Kapitel 9

432 12 0
                                        

Micah

Gelangweilt saß ich im Konferenzzimmer und betrachtete wie die Lektoren hektisch durch die Flure liefen mit etlichen Manuskripten in den Händen, die sie für würdig hielten, publiziert zu werden. Mein Vater saß mir mit dem Inneren Kreis gegenüber und arbeitete die neuste Marketingstrategie aus, wie wir noch mehr Verkäufe erlangen konnten.

„Wir sollten auf altbewährtes und Bekanntheit setzen, neue Autoren verkaufen sich laut Statistik weniger als bereits hochgefeierte Bestseller Autoren. Fitzek zum Beispiel, wenn wir ihn an Land ziehen könnten, würde uns das im Deutschsprachigen Raum mehr Leser und Verkäufe einbringen als wir bisher erreichen konnten", meinte Grey, strich sich seine kinnlangen hellbraunen Haare zurück, um sie kurzerhand zu einem Dutt zusammen zu binden. Alice, die ihm gegenübersaß, hatte ihre schwarzen kurzen Haare ordentlich zurückgegelt, kaute nachdenklich auf dem Stift in ihrer Hand herum. Ihre hellblauen Augen blickten Grey spöttisch an, während sie sich zurücklehnte, was mir einen guten Blick auf ihren Busen verschaffte, welcher in der hautengen weißen Bluse, die in einem modisch dazu passendem Reifenrock steckte, deutlich hervorgehoben wurden. Der Marke nach zu urteilen, stammte beides von Dior, ebenso die High Heels in denen ihre schmalen Füße steckten. Sie überschlug ihre glatt rasierten Beine übereinander und seufzte missbilligend auf.

„Das kann doch nicht dein ernst sein Grey", sagte sie scharf „Jeder Verlag setzt auf altbewährtes. Und großartige junge Autoren, die die nächste J.K Rowling sein könnten, bekommen nicht die geringste Chance. Es gehen so viele gute neue Bücher mit nie dagewesenen Gedankensätzen unter, weil sich jeder auf die Flaggschiffe der Autorenwelt fixiert. Ich finde wir sollten aufsteigenden Sternen eine Chance geben, anstatt den alten Säcken weiter - verzeiht meine Ausdrucksweise – in den Arsch zu kriechen"

Mein Vater räkelte sich in seinem schwarzen Bürostuhl am Ende des ovalen Glastisches. Er nahm das Wasserglas in welchem Eiswürfel sowie Himbeeren und Erdbeerscheiben schwammen auf, setzte es an seine Lippen und trank einen kleinen Schluck davon. Seine Augen wanderten von Grey zu Alice und wieder zurück. Grey war für die Abteilung der Lektoren zuständig, bevor potenzielle Werke an die Geschäftsführung, also mich oder meinen Vater, weitergeleitet wurden, las er sie durch und sortierte nochmals aus. Alice hingegen war die Leiterin der Marketingabteilung. Sie war zuständig für Werbung, Lesungen etc. Neben Alice gab es noch Rhys, welcher den Autoren Druck machte, wenn diese nicht rechtzeitig lieferten und ebenso der Leiter der Personalleitung war und Sebastian, der für den Druck und die Lieferung verantwortlich war, doch beide waren heute nicht anwesend.

Ich seufzte still auf und lehnte mich zurück. Blickte aus dem großen Panoramafenster und daran, wie ich diese Firma hoffentlich bald übernehmen konnte, wenn mein werter Vater doch endlich in den Ruhestand gehen würde. Unter seiner Leitung war Crimson Publishing, kurz CP, nichts weiter als ein Witz. Es war nur mit und meiner Arbeit zu verdanken, dass wir uns an der Spitze der Verlagswelt bewegten und dennoch sanken unsere Verkaufszahlen bedrohlich schnell in den Keller.

„Greys Vorschlag ist gut. Wir sollten erstklassige Bestseller Autoren von anderen Verlagen abwerben und sie bei uns unter Vertrag nehmen", meldete sich Lestat zu Wort.

„Du willst also die Schiene fahren, die alle fahren?", klinkte ich mich ein. Wandte meinen Blick vom Fenster ab und meinem Vater zu. Lestats Kieferknochen verhärteten sich kaum merklich und seine Augenbraue begann verärgert zu zucken.

„Alt und bewährt ist ja schön und gut Lestat aber die Flaggschiffe werden nicht ewig leben und wenn wir jungen Autoren keine Chance, keine Plattform bieten ihre Werke unter unserem Namen zu veröffentlichen, werden wir ebenso untergehen wie viele andere Verlage, vor allem die Pandemie hat es noch einmal erschwert. Für jeden. Alle setzen darauf die Autoren zu behalten die sie haben und ihnen noch mehr Zucker in den Arsch zu blasen. Gleichzeitig werden immer mehr Bücher online erworben und weniger in herkömmlicher Form aufgrund von Platzmangel. Kindle und E-Books sind der führende Markt heutzutage von Audiobooks ganz zu schweigen", fiel ich ihm ins Wort, ehe er mir zwischenfunken konnte. Gott dieser Mann hatte doch wirklich keine Ahnung von seinem Job.

Eden - Craving LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt