝓽𝓮𝓼 𝓖𝓾𝓶𝓫𝓸

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»Granny? Ich bin wieder da!«

Kat war zurück.

Sie warf ihren Schlüssel in die kleine Schale auf der Kommode im Flur, stellte ihre Tasche daneben und ging ins Wohnzimmer.

»Granny? Wo bist du?«

Kaum hatte sie das Wohnzimmer betreten, blieb sie wie angewurzelt stehen. Sie traute ihren Augen kaum. Sie blinzelte ein paar Mal, doch der Anblick änderte sich nicht. Oliver Calvert saß unbeholfen in dem hellblauen Ohrensessel ihrer Großmutter und hielt ihre Minnie Tasse in beiden Händen. Jetzt hatte sie endgültig den Verstand verloren. Sie starrte ihn mit offenem Mund an und rührte sich nicht.

»Kat, Schätzchen, komm doch rein.« Granny erhob sich vom Sofa und kam zu ihr. »Wir haben Besuch.« Sie legte ihr die Hand auf die Schulter und beugte sich zu ihr. »Du starrst ihn an«, zischte sie Kat ins Ohr.

»Sie? Was machen Sie denn hier?«, platzte es aus ihr heraus. Sie hatte erwartet, ihn nie wieder zu sehen. Er hatte ihr deutlich zu verstehen gegeben, dass er sie nie mehr sehen wollte. Und jetzt saß er in ihrem Wohnzimmer.

»Hallo, Kat.«

Das war alles? Mehr hatte er nicht zu sagen? Kat verschränkte die Arme vor der Brust und funkelte ihn wütend an. »Das ist meine Tasse«, fauchte sie.

»Tut mir leid, ich wusste nicht ...« Er beeilte sich, die Tasse auf den Tisch zu stellen.

»Mister Calvert ist hier, weil er unsere Hilfe braucht«, sagte ihre Großmutter versöhnlich.

Kat schnaubte verächtlich. »Ach?« In Wahrheit wollte sie sich nicht eingestehen, dass ihr Herz bei seinem Anblick gegen ihren Brustkorb hämmerte und ihr Magen Purzelbäume schlug. Sie freute sich, ihn zu sehen.

»Komm, setz dich erst einmal. Du hattest einen anstrengenden Tag.« Bestimmt spürte ihre Großmutter ebenfalls das Knistern, das in der Luft lag. Kat setzte sich auf die Couch, schnappte sich ihre Tasse und klammerte sich nun ihrerseits daran fest. »Hat man wieder auf Sie geschossen? Oder ist Ihnen wieder aus Versehen das Tablettenröhrchen in den Wodka gefallen?«, giftete sie.

»Kat!« Granny warf ihr einen entrüsteten Blick zu.

»Schon gut.« Oliver fuhr sich mit der flachen Hand übers Gesicht. »Kat hat recht, Mrs LaSalle. Sie hat allen Grund, auf mich wütend zu sein.«

Kat schüttelte den Kopf. Am liebsten hätte sie sich in den Arm gezwickt. Es war verrückt, ihn mit seinem gestärkten dunkelblauen Hemd und der beigen Hose mit perfekter Bügelfalte in ihrem Lieblingssessel sitzen zu sehen, während er mit dieser kultivierten Stimme sprach. Was hatte sie sich nur dabei gedacht, ihn hierher einzuladen? Er gehörte nicht in dieses Haus, in diese Welt.

»Darum kümmern wir uns später.« Granny machte eine wirsche Handbewegung. »Jetzt essen wir erst einmal. Auf vollen Magen verträgt es sich besser.« Sie war schon auf halbem Weg in die Küche.

Kat beobachtete mit Genugtuung, wie Oliver versuchte, so schnell wie möglich aus dem Sessel zu klettern und dabei fast der Länge nach auf dem Teppich gelandet wäre. »Nein, ich kann nicht. Danke für das Angebot, aber ich muss ...«

Granny wirbelte herum und bedachte ihn mit diesem Gesichtsausdruck, der keine Widerrede duldete. Kat hatte immer gedacht, der wäre nur für sie bestimmt, aber nun traf er Oliver mit voller Wucht. »Keine Widerrede!« Sie deutete mit dem Finger auf ihn. »Ich wette, Sie haben heute noch nichts Anständiges gegessen. Sie sind ja nur noch Haut und Knochen. Wird Zeit, dass mal jemand dafür sorgt, dass sie wieder was auf die Rippen bekommen.« Ihr unerbittlicher Ton verfehlte seine Wirkung nicht. Kat amüsierte sich prächtig, als er tatsächlich klein beigab und die Zähne aufeinanderbiss. »Sie sind doch keiner von diesen neumodischen Verrückten, oder? Veganer, Fruganer und wie die alle heißen?« Oliver schüttelte den Kopf. »Gut. Bei mir wird noch traditionell gekocht. Mit allem Drum und Dran. Hat noch keinem geschadet.« Sie verschwand in der Küche.

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