Eine Villa in New Orleans, in der unheimliche Dinge geschehen.
Eine junge Kellnerin, die dem Geheimnis des Hauses auf die Spur kommen will.
Im Laufe des Sommers erfährt sie mehr, als sie jemals wissen wollte, und spürt, dass auch mit ihr etwas ges...
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Kat wollte etwas sagen, aber ihre Großmutter hob abwehrend die Hand. Da schrie plötzlich etwas los, halb mit Rosannas Stimme und halb mit ihrer eigenen.
«Nein!»
Der Schrei gellte durch das stille Haus.
«Nein!»
Es riss Oliver von seinem Stuhl. Ein kalter Schauer überlief Kat, gleichzeitig brach ihr der Schweiß aus, der auf ihrer Haut zu Eis erstarrte.
«Oliver ...»
Das Wort verschmolz mit der Stille, nicht mehr als ein schwaches Flüstern. Kat war sich nicht sicher, ob sie es überhaupt gehört hatte. Erst als sich ihre Großmutter über das Medium beugte, wusste sie, dass die anderen es auch gehört hatten. «Claire?», sagte sie. «Claire!»
Die Tür schwang weiter auf.
Kat vergaß zu atmen. Ein elektrisches Knistern lag in der Luft, stellte die feinen Härchen auf ihren Armen kerzengerade auf. Die Luft fühlte sich genauso an wie in den Sekunden, bevor ein Geisterecho entstand. Ihr Atem bildete kleine Wölkchen in der Kälte.
Die Gestalt bewegte sich lautlos auf sie zu, bis der flackernde Schein des Feuers sie langsam erfasste.
Es war eine junge Frau, ihr Körper durchscheinend und trotzdem deutlich zu erkennen. Sie war mit ihnen im Raum und doch nicht. Ihre Haare fielen ihr in einer glänzenden, dunklen Mähne über die Schultern, das Licht wurde von einzelnen Strähnen reflektiert. Schatten tanzten über ihr ebenmäßiges Gesicht. Ihre Haut schimmerte wie Alabaster. Das elegante hellrosa Kleid umschmeichelte ihre schemenhafte Figur, während der helle Stoff zarte Linien und perfekte Formen nachzeichnete.
Sie war wunderschön.
Sie hatte eine Schönheit, die sehr selten war. Wahrhaftigkeit. Nichts war verfälscht. Von dem Schwung ihrer Nase bis zu dem kleinen Muttermal an ihrer Oberlippe – sie war einzigartig. Grazil und dennoch selbstbewusst, eine ätherische Erscheinung. Kat entdeckte die Kette mit dem Notenschlüssel an ihrem Hals, die sie von den Fotos kannte. Ihre Schritte waren geschmeidig, elegant, mit wiegenden Hüften, genau wie auf den Videos. Weder die Fotos noch die Videos wurden ihr gerecht und dennoch bestand kein Zweifel.
Sie war es.
Es war Claire.
Zum ersten Mal fand sich Kat der Frau – oder deren Geist – gegenüber, deren Stimme sie seit Wochen in ihrem Kopf hörte. Deren Leben sie in den Geisterechos geteilt hatte. Deren Mann sie begehrte.
Ein ersticktes, gequältes Aufkeuchen hinter ihr brach den Bann. Langsam drehte Kat den Kopf, um den Geist nicht zu verschrecken. Ihr Herz hörte auf zu schlagen.
Oliver war von seinem Stuhl aufgestanden. Sein Gesicht war kalkweiß, und er zitterte am ganzen Körper, während sein Atem in kurzen, hektischen Stößen kam. Sie sah es an den weißen Wölkchen, die sich jedes Mal bildeten, wenn er die Luft ausstieß. Er starrte die Erscheinung mit offenem Mund und schreckgeweiteten Augen an. Dann machte er das markerschütterndste, ohrenbetäubendste Geräusch, während der Schmerz durch ihn hindurchfuhr.
