Lincoln
Gedankenverloren blickte ich aus meinem Fenster. Beobachtete die vorbeigehenden Fußgänger und kraulte meinen Kater hinter seinen Ohren. Dunkle schwere Wolken verhangen den Himmel und die ersten Regentropfen prasselten bereits auf die Erde nieder. Es war Sonntag. Seit ich aufgewacht bin, konnte ich nur an das mir bevorstehende Gespräch mit Micah denken. Versuchte mich darauf vorzubereiten wieder in seiner Gegenwart zu sein. Der Regen wurde stärker. Bald schon erfüllte dessen Geräusch die Stille meines Zimmers und sein Geruch füllte es aus. War erfrischend. Besaß eine seltsam reinigende Wirkung.
Noch 5 Minuten.
Behutsam schob ich meinen Kater weg und stand auf, machte mich auf den Weg nach unten. Wohin wir fahren würden? Keine Ahnung. Ob unser Gespräch den ganzen Nachmittag dauern würde? Vermutlich. Ich schloss meine Lider. Atmete und erdete mich im hier und jetzt, als ich das Geräusch von Motoren vernahm.
„Bis später Mum!", rief ich und verließ das Haus. Hastete nach unten und stieg ein. Schüttelte die wenigen Regentropfen ab, die sich in meinem Haar verfangen hatten.
„Danke", sagte ich zu Micah gewandt welcher mir lächelnd zunickte. Anders als sonst, trug er keine Business Kleidung. Sondern war legere gekleidet. In verwaschenen blauen Jeans und einem stahlgrauen Kapuzenpullover. An seinen Füßen, trug er schwarze Timberlands.
„Geht es dir gut?" Seine Augen wanderten mich ab, als wollen sie ja sicher gehen, dass Mathias mir auch wirklich nichts getan hatte.
„Mir geht es gut", antwortete ich. Unsere Blicke trafen sich. Kaltes stahlblau brannte sich in das warme braun meiner Augen.
Während wir fuhren schlug der Regen in kalten Tönen auf dem Blech des Autos auf und benetzte dessen Scheiben. Dessen mattschwarzen Lack. Füllte die bedrückende Stille zwischen Micah und mir. Umso weiter wir fuhren, umso tiefer ließ ich mich in dem bequemen Lederüberzogenen Sitz sinken, lehnte meinen Kopf zur Seite und beobachtete die rasch vorbeiziehende Landschaft. Wir fuhren aus der Stadt raus zu ländlicheren Gebieten.
„Meine Familie besitzt nicht weit von hier ein Anwesen", sagte Micah um die Stille zu durchbrechen.
„Wir waren seit Jahren nicht mehr dort. Vielleicht finden wir dort irgendwelche Hinweise"
Zögernd legt er seine Hand auf meinen Oberschenkel. Der Muskel zog sich elektrisiert zusammen nur um sich mehr zu entspannen als zuvor. Über mich legte sich eine Warme Decke der Glückseligkeit als ich Micahs Berührung auf meinem Körper spürte. Als hätte ich auf nichts anderes gewartet als erneut von ihm berührt zu werden. Umsorgt zu werden. Die dunkle Vibration in seiner Brust drang bis in meine Eingeweide vor. Bracht sie ebenfalls zum Vibrieren.
„Kennst du den Namen Galloway?", fragte ich. Betrachtete nachdenklich das Profil des dunkelhaarigen.
Als wäre sein Gesicht von den Göttern geschaffen worden. Dachte ich nüchtern, wandte meinen Blick ab aus Angst was ich alles erkennen könnte, wenn ich ihn nur zu lange anblickte.
„Ein alter, irischer Adelsname ... wieso?" Grübelnd zogen sich seine Augenbrauen zusammen.
„Mathias hat ihn erwähnt" Und so erzählt ich Micah alles was ich gehört hatte. Fühlte mich, als würde ich Mathias auf irgendeine Art und Weise verraten, die mir nicht bekannt war. Als würde ich ihn Hintergehen. Was verrückt war ... andererseits ... waren wir nicht so gut wie ein Paar? Wir unternahmen beinahe täglich etwas miteinander. Tauschten Zärtlichkeiten aus. Intimitäten. Nur hatte es bis jetzt niemand von uns angesprochen. Trotz allem mochte ich Mat. Fühlte mich bei ihm ebenso sicher wie bei Micah auch wenn ich seitdem Gespräch etwas Dunkles in ihm lauern sah. Etwas, was er in sich vergrub und nur zum Vorschein holte, wenn es notwendig schien. Wann nur waren die Dinge so kompliziert geworden.
Heirate den Mann, bei dem du dich Sicher fühlst. Mittlerweile lasteten diese Worte wie ein Fluch auf meinen Schultern. Ein Fluch der mich zu erdrücken drohte umso mehr ich ihm folgte und meine Augen vor der Wahrheit verschloss.
„Hintergehe ich Mathias in dem ich hier mit dir bin und dir das alles erzähle?" Ein Gedanke den ich laut aussprach. Micahs Hand befand sich nach wie vor auf meinem Oberschenkel und vor meinen Augen sah ich, was sie alles an mir berührt hatte und auf einmal schien es so, als würde ich Micah wieder überall spüren. Um mich herum. In mir. Seine bestimmten aber zärtlichen Berührungen die meinen Körper ehrfürchtig und neugierig ergründeten. Seine Lippen ... die mit meinen kollidierten. Seine weiche Zunge, die die meine umgarnte, verführte.
„Nein ... Ich denke nicht. Ich denke du willst ein Geheimnis lüften ... das Geheimnis des Mannes den du ..." er sprach nicht weiter. Seine Stimme bröckelte und zerbrach unter dem Wort, welches er auszusprechen gedachte.
Das Geheimnis des Mannes den du liebst. Tat ich das denn? Ich war mir nicht sicher. Klar, ich mochte ihn. Das war unbestreitbar. Aber von Liebe zu sprechen? Wie sollte sich Liebe denn anfühlen? Immer weiter verlor ich mich in dem Labyrinth meiner gemischten Gefühle. Immer weiter, wurde ich von dem dunklen Irrgarten meiner Gedanken verschluckt.
„Den ich liebe", beendete ich was Micah sagen wollte.
„Liebst du ihn denn?"
„Kommt darauf an wie du Liebe definierst. Wer weiß schon wie sich Liebe anfühlt" Micah gab ein dumpfes brummen von sich „Ich denke. Wenn man jemanden liebt, dann weiß man das" Er sah mich an. Beinah einige Sekunden zu lange, ehe er seine Augen wieder auf die Straße richtete.
„Meine Großmutter und meine Mutter sagten mir beide ich solle bei dem Mann bleiben der mir Sicherheit gibt. Dass ich diesen Mann heiraten soll", vertraute ich ihm an.
„Du hast gesagt ... ich solle Mathias eine Chance geben. Obwohl du ihn abgrundtief hasst. Warum hast du das getan?"
„Das mit uns ... es war schön und nur von kurzer Dauer. Das mit uns hätte nie eine Zukunft gehabt. Keine längerfristige"
„Glaubst du das wirklich oder versuchst du dir das einzureden?"
„Fakt ist. Ich habe dir das Herz gebrochen. Und trotzdem sitzt du jetzt hier. Auch wenn ich Mathias hasse, ich bin nicht blind und auch nicht dämlich. Ich sehe wie er dich ansieht. Du hast dich längst in seinem Herzen einquartiert und ich sehe auch, wie du ihn ansiehst"
„Wie sehe ich ihn denn deiner Meinung nach an?"
„Friedvoll. Auf deinem Gesicht breitet sich Frieden aus, was dir selbst vermutlich gar nicht bewusst ist. Ich weiß nicht ob das jetzt, nachdem du das alles gehört hast auch noch so ist, aber er tut dir gut. Liebe muss nicht immer aus aufregenden Stromschlägen und Schmetterlingen bestehen. Manchmal ist sie sanft. Warm. Begleitet uns verkleidet als ein Gefühl von Sicherheit oder Geborgenheit" er musterte mich.
„Empfindest du das denn für ihn?"
„Ich fühle mich sicher und geborgen, wenn ich bei ihm bin ...", antwortete ich nachdenklich.
Aber er ist nicht der Mann, den ich an meiner Seite alt werden und sterben sehe. Er ist nicht der Mann, mit dem ich mir eine Zukunft aufbaue. Mein Blick ruhte auf Micah.
Sondern das bist du. Wie gerne ich ihm das doch gesagt hätte. Ihm mein Herz ausgeschüttet und mich von diesen Ketten befreit hätte. Aber Micah hatte recht. Das mit uns hatte nie eine Zukunft, jetzt, wo ich eine Autorin bei CP bin umso weniger ... trotzdem klammerte ich mich an der winzigen Hoffnung fest, dass es vielleicht doch Möglich war. Wir vielleicht doch einen Weg finden würden.
„Wir sind da"
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Eden - Craving Love
RomansaOft passieren einem im Leben die besten Dinge, wenn man noch nie dagewesene Entscheidungen trifft. Das zumindest hat mir mal einer meiner Professoren erzählt. "Wenn du nie ein Risiko ein gehst, wirst du als Person nie wachsen Lincoln. Du wirst nie d...